Gold war schon immer ein spannendes Thema. Doch aktuell überstürzen sich die Ereignisse geradezu. Vor dem Hintergrund von Rezession, Inflation und Krieg präsentiert sich Gold den großen und kleinen Investoren und Staaten als sicherer Hafen. Zwar ließen Anleger zuletzt börsengehandelte Goldfonds (ETFs) links liegen, doch physisches Gold ist stark gefragt.
Nach Angaben des Branchenverbands World Gold Council haben die Zentralbanken der Welt im dritten Quartal so viel Gold gekauft wie niemals zuvor, nämlich insgesamt fast 400 Tonnen. Dabei blieben allerdings der oder die Käufer von mehr als drei Viertel dieses Goldes anonym. Welche Staaten stecken nun also hinter dem historischen Goldrausch?
Die größten offiziell gemeldeten Goldkäufe kamen von den Zentralbanken der Türkei, Usbekistans und Indiens, die 31,2 Tonnen, 26,1 Tonnen beziehungsweise 17,5 Tonnen betrugen. Insgesamt beläuft sich die Summe der von Zentralbanken gemeldeten Goldkäufe auf etwa 90 Tonnen. Ungeklärt bleibt, wer die restlichen etwa 300 Tonnen netto gekauft hat.
Im November hat das Tokioter Magazin Nikkei Asia einen Bericht veröffentlicht, demzufolge die chinesische Zentralbank derzeit ein wichtiger Goldkäufer ist und wahrscheinlich auch hinter den historisch hohen Käufen im dritten Quartal steckte. Denn China hat nicht nur die Mittel, eine so riesige Summe Gold zu kaufen, sondern auch sehr gute Gründe dafür.
Analysten vermuten, dass die diesjährigen Finanzsanktionen des Westens gegen Russland in diesem Zusammenhang eine entscheidende Rolle gespielt haben. Denn im Rahmen dieser Sanktionen hat der Westen umgehend auch russische Fremdwährungsreserven im Umfang von rund 300 Milliarden Dollar beschlagnahmt oder „eingefroren”, wie es offiziell hieß.
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Nicht beschlagnahmen konnte der Westen hingegen die massiven russischen Goldreserven, die das Land im Verlauf der letzten Jahre immer weiter aufgestockt hatte und die in weiser Voraussicht sämtlich auf russischem Boden lagerten. Einen solchen extremen Diebstahl, wie er Russland vom Westen zugefügt worden ist, will China offensichtlich vermeiden.
Die Spekulationen über die unbekannten Goldkäufer unter den Zentralbanken sind groß. „Angesichts der Tatsache, dass Russlands Auslandsguthaben nach der Invasion in der Ukraine eingefroren wurden, sind antiwestliche Länder bestrebt, Goldbestände anzuhäufen“, sagte Emin Yurumazu, ein in Japan ansässiger Wirtschaftswissenschaftler aus der Türkei.
„China hat wahrscheinlich eine beträchtliche Menge Gold von Russland gekauft“, sagte der japanische Marktanalyst Itsuo Toshima. Die chinesische Zentralbank habe wahrscheinlich einen Teil der Goldbestände der Zentralbank der Russischen Föderation im Gesamtumfang von mehr als 2.000 Tonnen gekauft, so Toshima.
Dass es sich bei dem mysteriösen Goldkäufer im dritten Quartal um China handelte, dafür spricht auch das intransparente Vorgehen des Landes in der Vergangenheit. So meldete China im Jahr 2015 überraschend, dass es seine Goldbestände um etwa 600 Tonnen aufgestockt hatte, nachdem es sich seit 2009 eher bedeckt hielt.
Zudem hat sich China zuletzt im großen Stil von US-Staatsanleihen getrennt. Nach Angaben des US-Finanzministeriums verkaufte es zwischen Ende Februar – unmittelbar nach Russlands erstem Angriff auf die Ukraine – und Ende September US-Staatsanleihen im Wert von 121,2 Milliarden Dollar, was etwa 2.200 Tonnen Gold entspricht.
Die ungewöhnlichen Vorgänge im laufenden Jahr zeigen, wie wichtig Gold weiterhin ist und welchen Wert es in Zeiten der Not und des Umbruchs für ein Land haben kann. Daher werden derzeit, wie wir in diesem Magazin berichten, sowohl in Europa als auch in den USA neue Währungssysteme auf der Grundlage von Gold vorbereitet.
Seit vielen Jahren stocken die Zentralbanken der Welt ihre Goldreserven immer weiter auf, auch weil das Vertrauen in US-Staatsanleihen und andere auf Dollar lautende Vermögenswerte durch die Finanzkrise von 2008 massiv erschüttert wurde. Die Finanzsanktionen gegen Russland haben das noch übrige Vertrauen nun endgültig zerstört.
Wir berichten in unserem aktuellen Gold-Magazin auch über die globalen Zentren des Goldhandels, darunter London, die Schweiz, New York, Schanghai, Hongkong, Dubai und Mumbai sowie über den derzeit sich vollziehenden Goldfluss von West nach Ost. Ausführlich stellen wir auch die verschiedenen Möglichkeiten vor, wie Kleinanleger in Edelmetalle investieren können.