Finanzen

Investoren sind erbost: Kämpft die Fed jetzt für den kleinen Mann?

Die Fed setzt ihren Zinskurs unerbittlich fort und zügelt dadurch die Inflation. Doch die verwöhnten Investoren verzeichnen in der Folge massive Verluste.
Autor
15.12.2022 13:00
Aktualisiert: 15.12.2022 13:21
Lesezeit: 4 min

Seit dem Herbst 2021 hat die Federal Reserve bei jeder Sitzung einen immer noch strafferen Kurs eingeschlagen. Bei jedem Treffen wurde ein noch höherer Spitzenzinssatz prognostiziert sowie eine noch längere Verweildauer auf dem erwarteten höheren Zinsniveau. Als Folge dieser erwarteten länger andauernden höheren Zinssätze prognostizierte die Fed eine höhere Arbeitslosenquote und ein geringeres Wirtschaftswachstum.

Trotz ihrer immer härteren Geldpolitik prognostizierte die Notenbank bei jedem Treffen, dass die Inflation noch länger anhalten würde. Diese von der Fed erwartete höhere und länger andauernde Inflation diente ihr wiederum als Argumente dafür, dass sie ihre Zinssätze immer weiter erhöhte und dass sie für die Zukunft stärkere Zinsanhebungen für eine längere Dauer vorhersagte.

Auf der Sitzung am Mittwoch wurde nun der Median der Projektion für den Spitzenwert des Leitzinses gegenüber der vorherigen Prognose um 50 Basispunkte auf 5,13 Prozent angehoben, was einen Zielbereich von 5,0 Prozent bis 5,25 Prozent bedeutet. Von den 19 an der Prognose beteiligten Fed-Mitgliedern sahen 17 diesen Spitzenwert von mindestens 5,13 Prozent, was weitere Zinserhöhungen um insgesamt 75 Basispunkte bedeutet.

Doch die letzten Monate haben gezeigt, dass diese Prognosen weiter verschoben werden könnten. Auf eine entsprechende Frage in der Pressekonferenz räumte Fed-Präsident Jerome Powell ein, dass die Projektionen für den Höchstzinssatz bei der nächsten Sitzung wieder angehoben werden könnten. Mehrmals sagte er, dass jetzt nicht mehr die Größte der Zinsschritte entscheidend sei, sondern wie hoch die Zinsen in der Spitze ausfallen und wie lange sie dort bleiben werden.

Keine Gnade für verwöhnte Investoren

Trotz aller Forderungen von Investoren, deren Anlagen unter dem harten Fed-Kurs schon massiv gelitten haben, werden in den Prognosen der 19 Fed-Mitglieder keine Zinssenkungen für das kommende Jahr 2023 prognostiziert. Auf die Frage nach dieser Auslassung wischte Powell sie kurzerhand beiseite. Der Schwerpunkt liege auf der Frage, wie hoch die Zinsen auf der Spitze sein sollen und wie lange sie dort bleiben sollen, wiederholte er.

Auf der Sitzung am Mittwoch stimmte die Mitglieder der Federal Open Market Committee (FOMC) einstimmig dafür, alle fünf Leitzinsen um 50 Basispunkte anzuheben, was die Fed in den letzten Wochen weithin angekündigt hatte und was "immer noch eine historisch große Anhebung ist, und wir haben noch einen langen Weg vor uns", sagte Powell auf der Pressekonferenz. Konkret heißt das:

  • Der Leitzins wird auf eine Spanne zwischen 4,25 Prozent und 4,50 Prozent angehoben, den höchsten Stand seit 15 Jahren.
  • Die Zinsen, die sie den Banken für Reserven zahlt, werden auf 4,4 Prozent erhöht.
  • Die Zinsen für Rückkaufvereinbarungen (Repos) werden auf 4,5 Prozent erhöht.
  • Die Zinsen für umgekehrte Rückkaufvereinbarungen (Reverse-Repos) werden auf 4,3 Prozent erhöht.
  • Der primäre Kreditzins, den die Fed den Banken in Rechnung stellt, wird auf 4,5 Prozent erhöht.

Seit Beginn dieses Zinserhöhungszyklus im März hat die Fed ihre Leitzinsen um insgesamt 425 Basispunkte angehoben. Dieser massive Zinsanstieg erschien zu Beginn dieses Jahres noch unvorstellbar. Doch nicht nur der Umfang der Zinserhöhung ist extrem, sondern auch das Temp. Schon jetzt hat die Fed schnellsten Zinserhöhungen seit vier Jahrzehnten durchgebracht.

Kämpft die Fed jetzt für den kleinen Mann?

Geringverdiener leiden am meisten unter der Inflation, und die Fed will sie offenbar zu ihren Verbündeten machen. "Meine Kollegen und ich sind uns sehr bewusst, dass eine hohe Inflation erhebliche Härten mit sich bringt, da sie die Kaufkraft aushöhlt, insbesondere für diejenigen, die am wenigsten in der Lage sind, die höheren Kosten für lebensnotwendige Dinge wie Lebensmittel, Wohnung und Transport zu tragen", sagte Powell.

Trotz der geldpolitischen Straffung durch die Fed ist die Rendite für zehnjährige US-Staatsanleihen um 60 Basispunkte gefallen und die Spreads für Junk-Bonds haben sich verringert. Powell tat dies ab mit den Worten: "Wir konzentrieren uns nicht auf kurzfristige Bewegungen, sondern auf dauerhafte Bewegungen; und viele, viele Dinge verändern natürlich die finanziellen Bedingungen im Laufe der Zeit." Mit anderen Worten: Irgendwann werden die Märkte folgen.

Und damit die Märkte folgen, "würde ich sagen, dass wir heute zu dem Schluss kommen, dass wir noch keine ausreichend restriktive Politik betreiben, weshalb wir davon ausgehen, dass weitere Zinserhöhungen angemessen sein werden", sagte Powell und erinnerte daran, dass 17 der 19 Mitglieder derzeit einen Spitzenzins von über 5 Prozent prognostizieren und dass niemand für das Jahr 2023 eine Zinssenkung erwartet.

"Und ab einem bestimmten Punkt stellt sich dann die Frage, wie lange wir restriktiv bleiben", sagte Powell. Der Fed-Ausschuss sei der festen Überzeugung, "dass wir so lange auf diesem Niveau bleiben müssen, bis wir wirklich sicher sind, dass die Inflation nachhaltig zurückgeht, und wir denken, dass das noch eine Weile dauern wird".

Klare Absage an gefordertes neues Inflationsziel

Zwar seien zwei gute Monatsberichte zur Inflation in Folge "natürlich sehr willkommen". Doch die Kerninflation sei immer noch dreimal so hoch wie das erklärte Ziel der Fed von 2 Prozent, so Powell. "Es ist gut, Fortschritte zu sehen, aber wir müssen uns darüber im Klaren sein, dass wir noch einen langen Weg vor uns haben, um zur Preisstabilität zurückzukehren."

Weiter sagte Powell: "Die schlimmsten Schmerzen würde es verursachen, wenn wir die Zinssätze nicht hoch genug anheben und zulassen würden, dass sich die Inflation in der Wirtschaft verfestigt, sodass die Kosten für die Beseitigung der Inflation in Form von Arbeitslosigkeit sehr hoch wären, das heißt eine sehr hohe Arbeitslosigkeit über längere Zeiträume."

Forderungen von Investoren, das Inflationsziel von 2 Prozent zu erhöhen, erteilte Powell eine deutlich Absage. "Wir denken nicht daran, unser Inflationsziel zu ändern. Wir werden auch nicht darüber nachdenken. Wir haben ein Inflationsziel von 2 Prozent, und wir werden unsere Instrumente einsetzen, um die Inflation wieder auf 2 Prozent zu bringen."

Mehr zum Thema
article:fokus_txt
X

DWN Telegramm

Verzichten Sie nicht auf unseren kostenlosen Newsletter. Registrieren Sie sich jetzt und erhalten Sie jeden Morgen die aktuellesten Nachrichten aus Wirtschaft und Politik.
E-mail: *

Ich habe die Datenschutzerklärung gelesen und erkläre mich einverstanden.
Ich habe die AGB gelesen und erkläre mich einverstanden.

Ihre Informationen sind sicher. Die Deutschen Wirtschafts Nachrichten verpflichten sich, Ihre Informationen sorgfältig aufzubewahren und ausschließlich zum Zweck der Übermittlung des Schreibens an den Herausgeber zu verwenden. Eine Weitergabe an Dritte erfolgt nicht. Der Link zum Abbestellen befindet sich am Ende jedes Newsletters.

DWN
Unternehmensporträt
Unternehmensporträt „We don’t believe in Outsourcing“ – Klöber zeigt, wie Produktion in Deutschland wieder gelingt
18.04.2025

Sitzen, aber richtig: Der Büromöbelhersteller aus Owingen setzt auf Inhouse-Produktion, recycelte Materialien und digitale Innovation –...

DWN
Finanzen
Finanzen S&P 500 und die Illusion von sicheren, langfristigen Renditen
18.04.2025

Der amerikanische Aktienmarkt befindet sich in turbulenten Zeiten. Angesichts der unvorhersehbaren Handelspolitik von Präsident Donald...

DWN
Finanzen
Finanzen Wertvoller Schmuck im Fokus: So sichern Sie Ihre teuren Schmuckstücke ab
18.04.2025

Die Absicherung wertvoller Schmuckstücke wird immer wichtiger – Hausrat reicht oft nicht aus. Experten raten zu gezieltem...

DWN
Immobilien
Immobilien Wohnen in Dänemark: Wie Sie mit etwas Hygge ein Haus günstig kaufen können
18.04.2025

Nachdem es 2023 und 2024 in Deutschland zum ersten Mal seit 2013 spürbare Wertverluste auf dem Immobilienmarkt gab, kündigten Experten...

DWN
Finanzen
Finanzen USA: Staatsverschuldung erreicht 36,6 Billionen Dollar – wer sind die Gläubiger?
18.04.2025

Die Staatsverschuldung der Vereinigten Staaten hat mit 36,6 Billionen Dollar einen neuen Höchststand erreicht und wächst in den letzten...

DWN
Unternehmen
Unternehmen Online-Handel unter Druck: Steigende Erwartungen, weniger Spielraum für Fehler
18.04.2025

Der digitale Handel erlebt 2025 einen Wendepunkt: Kunden erwarten Perfektion, während lokale Anbieter ums Überleben im globalen...

DWN
Panorama
Panorama Nach Corona: Aufwärtstrend bei Amateurmusik - Deutsche musizieren wieder
18.04.2025

Den Flohwalzer klimpern, ein Liebeslied singen, auf der Gitarre schrammeln – Hobbymusik hat viele Facetten. Doch wie viele Menschen...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Blick aus China: Die USA haben an Bedeutung verloren, Zölle beeinträchtigen die Lieferketten nicht
18.04.2025

Die Bedeutung des US-Marktes für China habe in den vergangenen Jahren deutlich abgenommen und mache heute nur noch 14 Prozent der...