Deutschland

ZEW-Studie: Der Wirtschaftsstandort Deutschland ist akut gefährdet

Eine Untersuchung des renommierten Mannheimer ZEW kommt zu einem besorgniserregenden Fazit: Deutschland wird abgehängt.
16.01.2023 09:00
Aktualisiert: 16.01.2023 09:43
Lesezeit: 2 min
ZEW-Studie: Der Wirtschaftsstandort Deutschland ist akut gefährdet
Ein Schweißer bei der Arbeit. Deutschland wird einer ZEW-Studie zufolge als Wirtschaftsstandort abgehängt. (Foto: dpa) Foto: Yang Qing

Deutschland ist laut einem Medienbericht in der Rangliste attraktiver Wirtschaftsstandorte auf einen der letzten Plätze abgerutscht.

Im internationalen Länder-Ranking des Zentrums für Europäische Wirtschaftsforschung (ZEW) erreicht Deutschland laut einem Vorabbericht der Augsburger Allgemeinen nur noch Platz 18 von 21 Industrieländern. „Der Befund zur Position Deutschlands bietet erheblichen Anlass zur Sorge“, schreiben die Forscher um den ZEW-Ökonomen Friedrich Heimann demnach in der der Zeitung vorliegenden Untersuchung. In der vorherigen Untersuchung 2020 lag Deutschland noch vier Ränge höher.

Neben zu viel Bürokratie, hoher Steuerbelastung und langsamer Innovationsbereitschaft verschlechterten nun zusätzlich hohe Energiekosten und Arbeitskräftemangel die Standortqualität. Positiv sei dagegen die geringe Verschuldung des Staates und privater Haushalte.

Das Bild sei ernüchternd, so das Mannheimer ZEW. „Auch abseits des Themas Energie lassen sich keine Standortfaktoren finden, bei denen eine klare Aufwärtsbewegung zu verzeichnen wäre.“ Die Beurteilung der Regulierungslasten habe sich noch einmal verschlechtert.

Lesen Sie dazu: Zeitenwende: Deutschlands Wirtschaft gerät in die Defensive

Die besten Bedingungen für Unternehmer gibt es der ZEW-Studie zufolge zur Zeit in den USA, gefolgt von Kanada und Schweden. Die Schweiz kommt danach auf den vierten Platz, stärkster Aufsteiger ist Polen. Im ZEW-Index hinter Deutschland liegen nur noch Ungarn, Spanien und Italien.

Die dem Zeitungsbericht zugrunde liegende Untersuchung wurde von der Stiftung Familienunternehmen in Auftrag gegeben. Das ZEW ermittelt die Rangfolge der Standortqualität seit 2006.

Andere Untersuchungen waren zuletzt zu weniger pessimistischen Einschätzungen gekommen. So blieb der befürchtete Einbruch ausländischer Investitionen in Deutschland 2022 aus. „Bei der Zahl der Neuansiedlungen sieht es sogar etwas besser aus als 2021“, sagte der Geschäftsführer der bundeseigenen Wirtschaftsfördergesellschaft Germany Trade & Invest (GTAI), Robert Hermann, Ende Dezember der Nachrichtenagentur Reuters.

2021 siedelten insgesamt 1806 ausländische Unternehmen in Deutschland neu an oder haben ihre Standorte ausgebaut - ein Plus von sieben Prozent. Auch bei den Anfragen gebe es einen positiven Trend und keinen Knick.

„Seit Merkel erneuert sich Deutschland nicht mehr“

Der Hellmeyer Report kommentiert das schlechte Abschneiden wie folgt:

„Diese Untersuchung sollte in Berlin ein massives Echo finden. Die Zukunftsfähigkeit des deutschen Standorts ist gefährdet mit massivsten Konsequenzen für Wohlstand und politische Stabilität. Nur extreme Subventionsprogramme (200 MRD. EUR-Paket) verhinderten bisher die Folgen der jüngeren Außenpolitik. Ohne dieses Programm der Abschirmung hätte ein markantes Insolvenzszenario eingesetzt.

Dieses Programm löst jedoch kein Problem, sondern es kauft zunächst nur Zeit bis Mitte 2024. Seit der Ära Merkel erneuert sich Deutschland nicht mehr nennenswert. Im Gegenteil lieferte beispielsweise die Energiewende ohne Netz (aus wahltaktischem Kalkül seinerzeit) kontraproduktive Akzente. Die zusätzlichen markanten Belastungen durch die aktuelle Außenpolitik, die existentielle Risiken für den Investitionsstandort begründet, nagt an unserem Kapitalstock (Summe aller Unternehmen), die für alle relevanten Zahlungsströme an Staat und private Haushalte verantwortlich zeichnet. Die Strukturen (Aristoteles) sind erschüttert.“

Mehr zum Thema
article:fokus_txt
Anzeige
DWN
Finanzen
Finanzen Gold als globale Reservewährung auf dem Vormarsch

Strategische Relevanz nimmt zu und Zentralbanken priorisieren Gold. Der Goldpreis hat in den vergangenen Monaten neue Höchststände...

DWN
Finanzen
Finanzen Trumps Krypto-Coup: Milliarden für die Familienkasse
30.06.2025

Donald Trump lässt seine Kritiker verstummen – mit einer beispiellosen Krypto-Strategie. Während er Präsident ist, verdient seine...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Streit um Stromsteuer belastet Regierungskoalition
30.06.2025

In der Bundesregierung eskaliert der Streit um die Stromsteuer. Während Entlastungen versprochen waren, drohen sie nun auszubleiben –...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft PwC: Künstliche Intelligenz schafft Jobs nur für die, die vorbereitet sind
30.06.2025

Künstliche Intelligenz verdrängt keine Jobs – sie schafft neue, besser bezahlte Tätigkeiten. Doch Unternehmen müssen jetzt handeln,...

DWN
Unternehmen
Unternehmen United Internet-Aktie unter Druck: 1&1 reduziert Prognose
30.06.2025

1&1 senkt überraschend seine Gewinnprognose trotz zuletzt guter Börsenstimmung. Der Grund: deutlich höhere Kosten beim nationalen...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Inflation in Deutschland sinkt im Juni auf 2,0 Prozent: Energiepreise entlasten
30.06.2025

Die Inflation in Deutschland hat im Juni einen überraschenden Tiefstand erreicht – doch nicht alle Preise sinken. Was bedeutet das für...

DWN
Politik
Politik Trumps Schritte im Nahen Osten: Nur der Anfang eines riskanten Spiels
30.06.2025

Donald Trump bombardiert den Iran, erklärt die Waffenruhe – und feiert sich selbst als Friedensbringer. Experten warnen: Das ist erst...

DWN
Unternehmen
Unternehmen Raucherpause im Job: Ausstempeln erforderlich?
30.06.2025

Raucherpause im Job – ein kurzer Zug an der Zigarette, doch was sagt das Arbeitsrecht? Zwischen Ausstempeln, Betriebsvereinbarung und...

DWN
Unternehmen
Unternehmen Lufthansa sichert sich Anteile an Air Baltic – trotz Bedenken
30.06.2025

Die Lufthansa steigt bei der lettischen Fluggesellschaft Air Baltic ein – jedoch nicht ohne Bedenken der Kartellwächter. Was bedeutet...