Wirtschaft

Duma-Abgeordneter: Russland leidet unter Kapitalabfluss

Anfang Februar kann in Russland eine Gesamtbilanz gezogen werden über das vergangene Jahr. Der Stellvertretende Vorsitzende des Ausschusses für Wirtschaftspolitik der russischen Staatsduma, Mikhail Delyagin, weist auf die Kapitalflucht hin und fordert Lösungen.
28.01.2023 08:45
Lesezeit: 2 min

Mit Beginn des nächsten Monats kann man auch in Russland eine genaue Bilanz über das vergangene Jahr und ein klareres Fazit über die wirtschaftliche Situation des Landes ziehen. Interessant dazu ist ein Gastbeitrag eines führenden Duma-Abgeordneten, der auf eine sich zuspitzende wirtschaftliche Lage hinweist.

Bei dem Abgeordneten handelt es sich um den Stellvertretenden Vorsitzenden des Ausschusses für Wirtschaftspolitik der Staatsduma, Mikhail Delyagin. Seit dem 24. März 2022 wird Delyagin, gemeinsam mit 328 anderen Duma-Abgeordneten, von den USA im Zusammenhang mit dem Militäreinsatz Russlands in der Ukraine sanktioniert. Er gehört der Partei „Gerechtes Russland“ an, die 23 Abgeordnete in der Staatsduma stellt.

Delyagin rechnet mit Geldstrafen durch die Zentralbank

Delyagin geht im Gastbeitrag bei der Zeitung Argumenty i Fakty davon aus, dass Russland für 2022 einen Rekord-Kapitalabfluss zu verzeichnen hat. Seinen Informationen nach rechnet die russische Zentralbank mit 251 Milliarden US-Dollar, im Vergleich zu beispielsweise dem Jahr 2014, in dem die Kapitalflucht bei 152 Milliarden US-Dollar gelegen hat. Gleichzeitig leide die heimische Industrie unter einem Mangel an Investitionen.

Delyagin erklärt in seinem Gastbeitrag, dass er gewisse Vorgänge nicht verstehen kann: „Es gibt dieses Problem. Warum exportieren wir dann immer noch Geld, anstatt es zum Beispiel in die Importsubstitution zu investieren? Der Staat fördert den Export von Kapital aus dem Land mit allen Mitteln. Ich glaube, dass die Zentralbank bald Geldstrafen verhängen wird, wenn jemand versucht Devisen ins Land zu bringen.“

Gestiegene Rohstoffpreise Schuld an Kapitalflucht

Für die Kapitalflucht in diesem Ausmaß gibt es Gründe, die Delyagin in seinem Gastbeitrag darlegt. Die Rohstoffpreise seien 2022 gestiegen und die Rohstoffunternehmen haben viel Geld durch Exporte eingenommen. Gleichzeitig wurden die Einfuhren stark reduziert. Infolgedessen sei eine Menge Geld generiert worden. In einer Situation in der die Wirtschaftspolitik der Regierung die wirtschaftliche Entwicklung faktisch verhindert (hohe Kreditzinsen, Verwaltung- und Steuerdruck, Preiswillkür der Monopole), könne privates Kapital im Land keine Anwendung finden.

Delyagin erklärt das Problem an einem Beispiel: „Wenn Sie Wasser auf einen zu einer glasigen Kruste verbrannten Boden spritzen, perlt das Wasser einfach ab und der Boden saugt sich nicht voll. Der Boden muss zunächst gelockert werden. Mit dem Kapitalexport verhält es sich genauso. Die im Ausland erwirtschafteten Devisen werden buchstäblich zurückgedrängt, so dass sie die Wirtschaft nicht aufsaugen können.“

Delyagin schlägt vor, den Kapitalexport zu verbieten

Bezüglich der Möglichkeit, wie man den Kapitalexport verringern kann, hat Delyagin eine Lösung auf Lager. Man solle den Kapitalexport verbieten. Es sei wichtig die Ausfuhr von Kapital für nicht-produktive Zwecke zu untersagen. Ein anderer wichtiger Schritt: Die Entbürokratisierung der Wirtschaft. Alles Eigentum, das sich in Russland befindet und im Ausland registriert ist, müsse entweder in Russland neu registriert oder vom Staat beschlagnahmt werden. Gleichzeitig sei es natürlich notwendig, Möglichkeiten für Kapitalinvestitionen im Land zu schaffen, die Willkür der Monopole zu begrenzen und die Kosten der Grundstoffindustrie zu senken.

Zudem hält Delyagin die Begrenzung des Cash-outs, d.h. des Geldflusses aus dem legalen in den illegalen Bereich für eine Lösung. So könne sich eine Person pro Tag einen Betrag auszahlen lassen, der die Höhe eines durchschnittlichen Monatsgehalts in Russland nicht überschreitet. Delyagin ist auch überzeugt, dass dies beim Großteil der Bevölkerung gut ankäme, allerdings nicht bei allen: „Für 90 Prozent der Russen würde dies keine spürbare Einschränkung bedeuten. Aber sobald die Oligarchen von einem solchen Vorschlag hören, fangen sie an, über das Jahr 1937 (Jahr des großen Terrors) zu schreien.“

Mehr zum Thema
article:fokus_txt
DWN
Immobilien
Immobilien Baugenehmigungen steigen wieder: Eigenheime besonders gefragt
19.12.2025

Nach langer Flaute werden in Deutschland wieder deutlich mehr Wohnungen genehmigt. Vor allem bei Einfamilienhäusern zieht die Nachfrage...

DWN
Technologie
Technologie Lothar Schupet: Warum ich nach 23 Jahren BMW für ein chinesisches Startup verlassen habe
19.12.2025

Ein deutscher Topmanager verlässt nach 23 Jahren einen der mächtigsten Autokonzerne Europas und geht ausgerechnet zu einem chinesischen...

DWN
Finanzen
Finanzen USA Börsen: Überraschend deutlicher Rückgang der US-Inflation beflügelt die Aktienmärkte
18.12.2025

Die im letzten Monat überraschend stark abgekühlten US-Inflationsdaten befeuerten die Hoffnung, dass im Jahr 2026 weitere Zinssenkungen...

DWN
Politik
Politik Feuer und Tränengas: Tausende Bauern protestieren in Brüssel gegen Mercosur
18.12.2025

Feuer, Tränengas und Traktoren: Tausende Landwirte bringen Brüssels Europaviertel zum Chaos. Sie protestieren gegen das geplante...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Deutschlandfonds startet: Wie der Staat 130 Milliarden Euro private Investitionen lostreten will
18.12.2025

Deutschland braucht Wachstum, aber der Staat allein kann es nicht finanzieren. Die Bundesregierung setzt deshalb auf einen neuen Hebel: den...

DWN
Finanzen
Finanzen EZB-Zinsentscheidung: Leitzinsen der Eurozone bleiben erneut unverändert
18.12.2025

Die EZB-Zinsentscheidung ist gefallen: Wie erwartet lassen die Währungshüter der Europäischen Zentralbank den Leitzins für die Eurozone...

DWN
Immobilien
Immobilien Unser neues Magazin ist da: Urbane Zukunft – von Smart-Cities bis hin zu futuristischen Utopien
18.12.2025

Städte entscheiden, wie Freiheit, Wohlstand und Klimaschutz in der nahen Zukunft zusammengehen. Zwischen Sensoren, Sanierungswellen und...

DWN
Technologie
Technologie SMR in Schweden: Blykalla sichert fast 48 Mio Euro für KI-Energie
18.12.2025

Blykalla sammelt fast 48 Millionen Euro für kleine modulare Reaktoren (SMR) ein. Investoren aus Schweden, den USA und Japan setzen auf...