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Ukraine fordert Streumunition und Phosphor-Brandwaffen

Lesezeit: 3 min
18.02.2023 17:39  Aktualisiert: 18.02.2023 17:39
Der ukrainische Regierungsvize Kubrakow hat auf der Münchner Sicherheitskonferenz die Lieferung von Streumunition und Phosphor-Brandwaffen gefordert.

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Nach Kampfpanzern und Kampfjets hat die Ukraine auf der Münchner Sicherheitskonferenz den westlichen Verbündeten einen neuen Waffen-Wunsch für den Kampf gegen Russland präsentiert.

Vizeregierungschef Olexander Kubrakow forderte am Freitagabend Streumunition und Phosphor-Brandwaffen - der Einsatz beider Waffen ist sehr umstritten. Wie Russland wolle auch sein Land diese «Art von Kampfmitteln» nutzen. «Es ist unser Staatsgebiet.» Er verstehe die Schwierigkeiten wegen Konventionen, aber diese Art von Munition könne dazu beitragen, dass man den Angreifern standhalten könne.

Streumunition und Phosphor-Brandwaffen

Kubrakow spielte damit darauf an, dass der Einsatz von Streumunition völkerrechtlich geächtet ist. Als Streumunition werden Raketen und Bomben bezeichnet, die in der Luft über dem Ziel bersten und viele kleine Sprengkörper freisetzen. Phosphormunition kann bei Menschen schwerste Verbrennungen und Vergiftungen verursachen.

Der Einsatz von Brandwaffen in einer Art und Weise, in der Zivilpersonen leicht verletzt werden können, ist entsprechend dem Verbot von unterschiedslosen Angriffen in den Zusatzprotokollen von 1977 zu den Genfer Abkommen von 1949 verboten, nicht jedoch ihr Einsatz im Allgemeinen. Israel hat das Protokoll laut Wikepedia bisher nicht unterzeichnet, die USA haben es erst 2009 übernommen.

Umstritten ist, ob Phosphorbomben wegen ihrer Giftigkeit auch als chemische Waffe anzusehen sind, deren Einsatz gegen die Chemiewaffenkonvention verstoßen würde. Die USA haben Phosphorbomben während des Irak-Kriegs eingesetzt. Israel warf im Libanonkrieg 2006 und im Januar 2009 bei der Operation Gegossenes Blei im Gazastreifen Phosphorbomben ab.

Der ukrainische Vizeregierungschef Kubrakow warb zudem erneut um die Lieferung von Kampfjets. Polens Ministerpräsident Mateusz Morawiecki machte deutlich, dass sein Land bereit wäre, gemeinsam mit anderen Kampfjets an die Ukraine zu liefern. Als Voraussetzung nannte er allerdings eine «Nato-Entscheidung» für einen solchen Schritt.

Trotz der drastischen Forderungen ist nicht davon auszugehen, dass US-Vizepräsidentin Kamala Harris oder der britische Premierminister Rishi Sunak in ihren mit Spannung erwarteten Reden darauf eingehen werden. Bei Harris stellt sich zudem die Frage, wie sie auf die Ballon-Affäre zwischen den USA und China eingeht.

Vor knapp zwei Wochen hatte das US-Militär einen mutmaßlichen Spionageballon vor der Küste des Bundesstaats South Carolina über dem Atlantik abgeschossen. Die USA werfen China vor, es habe Militäreinrichtungen ausspionieren wollen. Peking spricht dagegen von einem zivilen Forschungsballon, der vom Kurs abgekommen sei.

Forderungen nach strafrechtlichen Konsequenzen für Putin

Unterdessen wurden in München erneut Forderungen nach strafrechtlichen Konsequenzen für den russischen Präsidenten Wladimir Putin laut. Putin müsse für das Verbrechen der Aggression zur Verantwortung gezogen werden, «sonst wiederholt sich die Geschichte immer wieder», verlangte Estlands Ministerpräsidentin Kaja Kallas am Freitag laut offizieller Übersetzung bei der Sicherheitskonferenz. Der republikanische US-Senator Lindsey Graham betonte: «Wenn Putin damit durchkommt, dann wird in der Zukunft das Gleiche wieder passieren.»

Der russische Angriffskrieg dauert inzwischen fast ein Jahr. Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj hatte die Konferenz am Freitag per Videoansprache eröffnet und dabei auch unmissverständlich weitere Waffenlieferungen, darunter auch Kampfflugzeuge, sowie schnellere Entscheidungen der Verbündeten gefordert. Im Gegensatz zu Kanzler Olaf Scholz (SPD) äußerte sich Selenskyj optimistisch, noch in diesem Jahr den Krieg gegen Russland zu gewinnen. Voraussetzung dafür seien jedoch die entsprechenden Waffenlieferungen.

Das Thema Waffenlieferungen an die Ukraine steht auch bei einer Diskussionsrunde der Außenminister ganz oben auf der Agenda, an der neben Annalena Baerbock auch US-Außenminister Blinken und ihr ukrainischer Kollege Dmytro Kuleba teilnehmen.

Leopard-Lieferungen an Kiew - Baerbock-Appell an Verbündete

Außenministerin Annalena Baerbock appellierte an die Verbündeten, ebenso wie Deutschland Leopard-Kampfpanzer an Kiew zu liefern. Gemeinsam müsse man jetzt dafür sorgen, dass die Ukraine sich verteidigen und Menschenleben retten könne, sagte sie in einem Interview des Bayerischen Rundfunks. «Deswegen appellieren wir so eindringlich an andere Partnerländer, die eben ein ähnliches Modell haben wie das, was wir liefern», ebenfalls solche Panzer zur Verfügung zu stellen.

Scholz hatte Ende Januar nach langem Zögern die Lieferung von 14 Leopard-2-Kampfpanzern in die Ukraine angekündigt und das Ziel ausgegeben, zusammen mit Verbündeten «rasch» zwei Panzerbataillone aufzustellen, für die in der Ukraine 62 Panzer benötigt werden. Für das Bataillon, für das Deutschland die Federführung übernahm, hat bisher nur Portugal drei Leopard 2A6 zugesagt. Das bedeutet: 14 Panzer fehlen noch. «Da werden wir die Bataillonsstärke nicht erreichen», räumte Verteidigungsminister Boris Pistorius erst Mitte der Woche ein.

Zur Sicherheitskonferenz sind Politiker und Experten aus rund 100 Ländern eingeladen. Die russische Führung ist erstmals seit mehr als 20 Jahren nicht eingeladen. Dafür werden aber am späten Samstagabend der russische Kremlgegner Michail Chodorkowski und der frühere Schachweltmeister Garry Kasparow auf dem Podium sitzen. Auch die iranische Führung und Politiker der AfD haben anders als in den Vorjahren keine Einladung erhalten.

Hofreiter kritisiert Kiews Forderung nach Streumunition

Der Grünen-Politiker Anton Hofreiter ist ein vehementer Befürworter von Waffenlieferungen an die Ukraine - doch deren Forderung nach Streumunition und Phosphor-Bomben sieht er nun kritisch. «Die Ukraine fordert alles. Diese Forderung halte ich für falsch», sagte der Vorsitzende des Europa-Ausschusses des Bundestags RTL/ntv.

Hofreiter bejahte die Frage, ob man hier ein Stoppschild setzen müsse: «Ja, selbstverständlich. Also nur weil die was fordern, muss man es ja nicht umsetzen. Aber diese in meinen Augen unkluge Forderung entsteht aus der Verzweiflung, weil das, was versprochen wird, nicht ausreichend umgesetzt wird - schönes Beispiel sind die Leopard 2.»

Deutschland, Polen und Portugal haben der Ukraine Kampfpanzer vom Typ Leopard 2 zugesagt. Die Ankündigung von Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD), Kiew mit Panzern für zwei Bataillone auszurüsten, ist derzeit aber nicht erfüllbar, weil zahlreiche andere Länder zwar vorher eine Lieferung befürwortet haben, sich nun aber zurückhalten. (dpa)


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