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Wende im Elektroauto-Markt: Batteriehersteller sorgt mit Kampfpreisen für Furore

Lesezeit: 5 min
12.03.2023 00:04  Aktualisiert: 12.03.2023 00:04
Der chinesische Batterieproduzent CATL plant einen Preiskrieg gegen die Konkurrenz aus China und Südkorea. All das in einem ohnehin hart umkämpften Geschäft und einem Marktumfeld, wo die Preise für E-Autos schon sinken.

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Der chinesische Batteriehersteller "China Amperex Technology Company Ltd." (CATL) bietet Autoherstellern im Rahmen eines Exklusivdeals massive Rabatte auf Elektroauto-Batterien an. Dies wurde zuerst von der Nachrichtenagentur Nikkei berichtet. CATL befindet sich in Gesprächen, um den Autobauern starke Preisnachlässe anzubieten, wenn sie im Gegenzug den Großteil ihrer Stromzellen von CATL beziehen, so mehrere dem Unternehmen nahestehende Personen. Die Namen der an den Gesprächen beteiligten Autohersteller wurden nicht direkt genannt.

Reuters zufolge wurde der Exklusivvertrag zuerst chinesischen Autobauern angeboten. Es ist jedoch davon auszugehen, dass sich das Angebot an jeden Hersteller auf der Welt richtet. Viele Autobauer sollen den neuen Preisplan grundsätzlich als attraktiv einschätzen, bleiben aber vorsichtig, da CATL eine nicht näher spezifizierte Vorauszahlung verlangt. Außerdem hat die Sache noch einen Haken: Die Lithium-Eisen-Phosphat-Batterien von CATL sind zwar billiger, aber auch weniger energiereich als andere Batterietypen wie die alteingesessenen Kobalt-Nickel-Modelle und damit nicht optimal für die so wichtige Reichweite von Elektroautos.

Wenn der Plan aufgeht, wird CATL den strategischen Kunden EV-Batterien aus selbst hergestelltem Lithiumkarbonat – einer Schlüsselkomponente in E-Autos – zu einem sehr niedrigen Preis verkaufen. Im Gegenzug müssen die Autokonzerne einen Vertrag unterzeichnen, in dem sie sich verpflichten, in den nächsten drei Jahren bis zu 80 Prozent ihrer EV-Batterien bei CATL zu kaufen.

CATL hat große Kostenvorteile bei Lithium-Komponenten

Noch wird spekuliert, wie niedrig der Preis genau sein wird. Klar ist, dass es für die Autobauer zu einer erheblichen Senkung der Batterie-Beschaffungskosten führen würde. Denn der Preis soll auf Grundlage der Produktionskosten für das von CATL selbst hergestellte Lithiumkarbonat festgelegt werden, die auf bis zu 200.000 Yuan (umgerechnet rund 29.000 Dollar) pro Tonne geschätzt werden und damit weit unter den Marktpreisen liegen. Daten der Industrieberatung Mysteel zufolge betrug der Spotpreis für Lithiumkarbonat in Batteriequalität zuletzt etwa 440.000 Yuan pro Tonne, womit CATL diese Erzeugnisse bald zu weniger als der Hälfte des aktuellen Marktpreises produzieren würde. Branchenexperten ermitteln daraus ein Kostensenkungs-Potential von 5 bis 10 Prozent auf die Gesamtkosten der Elektroauto-Produzenten.

CATL kann vor allem deshalb solche Kampfpreise aufrufen, weil man im eigenen Betrieb über große Lithiumquellen und dadurch erhebliche Kostenvorteile verfügt. Viele Milliarden Dollar wurden insbesondere im Ausland in den Bergbau und die Raffination von Lithium investiert. Der jüngste Vorstoß erfolgte im Januar, als Bolivien die Lizenz zur Erschließung lokaler Lithiumreserven an ein chinesisches Konsortium unter der Leitung von CATL vergab. Die jüngste Nachricht, dass CATL seine 5-prozentige Beteiligung am australischen Lithium-Minenunternehmen Pilbara Minerals verkauft hatte, sollte man in diesem Kontext nicht überbewerten. Weil CATL den Anteil sehr günstig erworben hatte, spülte diese Transaktion einen Gewinn von rund 370 Millionen Dollar in die Kasse.

„Es ist ein Spiel um Marktanteile“, sagte Caspar Rawles, Chief Data Officer bei Benchmark Mineral Intelligence, gegenüber Reuters. „Ich denke, es handelt sich zum Teil um einen Preiskrieg“.

Die neue Kampfpreis-Strategie ist der jüngste Versuch des in Fujian ansässigen Konzerns, seine Marktdominanz weiter zu festigen. Bereits heute kontrolliert CATL satte 37 Prozent des globalen Marktes im Bereich EV-Batterien, wobei die stärksten Konkurrenten BYD und LG Energy jeweils nur 13,5 Prozent des zukunftsträchtigen Marktes ausmachen. In der Heimat China, wo 2022 zwei Drittel aller Elektroautos weltweit verkauft wurden, ist CATL mit fast 50 Prozent Marktanteil die unangefochtene Nummer Eins.

Zu den wichtigsten Kunden des noch vergleichsweise jungen Konzerns zählen Tesla und Nio. CATL-Batterien versorgen unter anderem die I.D.-Serie von Volkswagen und die in China gebauten Tesla-Modelle „Model 3“ und „Model Y“. 80 Prozent der Umsätze werden in China erwirtschaftet. Trotz globaler Marktdominanz wächst CATL weiterhin rasant.

Einige Großkunden sind von der Dominanz beunruhigt und wollen sich von CATL unabhängiger machen. Nio beispielsweise plant ein neues eigenes Batteriewerk mit einer jährlichen Produktionskapazität für 400.000 Elektrofahrzeuge mit großer Reichweite. SVOLT, einer der kleineren Konkurrenten von CATL, hat ebenfalls Rabatte auf Batterielieferungen angeboten, wie chinesische Medien berichteten.

Mehr Angst muss der Marktführer vor den Ambitionen des südkoreanischen Wettbewerbers LG Energy haben, der gerade massiv in Nordamerika investiert, wo man mehr Potential und fairere Wettbewerbsbedingungen als im Reich der Mitte sieht. Der außerhalb Chinas mit Abstand größte EV-Batterieproduzent will laut Aussagen der Konzernführung (siehe Financial Times) auf lange Sicht die globale Nummer Eins sein. LG setzt aufgrund der höheren Energiedichte auf nickelhaltige Batterien und erhofft sich dadurch langfristige Konkurrenzvorteile gegenüber den chinesischen Herstellern.

Ob das gelingt, ist fraglich. CATL forscht bereits intensiv an neuartigen Sodium-Ionen-Batterien (im Prinzip also „Salz-Batterien“), die in allen Bereichen effizienter sein sollen als bisherige in E-Autos verwendete Batterie-Technologien. Zudem wären solche neuartigen Baterriesysteme ganz ohne Lithium-, Kobalt- und Nickel-Komponenten deutlich kostengünstiger.

Während CATL mit dem Exklusivangebot seine Marktmacht im In- und Ausland demonstriert, dürfte das gesamte Reich der Mitte ebenfalls profitieren, würde damit doch Chinas Kostenvorteil bei Elektrofahrzeugen tendenziell weiter vergrößert. Nichtsdestotrotz könnte die chinesische Regierung die Marktdominanz kritisch sehen, weil sie nicht in die neue Konzernregulierungs-Strategie passt. Die staatliche Kosten- und Preisregulierungsbehörde erklärte, dass ihre Beamten CATL Anfang Februar besucht hätten und die Zusammenarbeit mit dem Unternehmen verstärken würden, ohne weitere Einzelheiten zu nennen.

Preiskrieg in einem ohnehin schwächelnden Markt

Es herrscht ein Preiskampf. Wir haben ihn schon vor einigen Wochen auf der Fahrzeugebene gesehen. Jetzt sehen wir ihn auf der Batterieebene“, sagte Eric Norris, Vorsitzender der Lithium-Division bei Albemarle Corp, dem weltweit größten Hersteller von Lithium für Elektrofahrzeuge, gegenüber Reuters.

CATLs Strategie dürfte die Marktpreise für Lithiumkarbonat nach unten drücken, wobei hier der Trend ohnehin negativ ist. Ähnliches ist für E-Autos insgesamt zu erwarten, denn für die Automobilproduzenten stellen Batteriezellen den größten Kostenfaktor dar. Die Batteriepreise waren mehr als ein Jahrzehnt lang gesunken, bevor sie 2022 mit plus 25 Prozent stark anzogen.

Dieser kurze Gegentrend kehrt sich nun wieder um – allen voran am tonangebenden chinesischen Markt. Dort hat zusätzlich eine schwache Nachfrage und auslaufende Regierungs-Subventionen die Preise von Elektrofahrzeugen und dem darin verbauten Lithium erheblich sinken lassen. Die Nachfrage nach E-Autos in China hat sich derart drastisch verlangsamt, dass der führende Industrieverband für 2023 nur noch ein Wachstum von 35 Prozent prognostiziert, verglichen mit 90 Prozent im Jahr 2022.

Einige große Hersteller, darunter Marktführer Tesla und Ford reagieren darauf mit Preisnachlässen und haben deshalb zum Jahresanfang nicht nur in China, sondern inzwischen weltweit massive Rabatte von bis zu 20 Prozent auf ihre E-Modelle beschlossen. Andere Hersteller wie General Motors, VW und Kia widersetzen sich bisher dem Trend und halten ihre Preise relativ konstant.

Ford lizensiert CATLs Batterie-Technologie

Stichwort Ford: Der amerikanische Autogigant will CATLs Batterie-Technologie lizensieren, um diese in der geplanten 3,5 Milliarden Dollar teuren Fabrik in Michigan zu verwenden und so den Ausbau der Elektroauto-Sparte zu beschleunigen. Das ist auch dringend nötig, denn im Heimatmarkt USA hinkt Ford im EV-Bereich Tesla hinterher, das 2022 einen Marktanteil von 65 Prozent hatte, und schon viel länger auf CATLs Expertise setzt. CATL wiederum will durch den Deal vor allem seine Präsenz im nordamerikanischen Markt stärken, nachdem man in Europa durch das geplante 7 Milliarden Dollar teure Werk in Ungarn bereits auf Kurs ist.

Fords Vereinbarung mit dem weltgrößten Batteriehersteller kommt zu einem Zeitpunkt, an dem neue US-Steuergutschriften für Elektrofahrzeuge von bis zu 7.500 Dollar im Rahmen des im letzten Jahr verabschiedeten „Inflation Reduction Act“ in Kraft treten. Der umstrittene Gesetzesakt verhindert eigentlich, dass Autos, die Komponenten aus einem für die USA „bedenklichen Ausland(also China, Russland, Iran oder Nordkorea) enthalten, diese Steuergutschriften erhalten. Mit der Lizenzvereinbarung umgeht man diese Regeln, die ein klassisches Joint Venture unmöglich gemacht hätten. Das Werk wird vollständig im Besitz einer Ford-Tochtergesellschaft sein und soll in drei Jahren in Betrieb genommen werden.

Auch die chinesische Regierung wird Fords Batterie-Lizenzdeal mit CATL überprüfen, um sicherzustellen, dass die Kerntechnologie des chinesischen Unternehmens nicht mit dem US-Autobauer geteilt wird, wie Bloomberg berichtet. Es gilt aber als unwahrscheinlich, dass das Geschäft blockiert wird.

 

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Jakob Schmidt ist studierter Volkswirt und schreibt vor allem über Wirtschaft, Finanzen, Geldanlage und Edelmetalle.


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