Der leitende Direktor und Präsident des weltgrößten Automobilherstellers Toyota, Akio Toyoda, warnt vor einer allzu starken Fokussierung auf den Elektroantrieb. Er gehöre zu einer „schweigenden Mehrheit“, die eine einseitige Festlegung auf E-Autos als Zukunftsmodell ablehne und stattdessen für Technologieoffenheit plädiere.
„Die in der Autobranche angestellten Leute bilden größtenteils eine schweigende Mehrheit. Diese schweigende Mehrheit fragt sich, ob es wirklich in Ordnung ist, sich nur auf den Elektroantrieb als einzige Option zu fokussieren. Aber sie denken, dass das der aktuelle Trend ist und dass sie sich deswegen nicht kritisch dazu äußern können“, zitiert das Wall Street Journal den Enkel des Firmengründers Kiichiro Toyoda.
Toyota gehört – ähnlich wie BMW – zu jenen Automobilkonzernen, welche einen technologieoffenen Kurs eingeschlagen haben, also neben dem Elektro-Auto auch auf die Entwicklung von Hybridantrieben (Kraftstoff- und Batterieantrieb kombiniert) und Wasserstoffantrieben setzen. „Weil die richtige Antwort immer noch unklar ist, sollten wir uns nicht auf nur eine Option beschränken“, so Toyoda.
Toyoda zufolge haben mediale Kampagnen und der scheinbare Erfolg von E-Autobauern wie Tesla, Rivian und Lucid viele Politiker und Wirtschaftsentscheider in ihrer Wahrnehmung stark beeinflusst. Gespräche mit Politikern, in denen er regelmäßig vor den Risiken einer allzu starken Fokussierung auf den E-Antrieb warnt und für die Vorteile einer mehrgleisige Strategie wirbt, seien „ernüchternd.“
Elektrische Wettbewerbsnachteile
Toyoda zählt einige der Probleme auf, die den Markt für E-Autos noch immer belasten. Dazu gehörten beispielsweise Probleme bei der Beschaffung von Rohstoffen, die für den Bau der Antriebsbatterien und für andere Komponenten des Autos wie beispielsweise der Antriebsmotoren notwendig sind.
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In Zusammenhang mit diesen Bezugsproblemen steht auch der hohe Verkaufspreis von Elektroautos, der gegenüber Hybridmodellen und Autos mit Verbrennungsmotor weiterhin ein Wettbewerbsnachteil darstellt.
Zudem, so Toyoda, finde sich fast nirgendwo auf der Welt ein ausreichend ausgebautes Netz von Landestationen. Potenzielle Käufer hielten sich deshalb zurück – auch weil die Reichweitenproblematik noch immer einen der größten Nachteile der Elektroautos darstelle.
Toyodas Skepsis wird von manchen seiner Konkurrenten öffentlich geteilt. Spitzenfunktionären von Mazda zufolge lohnt es sich nur bei kleineren Wagen, aus einem Verbrenner ein Elektroauto zu machen, weil der Rohstoff- und Energieverbrauch bei der Produktion großer Antriebsbatterien schlichtweg das Ergebnis nicht rechtfertige.
Ohne Subventionen sinkt die Nachfrage
Die Absatzzahlen von Elektroautos sind in den vergangenen Jahren deutlich gestiegen – sowohl weltweit wie auch in Europa und Deutschland. Diese Zahlen spiegeln aber kein realistisches Bild der Wettbewerbsfähigkeit von E-Autos wider, weil sie in den allermeisten Fällen von massiven staatlichen Subventionen angetrieben wurden, mit deren Hilfe offenbar der Preisnachteil gegenüber Verbrennern wettgemacht werden soll.
Was passiert, wenn diese Subventionen zurückgefahren oder gar gestrichen werden, zeigt der Blick nach Deutschland: seitdem die Bundesregierung die Förderung zum Jahreswechsel deutlich zurückgefahren hat, brechen die Verkaufszahlen geradezu ein.
Im Januar wurden rund 18.100 Elektrofahrzeuge neu zugelassen und knapp unter 9.000 Plug-In-Hybride - ein heftiger Einbruch im Vergleich vor allem zum Dezember mit mehr als 100.000 reinen Elektrofahrzeugen und fast 70.000 Plug-In-Hybriden. Beobachter gehen davon aus, dass viele Verbraucher Autokäufe vorgezogen haben, um Ende 2022 noch die höheren Förderprämien zu erhalten.
Bedeutsam ist allerdings: Auch im Vergleich zu Januar 2022 gingen die Zulassungen bei diesen beiden Antriebsarten um 13,2 Prozent beziehungsweise 53,2 Prozent zurück.
Der Verband der Automobilindustrie rechnet inzwischen mit einem Rückgang des Marktanteils von Elektroautos. Dieser dürfte 2023 gegenüber dem Vorjahr um drei Prozentpunkte auf 28 Prozent sinken, sagte VDA-Präsidentin Hildegard Müller der Welt am Sonntag. Der Rückgang sei dem Absatzeinbruch bei Plug-In-Hybriden geschuldet, also Wagen mit Verbrennungs- und Elektromotor.
Plug-in-Hybride, die neben einem Elektromotor auch noch einen Verbrenner nutzen, werden seit Jahresbeginn nicht mehr gefördert. Für Batterie- und Brennstoffzellen-Autos sind die Förderprämien gesunken. Maximal können die Käufer vollelektrischer Autos nun vom Staat statt 6.000 noch 4.500 Euro erhalten, wenn ihr Wagen mit weniger als 40.000 Euro netto in der Verkaufsliste steht. Für teurere Fahrzeuge bis zu einem Netto-Listenpreis von 65.000 Euro gibt es noch 3.000 Euro statt bislang 5.000 Euro. 2024 sinken die Förderprämien weiter.
Die gekürzten staatlichen Subventionen würden sich „negativ auf den Hochlauf der Elektromobilität auswirken“, sagte Müller. „Umso wichtiger ist es nun, das Vertrauen der Menschen in die Elektromobilität anderweitig zu stärken.“ Die Verbraucher bräuchten „die Gewissheit, jederzeit und überall unkompliziert laden zu können.“ Um das Ziel der Bundesregierung von einer Million Ladepunkten bis 2030 zu erreichen, müsse das Ausbautempo verfünffacht werden, so der Verband.
Der Anteil von Autos mit Elektroantrieben lag 2022 laut Kraftfahrt-Bundesamt trotz des subventionsinduzierten Wachstums der vergangenen Jahre nur bei 3,3 Prozent.
Es bleibt abzuwarten, wie sich die Absatzzahlen im laufenden Jahr unter den abgeschwächten Förderhilfen und erst recht kommendes Jahr entwickeln werden, wenn weitere Kürzungen anstehen. Die Tatsache jedoch, dass die Elektromobilität trotz jahrelanger Milliarden-Subventionen aus Steuermitteln nicht richtig vom Fleck kommt, wirft grundsätzliche Fragen nach der Marktreife der Technologie auf.