Großbritannien wird panzerbrechende Munition, die abgereichertes Uran enthält, in die Ukraine liefern. Die Munition werde zusammen mit den 14 Challenger-2-Panzern überstellt. Verteidigungsministerin Baroness Goldie sagte dies am Montag in der Antwort auf eine parlamentarische Anfrage des Abgeordneten Lord Hylton. "Solche Geschosse sind sehr effektiv bei der Bekämpfung moderner Panzer und gepanzerter Fahrzeuge", so die Ministerin.
Geschosse mit abgereichertem Uran werden mit Krebs und Geburtsschäden in Verbindung gebracht. Sie wurden in großem Umfang von den alliierten Streitkräften in den Golfkriegen verschossen. Die Geschosse sind radioaktiv, und Wissenschaftler gehen davon aus, dass ihre toxischen Auswirkungen auf die menschliche Gesundheit noch lange nach Beendigung der Konflikte spürbar sein können.
Russland hat in der Vergangenheit gewarnt, dass es den Einsatz von abgereichertem Uran in der Ukraine als "schmutzige Bombe" betrachten würde. Der Kreml-Beamte Konstantin Gawrilow sagte im Januar: "Wenn Kiew mit solchen Geschossen für schweres militärisches Gerät der NATO beliefert wird, werden wir dies als Einsatz von schmutzigen Atombomben gegen Russland betrachten, mit allen sich daraus ergebenden Konsequenzen."
Russland will auf abgereichertes Uran reagieren
In einer ersten Reaktion sagte der russische Präsident Wladimir Putin, dass er "entsprechend reagieren muss", da solche Waffen "einen nuklearen Bestandteil" beinhalteten. Auch das russische Außenministerium verurteilt den britischen Plan, der Ukraine Munition mit abgereichertem Uran zur Verfügung zu stellen. Eine Sprecherin sagte, derartige Munition sei krebserregend und belaste die Umwelt.
Der russische Verteidigungsminister Sergej Schoigu sieht einem Medienbericht zufolge eine potenzielle "atomare Kollision" zwischen dem Westen und seinem Land näher rücken. Immer weniger Schritte seien bis dahin noch übrig, zitiert ihn die russische Nachrichtenagentur Interfax. Schoigu habe damit auf Medienberichte reagiert, wonach Großbritannien der Ukraine Munition mit abgereichertem Uran zur Verfügung stellen wolle.
Farhan Haq, der stellvertretende Sprecher des UN-Generalsekretärs, erklärte auf einer Pressekonferenz: "Wir haben im Laufe der Jahre unsere Besorgnis über den Einsatz von abgereichertem Uran geäußert, angesichts der Folgen eines solchen Einsatzes, und diese Besorgnis gilt für jeden, der solche Rüstungsgüter liefert. Wir haben, auch durch unser Büro für Abrüstungsangelegenheiten, unsere Besorgnis über jeden Einsatz von abgereichertem Uran deutlich gemacht, egal wo."
Großbritannien gegen UN-Resolutionen
Doug Weir, Direktor für Forschung und Politik beim Conflict and Environment Observatory, erklärte gegenüber Declassified: "Seit 2007 haben große Mehrheiten UN-Resolutionen unterstützt, die auf die gesundheitlichen, ökologischen und technischen Bedenken im Zusammenhang mit dem Einsatz dieser Waffen hinweisen. Das Vereinigte Königreich war eines von nur vier Ländern, die konsequent dagegen gestimmt haben".
Weir äußerte auch Zweifel an der Zuverlässigkeit der britischen Granaten, die als CHARM3 bekannt sind, und warnte: "Abgesehen von den Problemen, die die Kontamination mit abgereichertem Uran für die Ukraine im Umgang mit beschädigten Militärfahrzeugen mit sich bringen wird, hat die veraltete britische CHARM3-Munition ihre Lebensdauer überschritten, und es ist unklar, ob sie wie vorgesehen funktionieren wird."
Kate Hudson, Generalsekretärin der Kampagne für Nukleare Entwaffnung (Campaign for Nuclear Disarmament, CND), sagte: "Wie im Irak wird der Einsatz von Munition mit abgereichertem Uran in diesem Konflikt das langfristige Leiden der Zivilisten, die in diesen Konflikt verwickelt sind, nur vergrößern. Munition mit abgereichertem Uran wurde bereits mit Tausenden von unnötigen Todesfällen durch Krebs und andere schwere Krankheiten in Verbindung gebracht."
Großbritannien weist Vorwürfe zurück
"Die CND hat die britische Regierung wiederholt aufgefordert, ein sofortiges Moratorium für den Einsatz von Waffen mit abgereichertem Uran zu verhängen und langfristige Studien über ihre Auswirkungen auf Gesundheit und Umwelt zu finanzieren. Sie in ein weiteres Kriegsgebiet zu schicken, wird den Menschen in der Ukraine nicht helfen", so Hudson.
Der britische Außenminister James Cleverly weist Kritik des russischen Präsidenten Putin wegen der Lieferung von Uranmunition an die Ukraine zurück. Es handle sich mitnichten um eine nukleare Eskalation, sagte Cleverly am Mittwoch in London vor Journalisten. "Das einzige Land auf der Welt, das über Nuklearfragen spricht, ist Russland. Es gibt keine Bedrohung für Russland, es geht nur darum, der Ukraine zu helfen, sich zu verteidigen."
Nur weil das Wort Uran in der Bezeichnung für Munition mit abgereichertem Uran vorkomme, handle es sich nicht um nukleare Munition, sondern um rein konventionelle Munition, so Cleverly.