Politik

Ungarn weigert sich, Putin zu verhaften

Der Internationale Strafgerichtshof hat einen Haftbefehl für Russlands Präsidenten Putin ausgestellt. Doch Ungarn will ihn nicht festnehmen, wenn er ins Land kommt.
Autor
23.03.2023 22:36
Aktualisiert: 23.03.2023 22:36
Lesezeit: 2 min

Ungarn würde den russischen Präsidenten Wladimir Putin nicht verhaften, wenn er ins Land käme, sagte der Stabschef von Ministerpräsident Viktor Orban am Donnerstag und fügte hinzu, dass es dafür keine rechtliche Grundlage gäbe.

Ungarn hat das Römische Statut des Internationalen Strafgerichtshofs (IStGH) unterzeichnet und ratifiziert. Der IStGH hat am Freitag einen Haftbefehl ausgestellt, in dem Putin des Kriegsverbrechens der illegalen Deportation hunderter Kinder aus der Ukraine beschuldigt wird. Das Gericht erklärte, es gebe hinreichende Gründe für die Annahme, dass Putin individuell strafrechtliche Verantwortung trage.

Auf die Frage, ob Putin verhaftet würde, wenn er nach Ungarn käme, sagte Orbans Stabschef Gergely Gulyas bei einem Briefing, dass das Römische Statut nicht in das ungarische Rechtssystem integriert sei. "Wir können uns auf das ungarische Gesetz berufen und auf dieser Grundlage können wir den russischen Präsidenten nicht verhaften, da das IStGH-Statut in Ungarn nicht verkündet wurde", zitiert ihn Reuters.

Auf Nachfrage sagte er, seine Regierung habe sich zu dem gegen Putin ausgestellten Haftbefehl keine Meinung gebildet. "Diese Entscheidungen sind nicht sehr glücklich, da sie die Dinge in Richtung einer weiteren Eskalation und nicht in Richtung Frieden führen, das ist meine persönliche subjektive Meinung", fügte Stabschef Gulyas hinzu.

Es ist unwahrscheinlich, dass Putin, der erst der dritte amtierende Präsident ist, gegen den der Internationale Strafgerichtshof einen Haftbefehl erlassen hat, in nächster Zeit vor Gericht landet. Der Haftbefehl bedeutet jedoch, dass er verhaftet und nach Den Haag überstellt werden könnte, wenn er in einen IStGH-Mitgliedstaat reist.

Russland hat Tausende Kinder aus der Ukraine nach Russland gebracht hat, um sie eigenen Angaben zufolge vor dem Krieg in Sicherheit zu bringen. Russland selbst ist dem Internationalen Strafgerichtshof nicht beigetreten und erklärte, der Haftbefehl sei bedeutungslos. Moskau hat wiederholt Anschuldigungen zurückgewiesen, dass seine Streitkräfte während des Kriegs in der Ukraine Gräueltaten begangen hätten.

Russland: Versuch, Putin zu verhaften, wäre Kriegserklärung

Jeder Versuch, Präsident Wladimir Putin zu verhaften, käme einer Kriegserklärung an Russland gleich, sagte Dmitri Medwedew am Donnerstag. Der ehemalige Präsident erklärte gegenüber russischen Medien, der Internationale Strafgerichtshof, der von Ländern wie Russland, China und den USA nicht anerkannt wird, sei ein "juristisches Nichts", das nie etwas Bedeutendes getan habe.

Jeder Versuch, Putin zu verhaften, wäre jedoch eine Kriegserklärung, sagte Medwedew, der heute stellvertretender Vorsitzender des Sicherheitsrat ist. "Stellen wir uns vor - natürlich wird diese Situation niemals eintreten - aber stellen wir uns dennoch vor, dass sie eintreten würde: Der derzeitige Chef des Atomstaates geht in ein Gebiet, sagen wir Deutschland, und wird verhaftet", so Medwedew.

"Was würde das bedeuten? Es wäre eine Kriegserklärung an die Russische Föderation", sagte Medwedew in einem Video, das auf Telegram veröffentlicht wurde. "Und in diesem Fall würden alle unsere Vermögenswerte - alle unsere Raketen und so weiter - zum Bundestag und zum Kanzleramt fliegen." Der Kreml sagt, der Haftbefehl gegen Putin sei eine unverschämte, parteiische Entscheidung, die aber für Russland bedeutungslos sei.

Die Beziehungen Russlands zum Westen sind nach Ansicht von Dmitri Medwedew derzeit wahrscheinlich auf dem schlechtesten Stand aller Zeiten. Die nuklearen Risiken hätten zugenommen. "Jeder Tag, an dem ausländische Waffen in die Ukraine geliefert werden, bringt die nukleare Apokalypse näher", sagte Medwedew. Die Ukraine sei ein Teil Russlands, fast die gesamte heutige Ukraine sei Teil des russischen Imperiums gewesen.

Nach dem Zusammenbruch der Sowjetunion 1991 habe sich der Westen als Herrscher über Russland betrachtet, aber Putin habe dem ein Ende gesetzt. "Sie waren sehr beleidigt", sagte Medwedew und fügte hinzu, dass dem Westen die Unabhängigkeit Russlands und Chinas missfalle. Der Westen wolle Russland nun in eine Vielzahl schwächerer Staaten aufspalten und ihm seine riesigen Bodenschätze wegnehmen.

Mehr zum Thema
article:fokus_txt
X

DWN-Wochenrückblick

Weniger E-Mails, mehr Substanz: Der DWN-Wochenrückblick liefert 1x/Woche die wichtigsten Themen kompakt und Podcast. Für alle, deren Postfach überläuft.

E-mail: *

Ich habe die Datenschutzerklärung sowie die AGB gelesen und erkläre mich einverstanden.

DWN
Panorama
Panorama Kartoffelsalat und Würstchen: So teuer wird der Weihnachtsklassiker 2025
23.12.2025

Kartoffelsalat mit Würstchen bleibt zum Fest günstiger als im Vorjahr. Vor allem die Essig-Öl-Variante spart Geld, während regionale...

DWN
Finanzen
Finanzen Wie die Geldentwertung Gold und Bitcoin in den Vordergrund rückt
23.12.2025

Ersparnisse verlieren Jahr für Jahr an Wert. Nicht durch Zufall, sondern durch System. Warum Geldentwertung Gold und Bitcoin immer...

DWN
Finanzen
Finanzen US-Börsen: US-Aktien steuern mit Gewinnen auf das Jahresende zu, Goldpreis erreicht neues Rekordhoch
22.12.2025

Die US-Aktien legten am Montag zu, wobei die drei großen Indizes den dritten Tag in Folge Gewinne verzeichneten. Gold setzte seine Rallye...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Globale Wirtschaft: Fed-Zurückhaltung bremst Wachstum und Aktienmärkte weltweit
22.12.2025

Nach der starken Rally an den Aktienmärkten mehren sich die Zweifel, ob das globale Wachstum ohne neue geldpolitische Impulse tragfähig...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Bundeskartellamt verhängt zehn Millionen Euro Bußgeld
22.12.2025

Zehn Millionen Euro Bußgeld – das klingt nach wenig für Deutschlands oberste Wettbewerbshüter. Tatsächlich ist es ein deutlicher...

DWN
Finanzen
Finanzen Persönliche Daten bei Banken: Was Sie preisgeben müssen - und was nicht
22.12.2025

Bevor Banken Konten, Kredite oder Depots freigeben, sammeln sie umfangreiche Daten. Doch nicht jede Auskunft ist verpflichtend – viele...

DWN
Finanzen
Finanzen Schaeffler-Aktie vor dem Ausbruch: Zehn Prozent Umsatz aus neuen Geschäften
22.12.2025

Während andere Rüstungsaktien nach ihrer Rally ins Stocken geraten, schiebt sich ein Industriekonzern überraschend nach vorn. Die...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Fallender Ölpreis hält Kraftstoffpreise vor den Feiertagen niedrig
22.12.2025

Der Ölpreis ist erstmals seit Beginn des Ukrainekriegs unter 60 US-Dollar gefallen. Für Verbraucher bedeutet das niedrige...