Wirtschaft

Brasilien ignoriert Energiewende, sieht Zukunft im Erdöl

Brasiliens staatlicher Ölkonzern Petrobras schert sich nicht um die globale Energiewende und wäre CEO Prates zufolge auch gern der letzte Ölproduzent der Welt.
Autor
24.03.2023 16:00
Lesezeit: 2 min
Brasilien ignoriert Energiewende, sieht Zukunft im Erdöl
Luiz Inacio Lula da Silva, Präsident von Brasilien, hat mit Öl gute Erfahrung gemacht. Die Energiewende muss warten. (Foto: dpa) Foto: Eraldo Peres

Jean Paul Prates, der CEO des staatlichen brasilianischen Ölkonzerns Petrobras, lässt sich von der weltweiten Energiewende nicht beeindrucken. Seiner Ansicht nach wird Petrobras die Produktion fossiler Brennstoffe in den kommenden Jahrzehnten weiter steigern. "Wir werden Marktanteile gewinnen", sagte er in einem Interview in Rio de Janeiro. "Wir werden vielleicht die letzten sein, die auf der Welt Öl fördern", zitiert ihn Bloomberg.

Brasilien hat sich in den letzten 20 Jahren im Gegensatz zu vielen anderen lateinamerikanischen Ländern zu einem wichtigen Ölproduzenten entwickelt. Bohrer haben riesige Offshore-Ölfelder ausgebeutet, die als Pre-Salt bekannt sind, weil das Rohöl unter einer geologischen Salzschicht eingeschlossen ist. Petrobras betreibt die meisten dieser Felder, wobei internationale Unternehmen wie Shell Minderheitsbeteiligungen halten.

Brasiliens Politik hängt am Öl

CEO Prates, der von Brasiliens Präsident Luiz Inacio Lula da Silva Anfang des Jahres ernannt wurde, hat erklärt, dass die Ölförderung weiterhin oberste Priorität haben wird. Investitionen in Windkraft und andere erneuerbare Technologien bei Petroleo Brasileiro, wie das Unternehmen offiziell heißt, werden im Vergleich dazu bescheiden ausfallen.

Präsident Lula hat sich zwar für den Kampf gegen den Klimawandel ausgesprochen und versprochen, die Abholzung im Amazonasgebiet zu verlangsamen, aber er ist auch ein Befürworter der brasilianischen Ölindustrie. Der Produktionsboom sorgte in den ersten beiden Amtszeiten Lulas für steigende Steuereinnahmen und trug dazu bei, seine ehrgeizigen Sozialausgaben zu finanzieren. In seiner jetzigen dritten Amtszeit will er nun daran anknüpfen.

Die brasilianische Ölproduktion wird in diesem Jahr einen Rekordwert von 3,4 Millionen Barrel pro Tag erreichen und bis 2030 weiter wachsen. Danach wird das Land neue Entdeckungen benötigen, um die Produktion aufrechtzuerhalten und zu steigern. "Wir sind sehr spät als großer Produzent auf den Plan getreten, aber wir müssen am Ball bleiben", sagte Prates, der vor seiner Ernennung Senator für Lulas Arbeiterpartei war.

Prates sagte, die Priorität liege in der Ausbeutung der vorhandenen Funde in den Vorsalzgebieten und der Entdeckung neuer Funde, während man gleichzeitig nach neuen Becken in anderen Teilen Brasiliens suche, einschließlich des so genannten äquatorialen Randes im äußersten Norden des Landes. Diese Region weist eine ähnliche Geologie auf wie die Gebiete vor dem nahe gelegenen Guyana, wo die Exxon Mobil Milliarden von Barrel gefunden hat.

Energiewende zum Trotz: Petrobras setzt auf Öl

Petrobras ist bereit, mit Explorationsbohrungen in der Region zu beginnen, wartet aber noch auf die Genehmigung der Aufsichtsbehörden. Die Nähe zur Mündung des Amazonas hat die Region zu einem umstrittenen Standort für Bohrungen gemacht und die brasilianische Umweltministerin Marina Silva auf den Plan gerufen.

Wenn Petrobras grünes Licht erhält, könnte bereits im April mit einer Explorationsbohrung begonnen werden, sagte Prates.

Petrobras wird Investitionen in Offshore-Windkraftanlagen in Erwägung ziehen, da das Unternehmen Erfahrung mit der Durchführung großer Projekte im brasilianischen Atlantik hat. Petrobras prüft Partnerschaften mit europäischen Ölkonzernen, darunter die norwegische Equinor. "Dies ist ein Umfeld, das wir bereits kennen, und wir haben in Brasilien zweifellos das beste Umfeld für Investitionen in Offshore-Windkraftanlagen weltweit, weil das Klima günstig ist", sagte er.

Der Rest des bescheidenen Vorstoßes von Petrobras in die Energiewende wird zwei Bereiche betreffen, in denen das Unternehmen bereits über Fachwissen verfügt: Kohlenstoffabscheidung und Biokraftstoffe.

Petrobras zahlte im vergangenen Jahr aufgrund höherer Ölpreise und eines weitreichenden Veräußerungsprogramms eine Rekorddividende. Prates sagt, dass sein Unternhemen ein besseres Gleichgewicht zwischen der Ausschüttung an Aktionäre, darunter der brasilianische Staat, und Investitionen finden sollte. "Wir sollten eine ausgewogenere Sichtweise haben, ohne die große Attraktivität hoher Dividenden zu vernachlässigen", sagte er.

Mehr zum Thema
article:fokus_txt
Anzeige
DWN
Finanzen
Finanzen Bitcoin 2026: Droht der nächste Crash oder ein neuer Reifegrad des Marktes?

Wie sich Bitcoin im Jahr 2026 verhalten wird, lässt sich nicht eindeutig voraussagen. Was sich jedoch belastbar analysieren lässt, sind...

DWN
Politik
Politik Deutsche Soldaten für Ukraine? Europäer bieten Schutztruppe an
16.12.2025

Eine Schutztruppe für die Ukraine? Bundeskanzler Merz und europäische Staatschefs haben einen Plan vorgestellt. Doch wie reagieren die...

DWN
Politik
Politik Bundestag Offline: Internet-Ausfall im Bundestag - kein russischer Cyberangriff
16.12.2025

Das Computernetzwerk des Deutschen Bundestags war flächendeckend ausgefallen. Da das Problem ungefähr zeitgleich mit dem Besuch des...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Rückstand bei Bezahlung: Frauen verdienen weiterhin weniger als Männer
16.12.2025

Hartnäckig hält sich der Verdienstunterschied zwischen Frauen und Männern. Nur ein Teil der Lohnlücke ist erklärbar.

DWN
Finanzen
Finanzen Digitalwährung: EU-Finanzminister beschließen digitalen Euro
16.12.2025

Der „Digitale Euro“ soll ab 2029 Realität werden: Die Pläne für eine Digitalwährung in der Euro-Zone schreiten voran. Die...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Rentenkommission startet: Experten sollen Reform ohne feste Vorgaben prüfen
16.12.2025

Nach langem Hin und Her um das erste Rentenpaket nimmt ein neues Gremium seine Arbeit auf. Die Kommission aus Fachleuten soll Vorschläge...

DWN
Panorama
Panorama Corona-Impfschäden: Wann haften Hersteller für Gesundheitsfolgen?
16.12.2025

Kopfschmerzen, Fieber oder sogar Hörverlust – treten nach einer Corona-Impfung gesundheitliche Probleme auf, suchen Betroffene häufig...

DWN
Finanzen
Finanzen Neues Silberpreis-Rekordhoch: Warum das Edelmetall vor einer historischen Neubewertung steht
15.12.2025

Die Silber-Rallye ist ungebrochen und die Kurse eilen von einem Allzeithoch zum nächsten. Warum trotz neuem Silberpreis-Rekordhoch zum...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Gewinneinbruch bei Autobauern: Deutsche Hersteller besonders unter Druck
15.12.2025

Die weltweite Krise der Autoindustrie macht den deutschen Herstellern stärker zu schaffen als vielen internationalen Wettbewerbern. Eine...