Unternehmen

PCK Raffinerie Schwedt: Kasachisches Unternehmen liegt als Investor auf der Lauer

Die strategisch wichtige Raffinerie in Schwedt braucht neue solvente Aktionäre, da Deutschland Rosneft aus der Fabrik herauswerfen will. Ein Kandidat, der als Investor in Frage kommt, stammt aus Kasachstan.
03.04.2023 08:45
Aktualisiert: 03.04.2023 08:45
Lesezeit: 2 min

Um die Brandenburger Raffinerie in Schwedt bei Berlin ist derzeit ein mächtiges Gerangel entstanden: Deutschland versucht wegen des russischen Angriffskrieges auf die Ukraine seit Monaten mit Macht, den Großaktionär Rosneft aus dem Werk zu drängen, der direkt 37,5 Prozent der Anteile hält. Zusätzlich hat gerade der zweite Großaktionär Shell noch einmal betont, dass auch er sein Aktienpaket von 37,5 Prozent abstoßen will, berichtet die Nachrichtenagentur Reuters. 2021 hatte das Unternehmen bereits schon einmal einen solchen Schritt angekündigt, den Deutschland aber erst einmal auf Eis gelegt hatte, weil sich Rosneft das Vorkaufsrecht sichern wollte.

PCK Raffinerie auf der Suche nach neuem Investor

Deshalb braucht die Raffinerie jetzt unbedingt neue Eigentümer und klare Strukturen, um wieder sicherer ihre Geschäfte machen zu können. Ein Unternehmen, das grundsätzlich auch als Investor in Frage kommt, ist der kasachische Energiekonzern KazMunayGas (KMG), der bereits Ende Februar damit begonnen hat, der deutschen Raffinerie anstelle von Rosneft zuzuliefern. Konzernchef Magzum Mirzagaliyev hatte sich bereits Ende Dezember mit dem parlamentarischen Staatssekretär im Wirtschaftsministerin, Christian Görke, über Zulieferungen verständigt.

So werden die Kasachen im laufenden Jahr bis zu 1,2 Millionen Tonnen liefern und damit einen spürbaren Teil der Produktion abdecken, die pro Jahr Unternehmensangaben zufolge bei zwölf Millionen Tonnen liegt. Wie PCK berichtet, beträgt die Auslastung derzeit bis zu 60 Prozent, die das Unternehmen über Rostock abwickelt. Der kasachische Energieminister Bolat Akchulakov sprach später sogar von einem Export von 1,5 Millionen Tonnen Öl nach Deutschland. „Wir können die Ausfuhren in Zukunft auch auf sieben Millionen Tonnen steigern“, fügte er hinzu.

Kasachstan liegt auf der Liste der Länder, die weltweit das meiste Öl produzieren, auf dem 12. Platz – vor Mexico und hinter Norwegen. Die Menge von 1,7 Millionen Barrel pro Tag, die im den zentralasiatischen Land hergestellt wird, kann sich nicht im Ansatz mit den Volumina messen, die Russland produziert. Die Russen stellen 10,1 Millionen Barrel pro Tag her und liegen damit auf dem zweiten Platz – hinter dem Branchenprimus USA (11,2 Millionen Barrel pro Tag), wie das amerikanische Statistikamt U.S. Energy Information Administration (EIA) für das Jahr 2021 errechnet hat.

Kasachstan bereits bekannter Handelspartner Deutschlands

Politisch eignet sich Kasachstan, das fast achtmal größer als Deutschland ist, grundsätzlich als solventer Partner, weil das Land eine sogenannte „multivektorale“ Politik verfolgt. Das bedeutet, es richtet sich in viele Richtungen aus, ohne sich von jemanden vereinnahmen zu lassen. Allerdings arbeitet es mit Russland geschäftlich und politisch eng zusammen. Ebenso spielt China eine wichtige Rolle, und die Deutschen sollen dem Land die notwendige Hochtechnologie liefern. Das Regime gilt als autoritär. Mit rund 240 Milliarden Euro an jährlicher Wirtschaftsleistung befindet es sich auf dem Niveau von Tschechien.

Das deutsche Außenhandelsvolumen mit Kasachstan hat im Jahr 2021 bei 5,1 Milliarden Euro gelegen, ein Großteil davon waren Öleinfuhren. Der Ölhandel mit dem Land ist somit nichts Unbekanntes. Dadurch gehört Kasachstan zu den Märkten, mit denen die größte europäische Volkswirtschaft einen Verlust beim Außenhandel ausweist.

Ein Minuspunkt bei der vereinbarten Kooperation für die Lieferungen nach Schwedt ist allerdings, dass der Transit über die russische Leitungen abgewickelt wird. So hat KMG bereits im Dezember mit dem russischen Betreiber Transneft eine Vereinbarung für den Transport unterzeichnet. Grundsätzlich wird 94 Prozent des kasachischen Öls über das russische Netz transportiert.

„Ein Einstieg bei den Deutschen kommt in Betracht“, sagte Konzernchef Magzum Mirzagalijew im Gespräch mit dem polnischen Fachportal „WNP“. Allerdings sei der Manager noch nicht von den Deutschen gefragt worden. Die weiterhin enge Anbindung an Russland könnte der Grund dafür sein. Eine bessere Alternative als Rosneft wäre KMG allemal.

Mehr zum Thema
article:fokus_txt

 

 

X

DWN Telegramm

Verzichten Sie nicht auf unseren kostenlosen Newsletter. Registrieren Sie sich jetzt und erhalten Sie jeden Morgen die aktuellesten Nachrichten aus Wirtschaft und Politik.

E-mail: *

Ich habe die Datenschutzerklärung sowie die AGB gelesen und erkläre mich einverstanden.

Ihre Informationen sind sicher. Die Deutschen Wirtschafts Nachrichten verpflichten sich, Ihre Informationen sorgfältig aufzubewahren und ausschließlich zum Zweck der Übermittlung des Schreibens an den Herausgeber zu verwenden. Eine Weitergabe an Dritte erfolgt nicht. Der Link zum Abbestellen befindet sich am Ende jedes Newsletters.

DWN
Finanzen
Finanzen Nvidia-Aktie: Weshalb selbst starke Zahlen ein strukturelles Problem nicht lösen
07.12.2025

Die Nvidia-Aktie glänzt mit beeindruckenden Ergebnissen, doch Anleger übersehen oft ein zentrales Risiko. Die enorme Größe des Konzerns...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Mautkosten in Europa steigen: Wie sich Speditionen jetzt Wettbewerbsvorteile sichern
07.12.2025

Trotz wachsender Belastungen im europäischen Transportsektor zeigt sich immer deutlicher, dass Mautgebühren weit mehr sind als ein...

DWN
Panorama
Panorama Weihnachten mit kleinerem Budget: Viele Menschen müssen bei Weihnachtsgeschenken sparen
07.12.2025

Weihnachten rückt näher, doch viele Haushalte kalkulieren strenger als je zuvor. Eine neue Umfrage zeigt, wie stark Preissteigerungen die...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft OpenAI-Bilanz: Deloitte prüft Milliardenpläne und Michael Burry entfacht Debatte
07.12.2025

OpenAIs rasanter Aufstieg und die enormen Investitionspläne des Unternehmens rücken die Transparenz der OpenAI-Bilanz in den Mittelpunkt....

DWN
Politik
Politik Elektromobilitätssteuer Großbritannien: Wie London die E-Auto-Revolution abbremst
07.12.2025

Großbritannien setzt mit einer kilometerbasierten Abgabe ein hartes Signal an alle E-Autofahrer und stellt die finanzielle Logik der...

DWN
Politik
Politik Russlands Desinformationskampagnen: Wie Europa gegen Putins Trolle kämpft
06.12.2025

Europe wird zunehmend Ziel digitaler Einflussoperationen, die gesellschaftliche Stabilität, politische Prozesse und wirtschaftliche...

DWN
Immobilien
Immobilien Baufinanzierung Zinsen: Entwicklung des Bauzinses 2025 - und wie es 2026 weitergeht
06.12.2025

Nachdem die Zinsen – darunter der Bauzins – in Deutschland seit 2019 eine gewisse Schieflage erreicht haben, scheint nun Ruhe...

DWN
Finanzen
Finanzen Marktausblick 2026: Internationale Aktien und Small-Cap-Aktien sind am besten positioniert
06.12.2025

KI treibt Teile der Weltwirtschaft nach vorn, während andere Branchen stolpern. Gleichzeitig locken Staaten mit neuen Ausgabenprogrammen...