Politik

Uranmunition für die Ukraine: Kriegsverbrechen mit Ansage

Lesezeit: 4 min
02.04.2023 09:18  Aktualisiert: 02.04.2023 09:18
Das britische Verteidigungsministerium hat bestätigt, dass Großbritannien zusammen mit den Challenger 2 Panzern Munition mit abgereichertem Uran (DU) an die Ukraine liefern wird. Die Erklärung erfolgte während des Besuches des chinesischen Xi Jinping in Moskau. Zufall oder Kalkül? Eine Analyse.
Uranmunition für die Ukraine: Kriegsverbrechen mit Ansage
Rishi Sunak (r), Premierminister von Großbritannien, und Wolodymyr Selenskyj, Präsident der Ukraine, stehen vor einem Panzer auf einer Militäreinrichtung, auf der ukrainische Soldaten am „Challenger-2“ Panzer ausgebildet werden. (Foto: dpa)

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Uranmunition kann aufgrund seines Gewichtes und der sich daraus entwickelnden kinetischen Energie die Stahlgehäuse von Kampfpanzern leicht durchdringen. Dabei entzündet sich das darin enthaltene abgereicherte Uran explosionsartig und die Soldaten in dem Panzer verglühen. Das Urangeschoss verbrennt zu radioaktiven und hochgiftigen Nano-Partikeln, die sich dann über die Atmosphäre verteilen – mit schwerwiegenden Folgen für die Umwelt und die Gesundheit der Bevölkerung. Die Halbwertzeit der Uranmunition beträgt mehrere Hundert Millionen Jahre.

Uranmunition wurde bereits im Jugoslawien-Krieg eingesetzt

Die giftige Substanz wurde vor allem von den USA schon mehrfach eingesetzt, unter anderem in Bosnien, im Kosovo, in Serbien, in Syrien und im Irak. Der Filmemacher Frieder Wagner hat die Folgen für die Bevölkerung des Irak in zwei Filmen – Todestaub und Der Arzt und die verstrahlten Kinder von Basra – eindrucksvoll aufgezeigt. Aber auch der Kosovo und Serbien wurden Opfer verheerender amerikanischer Angriffe – die sich gar nicht gegen Panzer, sondern vornehmlich gegen zivile Einrichtungen wie Eisenbahnbrücken oder Radiosender richteten. Nahe der Stadt Grdelica in Südserbien stürzte am 12. April 1999 ein D-Zug nach Beschuss durch NATO-Bomber von einer Brücke in den Fluss Morawa, mit zahlreichen Opfern.

Seitdem sterben dort die Menschen vermehrt an Krebs – wie auch in der Stadt Vranje. Dort befindet sich die sogenannte „Straße des Todes“, in der es nicht einen Haushalt gibt, in dem es nicht wenigstens ein Krebsopfer zu beklagen gäbe. Grund ist hier der Beschuss einer Radiostation mit Uranmunition. Von den neun jungen Männern, die seinerzeit zum Aufräumen auf das Gelände geschickt worden waren, waren bereits vor Jahren acht an Krebs verstorben, sagt der Rechtsanwalt Srđan Aleksić, der die NATO wegen derartiger Aktionen verklagen will. Denn immer mehr Menschen fallen in Serbien bösartigen Tumorerkrankungen zum Opfer. Durch die Schädigung des Erbguts, der DNA, werden zudem Generation um Generation missgebildete Kinder zur Welt kommen.

Großbritannien will Panzer mit Uranmunition ausrüsten

Nun also will Großbritannien seine Challenger 2 Panzer mit Uranmunition ausrüsten. Leidtragende dürften vor allem russischsprachige Menschen im Donbass sein. Damit kommen in dem Stellvertreterkrieg zwischen der NATO und Russland Waffen zum Einsatz, die der Konstantin Gavrilov, Leiter der russischen Delegation bei den Gesprächen in Wien über militärische Sicherheit und Rüstungskontrolle, mit dem Einsatz schmutziger Nuklearbomben vergleicht. Großbritannien überschreitet also die nächste rote Linie und dreht weiter an der Eskalationsschraube. Warum?

In einem Interview weist Gavrilov darauf hin, dass die Ankündigung, die Challenger Panzer mit Uranmunition zu bestücken, während des Besuchs des chinesischen Staatspräsidenten Xi Jinping in Moskau erfolgte. Tatsächlich dürfte der dreitägige Aufenthalt Xi´s in der russischen Hauptstadt in Washington und London für Nervosität gesorgt haben, zeichnet sich inzwischen doch eine russisch-chinesische Allianz immer deutlicher ab. Damit dürften die Kriegsziele der Angelsachsen – einen Regime Change in Russland herbeizuführen, um das geschwächte Land anschließend ausbeuten zu können – in weite Ferne gerückt sein.

Der ehemalige indische Diplomat MK Bhadrakumar schreibt, dass die USA nun langsam in Panik gerieten und weist in seinem Artikel noch auf einen weiteren zeitlichen Zusammenhang hin: Denn wenige Tage zuvor, am 17. März, hatte der Internationale Strafgerichtshof in Den Haag einen Haftbefehl gegen den russischen Präsidenten Wladimir Putin erlassen. Bhadrakumar sieht darin nichts anderes als einen „Publicity-Gag“ der angelsächsischen Clique bei dem die USA die Führung übernommen hätten.

Nichtsdestotrotz fühlte sich der deutsche Justizminister Marco Buschmann beflügelt, eine Festnahme Wladimir Putins anzukündigen, sollte dieser deutschen Boden betreten. Das vermeintliche Verbrechen Putins – die „Verschleppung von Kindern“ – könnte sich bei näherer Betrachtung allerdings als eine Evakuierung – sprich: in Sicherheit bringen – von Kindern aus Kriegsgebieten herausstellen. Da wäre doch der Einsatz von Uranmunition, dem Tausende von Zivilisten zum Opfer fallen würden, von anderem Kaliber.

Der allerdings scheint Buschmann nicht zu interessieren, ebenso wenig wie der Terroranschlag auf die Nordstream Pipelines in der Ostsee, der mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit unter Beteiligung und Federführung der USA durchgeführt worden ist. Auch hierzu – und bezüglich möglicher Mitwisser – hat der oben erwähnte Bhadrakumar ein paar interessante Überlegungen angestellt. Indes werden den deutschen Medienkonsumenten immer abstrusere Erklärungsversuche für den Tathergang angeboten, wie etwa der geopolitische Analyst Alexander Mercouris in seinem Videoblog erläutert (ab Min. 48).

Die Frage ist, wie lange man mit derartigen Kampagnen von den wirklichen geopolitischen Hintergründen des aktuellen Krieges in der Ukraine noch ablenken kann. Denn der muss wohl in eine Reihe anderer Kriege einsortiert werden, die das amerikanische Imperium und seine westlichen Verbündeten nach dem Zerfall der ehemaligen Sowjetunion angezettelt oder selbst geführt haben. Zu nennen wären die Kriege gegen Jugoslawien in den 90er Jahren, also noch lange vor 9 / 11, der Einmarsch in Afghanistan, ein zweiter Krieg gegen den Irak, die Zerschlagung Libyens sowie der Versuch, den syrischen Präsidenten Assad zu stürzen.

Letzteres hat nicht geklappt und auch in der Ukraine scheinen die USA und ihre Mitstreiter an ihre Grenzen zu stoßen. Inzwischen ist deutlich geworden, dass die Ukraine ohne ein massives direktes militärisches Eingreifen der USA und einiger williger NATO-Partner den Krieg verlieren dürfte. Dies aber wäre ein für die Weltgemeinschaft erkennbarer Wendepunkt, ab dem die amerikanische Macht, oder, wenn man so will, die „Vormacht des Westens“ für alle sichtbar zu zerbröseln beginnt.

Nun also will London – nicht allerdings Washington – Uranmunition an die Ukraine liefern. Dies könnte zwei Gründe haben: Entweder ist den Briten konventionelle Munition für ihre Panzer ausgegangen. Oder sie wollen Russland zu einer Gegenreaktion zwingen, die eine friedliche Beilegung des Konfliktes immer unwahrscheinlicher machte. Dies hieße, dass Großbritannien seinen Einsatz in der Hoffnung erhöht, dass bei einer weiteren Eskalation seine westlichen Verbündeten mitziehen müssen. Bis es keinen Weg zurück mehr gibt. So oder so: Das russische Roulette geht in die nächste Runde.

Gastbeiträge spiegeln nicht notwendigerweise die Sichtweise der Redaktion wider.

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