Alle Nato-Staaten sind sich nach Angaben von Generalsekretär Jens Stoltenberg grundsätzlich einig, dass die Ukraine dem Bündnis beitreten wird. Zuvor müsse aber sichergestellt werden, dass die Ukraine den russischen Angriffskrieg überlebe und als Gewinnerin daraus hervorgehe, sagte Stoltenberg zum Abschluss von Beratungen der Nato-Außenministerinnen und Außenminister am Donnerstag in Oslo. Die deutsche Ressortchefin Annalena Baerbock stellte klar, dass ein Nato-Beitritt der Ukraine aktuell nicht auf der Tagesordnung stehe.
Die Tür der Allianz für weitere Beitritte stehe zwar offen, sagte Baerbock vor Beginn der Beratungen in Oslo. Dies gelte vor allem für Schweden, aber grundsätzlich auch für die Ukraine. „Zugleich ist auch klar, dass wir mitten in einem Krieg nicht über eine neuere Mitgliedschaft sprechen können“, betonte sie.
Nato einig: Ukraine soll Mitglied werden
Stoltenberg machte deutlich, der Verlauf eines Krieges sei immer schwer vorhersehbar. Die Nato müsse aber darauf vorbereitet sein, die Sicherheit der Ukraine nach einem Ende des Kriegs garantieren zu können und zu verhindern, dass Russland das Nachbarland erneut überfallen werde.
Die Nato hatte der Ukraine bereits 2008 zugesichert, dass sie der Allianz grundsätzlich beitreten könne. Seitdem sind aber keine konkreten Schritte in diese Richtung erfolgt. Beim kommenden Gipfel der Staats- und Regierungschefs am 11. und 12. Juli in der litauischen Hauptstadt Vilnius soll es nun eine belastbare Aussage über das weitere Vorgehen geben.
Unklar ist aber nach wie vor, wie genau diese ausgestaltet werden soll. Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj mahnte beim Gipfel der Europäischen Politischen Gemeinschaft in Moldau ein „klares Signal“ für die Zukunft seines Landes in der Nato an. Stoltenberg sagte, die Arbeiten dazu dauerten an.
Militärhilfe für Ukraine soll aufgestockt werden
US-Außenminister Antony Blinken kündigte umfassende Maßnahmen zur Unterstützung der Ukraine auf dem Nato-Gipfel an. Es werde „ein robustes Paket an politischer und militärischer Unterstützung“ geben, sagt Blinken in Oslo. Dabei gehe es darum, die Ukraine maximal in die Lage zu versetzen, ihr Territorium zurückzuerobern. Und es sei zugleich wichtig, die Ukraine an Nato-Standards heranzuführen, dies betreffe vor allem die militärische Interoperabilität.
Der litauische Außenminister Gabrielius Landsbergis sagte, das Bündnis müsse jetzt „eine sehr konkrete Antwort finden, wie die Ukraine näher an die Nato rückt und wann sie ein Mitglied der Allianz wird“. Auch Estlands Außenminister Margus Tsahkna sprach sich für konkrete Ansagen aus. Dagegen schrieb der ungarische Außenminister Peter Szijjarto auf Facebook, der Beitritt der Ukraine könne wegen des Krieges nicht Gegenstand des Gipfels sein.
Nato-Beitritt Schwedens braucht Zeit
Im Fall Schwedens bekräftigten Baerbock und auch Blinken, dass das nordische Land bis zum Nato-Gipfel im Juli Mitglied im Bündnis sein müsse. Beim Nato-Gipfel vor einem Jahr in Madrid hätten alle Mitgliedstaaten Finnland und Schweden das Wort gegeben, dass sie in die Nato aufgenommen würden. „Dieses Wort gilt, und darauf müssen wir uns gegenseitig als Partner in einem Verteidigungsbündnis verlassen können“, sagte Baerbock.
Finnland ist mittlerweile als 31. Mitglied der Nato beigetreten. Die Aufnahme Schwedens wird nach wie vor von der Türkei blockiert, die der Regierung in Stockholm mangelnde Unterstützung im Kampf gegen kurdischen Extremismus vorwirft. Die Wiederwahl des türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdogan hat die Hoffnung im Bündnis genährt, dass sich die Haltung der Regierung in Ankara ändern könnte. Stoltenberg kündigte an, schon bald in die Türkei zu reisen, um das Thema voranzubringen.
Schwedens Außenminister Tobias Billström, der an den Beratungen in Oslo teilnahm, zeigte sich vor dem Treffen zuversichtlich, was den Nato-Beitritt seines Landes betrifft. „Das ist kein Sprint, sondern ein Marathon, und wir sehen das Ende davon.“