Wirtschaft

Inflation steigt im Juni auf 6,4 Prozent

Die Inflation in Deutschland bleibt hoch. Vor allem Nahrungsmittel verteuerten sich binnen Jahresfrist mit 13,7 Prozent deutlich. Doch Ökonomen erwarten nun langsamere Preisanstiege.
29.06.2023 14:33
Aktualisiert: 29.06.2023 14:33
Lesezeit: 2 min

Die Inflationsrate in Deutschland ist im Juni nach drei Rückgängen in Folge erstmals wieder gestiegen. Waren und Dienstleistungen kosteten durchschnittlich 6,4 Prozent mehr als ein Jahr zuvor, wie das Statistische Bundesamt am Donnerstag zu seiner ersten Schätzung mitteilte. Im Mai war die Inflationsrate auf 6,1 Prozent gesunken. Von der Nachrichtenagentur Reuters befragte Ökonomen hatten für diesen Monat nur mit einem Anstieg auf 6,3 Prozent gerechnet. Von Mai auf Juni erhöhten sich die Lebenshaltungskosten mit 0,3 Prozent ebenfalls etwas stärker als angenommen.

"Die im Vorjahresvergleich gemessene Inflation wäre im Juni deutlich gefallen und nicht gestiegen, wenn vor einem Jahr nicht der Tankrabatt und das 9-Euro-Ticket eingeführt worden wären", sagte Commerzbank-Chefvolkswirt Jörg Krämer. "Die Juni-Zahlen unterbrechen nur den Abwärtstrend der Inflation, markieren aber noch nicht sein Ende."

Das sieht auch Ökonom Salomon Fiedler von der Berenberg Bank so: "Während die Inflation natürlich weiterhin viel zu hoch ist, sollte dieser Anstieg nicht überbewertet werden", sagte er. Haupttreiber seien Basiseffekte aufgrund der zeitlich begrenzten staatlichen Hilfsmaßnahmen – insbesondere 9-Euro-Ticket und Tankrabatt.

Die Bundesregierung hatte von Juni bis August 2022 wegen der infolge des russischen Krieges gegen die Ukraine stark gestiegenen Energiepreise einen Tankrabatt eingeführt, der Benzin und Diesel billiger machte. Zugleich wurde für 90 Tage im ÖPNV ein Ticket für neun Euro pro Monat eingeführt, dessen Nachfolger - das Deutschlandticket - mit 49 Euro deutlich teurer ist.

NAHRUNGSMITTEL VERTEUERN SICH WENIGER STARK

Energie kostete im Juni durchschnittlich 3,0 Prozent mehr als ein Jahr zuvor (Mai: +2,6 Prozent). Nahrungsmittel verteuerten sich zwar mit 13,7 Prozent erneut deutlich, allerdings nicht mehr so stark wie im Mai mit 14,9 Prozent. Dienstleistungen kosteten im Schnitt 5,3 Prozent mehr als ein Jahr zuvor (Mai: +4,5 Prozent). Die Teuerungsrate ohne Nahrungsmittel und Energie, oftmals auch als Kerninflation bezeichnet, legte von 5,4 auf 5,8 Prozent zu.

Für die zweite Jahreshälfte rechnen die meisten Analysten mit einer Entspannung bei den Preisen. "Wir werden jetzt noch zwei Monate lang ähnlich hohe Inflationsraten von um die sechs Prozent sehen", sagte LBBW-Ökonom Jens-Oliver Niklasch. "Erst ab September ist die Inflationsrate wieder weniger stark verzerrt und voraussichtlich noch einmal etwas niedriger als aktuell." So dürften sich die gesunkenen Preise für Gas und Öl "zunehmend auch in den Strompreisen widerspiegeln", sagte BayernLB-Chefökonom Jürgen Michels. "Über den Sommer rechnen wir auch mit einem stärkeren Rückgang der Lebensmittelpreise."

Bundeskanzler Olaf Scholz lehnt es strikt ab, im Kampf gegen die Inflation die Mehrwertsteuer auf Lebensmittel oder in anderen Bereichen zu senken - wie etwa in Spanien geschehen, wo die Inflationsrate im zu Ende gehenden Monat auf 1,9 Prozent fiel, den niedrigsten Stand seit mehr als zwei Jahren. "Ich bin nicht Ihrer Meinung, dass eine Senkung der Mehrwertsteuer die Inflation dauerhaft bekämpft. Man muss sie später wieder anheben, dann geht es wieder nach oben", sagte der SPD-Politiker am Mittwochabend in der ARD-Sendung Maischberger. "Deshalb sage ich ausdrücklich: Das ist nicht der Weg, wie das funktioniert." Die Regierung versuche vielmehr, Lieferketten wieder zu sichern und die Energiepreise zu senken. (Reuters)

Mehr zum Thema
article:fokus_txt
DWN
Finanzen
Finanzen Finanzmärkte zum Jahresende: Wie sich Anleger zwischen Rallye und Korrekturgefahr absichern
24.12.2025

Zum Jahresende verdichten sich an den globalen Finanzmärkten die Signale für Chancen, Risiken und mögliche Wendepunkte. Stehen Anleger...

DWN
Politik
Politik Cyberangriff auf Aeroflot: Wie Hacker Russlands Luftverkehr störten
24.12.2025

Ein Cyberangriff brachte die IT-Systeme von Aeroflot binnen Stunden zum Stillstand und zwang den Flugbetrieb in den Notmodus. Welche...

DWN
Politik
Politik Putins neue Gegnerin und ihr Appell an Europa
24.12.2025

Europa ringt mit seiner Haltung gegenüber Russland und der Frage nach Konsequenz und Abschreckung. Wie sollte der Westen mit einem Kreml...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Handwerkspräsident: "Demokratie muss nun liefern"
24.12.2025

Die Stimmung im deutschen Handwerk ist angespannt, die Wirtschaft schwächelt seit Jahren. Jörg Dittrich, Präsident des Zentralverbands...

DWN
Politik
Politik DWN-Jahresrückblick 2025: Schulden, Krieg, KI – und Europas Zerreißprobe
24.12.2025

Schulden in Billionenhöhe, neue Kriegsängste, technologische Abhängigkeiten: 2025 hat Gewissheiten zerlegt, die lange als stabil galten....

DWN
Technologie
Technologie The Good City: Die Stadt der Zukunft ist leise, sauber und elektrisch
24.12.2025

Lärm, Abgase, Platzmangel – urbane Probleme kennt jeder. Doch Renault Trucks zeigt: Die Zukunft der Stadt ist elektrisch, leise und...

DWN
Finanzen
Finanzen Ripple XRP: Zwischen ETF-Fantasie und anhaltendem Kursdruck
24.12.2025

Ripple XRP verliert an Boden, während der Kryptomarkt insgesamt vorsichtiger wird. Technische Schwäche, unterschrittene Schlüsselmarken...

DWN
Technologie
Technologie Exponentielles Wachstum durch KI: Chancen und Grenzen für Wirtschaft und Gesellschaft
24.12.2025

Die künstliche Intelligenz entwickelt sich rasant und verändert zunehmend Wirtschaft, Forschung und Gesellschaft. Doch kann dieser...