Japan und Südkorea stellen zugleich positive und negative Rekorde auf. Die Lebenserwartung ist nirgends so hoch wie hier, und in Distrikten wie Okinawa, Japan, leben die ältesten Menschen der Welt. Die Zahl der Rentner steigt somit trotz Anhebungen des Eintrittsalters schnell an, während die Geburtenrate des Landes weit unter dem Bestandserhaltungsniveau verbleibt. Das bedeutet einen Anstieg der Pflegefälle, einen Mangel an Pflegekräften und zudem eine prekäre Situation für viele mittelständische Unternehmen, die ihre offenen Stellen kaum noch besetzen können.
Doch Roboter werden insbesondere in Japan eingesetzt, um den Mangel an jungen Arbeitnehmern auszugleichen. Pflegeroboter, Humanoiden und kleine Helfer, vom Rasenmäher bis zum Essenslieferanten, beleben japanische Straßen, Krankenhäuser, Altenheime und Apartments. Kann die technische Offensive einen drohenden Abstieg der Volkswirtschaft aufhalten?
Kaum Kinder und keine Immigration in Japan
Der Inselstaat verzeichnet seit Jahrzehnten so niedrige Geburtenraten wie kaum ein anderes Land der Welt. Eine Frau bekommt hier im Durchschnitt nur 1,34 Kinder (Stand 2021), während eine Zahl von 2,1 vonnöten wäre, um ein gleichmäßiges Bevölkerungswachstum zu garantieren. Zwar werden weltweit immer weniger Kinder geboten, doch westliche Industriestaaten wie Deutschland versuchen, diesen Nachwuchsmangel mit Immigration wieder auszugleichen.
Ostasien hat sich nie für Einwanderung in einem so großen Stil begeistern können. Vornehmlich der Inselstaat Japan gilt einerseits als führend in der Technologiebranche und andererseits als traditionell einwanderungsskeptisch. So sind über 99 Prozent der japanischen Bevölkerung auch ethnische Japaner, der Anteil an Ausländern ist in den Volkswirtschaften Südostasiens verschwindend gering, ein Umstand, der sich vermutlich nicht so schnell ändern wird.
Es ist nämlich alles andere als sicher, dass Immigration das Problem der Überalterung lösen könnte. Eines der liberalsten Einwanderungsländer der Welt, Deutschland, leidet unter einem grassierenden Fachkräftemangel trotz stetem Bevölkerungszuwachs und weit mehr als 100.000 Zuzüglern pro Jahr. Arbeitskraftbeschaffung durch Grenzöffnung ist ein mäßig erfolgreicher Weg, der in der Bundesrepublik als selbstverständlich erachtet wird, jedoch in den Ländern östlich Berlins wenig Zuspruch findet.
Fachkräftemangel beheben, ohne die Grenzen zu öffnen
So versucht Japan seit einigen Jahren, seine Industrie mit robotischer Hilfe zu stärken. Roboter von Toyota, Panasonic und anderen Herstellern könnten nicht nur in Krankenhäusern, Pflegeeinrichtungen, als Essenslieferanten und als Aushilfskräfte fungieren. Sie könnten der rasant erstarkenden K.I. als selbständig operierende Arbeitskräfte eine physische Komponente verleihen und somit nicht nur Arbeitslücken füllen, sondern etliche Arbeitsplätze besetzen. So gehen Wissenschaftler davon aus, dass in den kommenden Jahren allein 300 Millionen Jobs durch K.I. ersetzt, übernommen und rationalisiert werden könnten, darunter Kellner, Pflegekräfte, Kreativschaffende und mehr.
Roboter werden ihren Teil dazu beitragen, noch mehr Jobs mit physischen Aufgaben zu bereichern. In diesen cyberphysischen Prozessen würden Roboter, K.I. und sogenannte Cobots, die beide Technologien miteinander vereinen, die Wirtschaft dramatisch ankurbeln. So suggerierte ein Paper der Universität Uppsala und der London School of Economics aus dem Jahr 2018, dass der Einsatz von Robotern in Industrienationen eine durchschnittliche Steigerung des BIP von 0,34 Prozent jährlich bewirkt, Tendenz steigend. Die Forscher schließen mit dem Fazit, Roboter könnten heute ähnliche Wachstumsraten bewirken wie Dampfmaschinen im 20. Jahrhundert, insbesondere in Verbindung mit Technologien wie K.I. und Blockchain.
Retten Roboter den Mittelstand?
Doch retten Roboter den Mittelstand tatsächlich? Derzeit scheint eine Pattsituation zwischen Ländern wie Deutschland, die ihren Fachkräftemangel mit Migration angehen, und technologisch orientierten wie Japan, die auf Robotik statt auf menschliche Arbeitskraft setzen, zu herrschen. So rangieren beide Nationen auf dem dritten beziehungsweise vierten Platz der größten Volkswirtschaften weltweit. Doch während eine stete Migration nach Deutschland seit den 1960er Jahren die Alterung und den Bedarf nach Fachkräften nur geringfügig lösen konnte, erobern Roboter in Japan immer mehr Bereiche des alltäglichen Lebens.
So erlebt man in Japan automatische Kellner im Restaurant, selbständig agierende Haushaltsgeräte und Pflegeroboter in Krankenhäusern und Seniorenresidenzen. Diese heben Patienten aus dem Bett, messen den Blutdruck, halten Buch über medikamentöse Einstellungen und führen mittlerweile sogar Gespräche mit den Pflegebedürftigen, um diesen so ein bisschen Gesellschaft zu leisten. Und aus dem Grund sind Roboter, K.I. und Cobots ein essenzieller Bestandteil der japanischen Wirtschaft, welcher in einem atemberaubenden Tempo weiterentwickelt wird. Ob die Rettung des Mittelstands mit dieser Technik funktionieren wird, kann freilich niemand sagen, beabsichtigt ist es aber auf jeden Fall.
Roboter statt Menschen: ein Modell auch für Deutschland?
Deutschland, das in vielen Bereichen noch weit hinter seinen technologischen Möglichkeiten zurückbleibt, fehlen insbesondere die Hilfskräfte, die in Japan immer häufiger durch Roboter ersetzt werden. So rief kürzlich der Berufsverband für Pflegeberufe in Deutschland den größten Pflegenotstand seit 50 Jahren aus. Mindestens 200.000 Vollzeitkräfte müssten jetzt eingestellt werden, um der großen Zahl an Pflegebedürftigen Herr zu werden, Tendenz steigend. Dieser Notstand stellt allerdings nur die Spitze des Eisbergs dar. So wird vermutet, dass bis zum Jahr 2030 über drei Millionen Fachkräfte in Deutschland fehlen könnten.
Gemessen daran, dass allein die K.I. das Hundertfache an Jobs rationalisieren könnte, sollten alle Unternehmen versuchen, nicht nur nach menschlichen, sondern auch nach robotischen Mitarbeitern zu suchen. Neben Bildungsoffensiven und gezielter Anwerbung von Fachkräften aus dem Ausland könnte hier die Chance bestehen, große Lücken auf dem Arbeitsmarkt zu schließen, um den Mittelstand nachhaltig zu stärken.