Politik

Israels Regierung treibt Justizreform voran

Die Proteste in Israel gegen die umstrittene Justizreform der Netanjahu-Regierung reißen nicht ab. Ein Teil der Pläne soll noch innerhalb einer Woche verabschiedet werden. Unterdessen versucht Israels Präsident in den USA zu beschwichtigen.
19.07.2023 17:22
Aktualisiert: 19.07.2023 17:22
Lesezeit: 2 min
Israels Regierung treibt Justizreform voran
Israelische Demonstranten blockieren die Autobahn, um gegen die Pläne der Regierung, das Justizsystem zu reformieren, zu protestieren. (Foto: dpa) Foto: Ilia Yefimovich

Ungeachtet anhaltender Proteste will Israels Regierung einen Teil ihrer umstrittenen Pläne zum Umbau der Justiz zeitnah verabschieden. Die Koalition von Ministerpräsident Benjamin Netanjahu hat dazu am kommenden Sonntag eine Sondersitzung im israelischen Parlament (Knesset) beantragt, wie mehrere israelische Medien am Mittwoch berichteten. Mit der finalen Abstimmung wird jedoch erst am Montagmittag gerechnet.

Zuvor muss der Justizausschuss im Parlament den Gesetzestext noch final billigen und an das Plenum übermitteln. Am Dienstag hatte das Gremium dazu nach tagelangen Beratungen die Abstimmung über mehrere Tausend Vorbehalte aus der Opposition begonnen. Unklar war zunächst, wann diese abgeschlossen sein wird. Am Mittwochmittag wurde die Sitzung zunächst für einige Stunden unterbrochen.

Israels Präsident spricht im US-Kongress

Israels Präsident Izchak Herzog setzte unterdessen seinen Besuch in den USA fort. Am frühen Abend war eine Rede Herzogs anlässlich des 75-jährigen Bestehens Israels vor dem US-Kongress geplant. Er ist nach seinem Vater, Chaim Herzog, der zweite israelische Präsident, der vor dem Kongress spricht.

Am Abend will Herzog dann mit US-Vizepräsidentin Kamala Harris im Weißen Haus zusammenkommen. Es wird erwartet, dass auch das umfassende Gesetzesvorhaben der Netanjahu-Regierung Thema sein wird.

Herzog hatte bereits am Dienstag bei einer Begegnung mit US-Präsident Joe Biden versucht, den wichtigsten Verbündeten zu beruhigen. „Die israelische Demokratie ist solide, stark und unverwüstlich“, sagte Izchak Herzog. Zugleich bezeichnete er die innenpolitische Lage in Israel als „Krise“, aus der er einen Ausweg suche.

Proteste gegen Justizreform dauern an

Am Mittwoch versammelten sich landesweit erneut Hunderte Demonstranten an mehreren Orten, um gegen das Vorhaben zu protestieren. Dutzende Vertreter des Medizinbereichs legten Medien zufolge für rund zwei Stunden ihre Arbeit nieder. Krankenhäuser etwa in Tel Aviv und Haifa beteiligten sich demnach an dem von der Ärztekammer initiierten Warnstreik.

Betroffen war den Berichten nach nur ein Teil der medizinischen Einrichtungen. Einige Demonstranten setzten zudem einen in der Nacht begonnen Protestmarsch von Tel Aviv nach Jerusalem fort. Die Protestbewegung umfasst weite Teile der israelischen Gesellschaft. Insbesondere aus dem Militär nimmt der Druck auf die Regierung massiv zu.

Der Gesetzentwurf ist einer von mehreren Teilen des Vorhabens der rechts-religiösen Netanjahu-Regierung zur Schwächung der unabhängigen Justiz. Den Plänen nach soll es dem Höchsten Gericht nicht mehr möglich sein, Entscheidungen der Regierung oder einzelner Minister als „unangemessen“ zu bewerten.

Zu Jahresbeginn hatten die Richter etwa die Ernennung des Vorsitzenden der Schas-Partei, Arie Deri, zum Innenminister wegen dessen krimineller Vergangenheit als „unangemessen“ eingestuft. Daraufhin musste Netanjahu seinen Vertrauten entlassen.

Beobachter erwarten, dass die Koalition dies mit dem neuen Gesetz wieder rückgängig machen will. Kritiker befürchten zudem, dass es zu willkürlichen Entlassungen von Gegnern der Regierungspolitik in entscheidenden Positionen kommen könnte.

Mehr zum Thema
article:fokus_txt
Anzeige
DWN
Finanzen
Finanzen MTS Money Transfer System – Sicherheit beginnt mit Eigentum.

In Zeiten wachsender Unsicherheit und wirtschaftlicher Instabilität werden glaubwürdige Werte wieder zum entscheidenden Erfolgsfaktor....

DWN
Finanzen
Finanzen Finanzstabilitätsbericht 2025: Bundesbank warnt vor wachsenden Risiken für Banken
06.11.2025

Insgesamt stehen Deutschlands Banken gut da. Doch es gibt reichlich Risiken. Und bisweilen werden sie unterschätzt, warnt die Bundesbank.

DWN
Politik
Politik Brics-Europa-Symposium: AfD-Politiker reisen nach Russland
06.11.2025

AfD-Abgeordnete reisen zu einer Konferenz nach Russland. Dabei kommt es vielleicht auch zu einem Treffen mit Ex-Präsident Medwedew. Die...

DWN
Panorama
Panorama Uhrmacherhandwerk: Schwarzwälder wollen Kuckucksuhr als Kulturerbe schützen
06.11.2025

Die Kuckucksuhr feiert ihren 175. Geburtstag – doch die Branche steht vor Herausforderungen. Warum Hersteller jetzt auf mehr Schutz und...

DWN
Finanzen
Finanzen Schufa Auskunft: Wie lange darf die Schufa Zahlungsprobleme speichern?
06.11.2025

Der Schufa-Score soll Unternehmen helfen, die Kreditwürdigkeit ihrer Kunden einzuschätzen. Aber wie lange dürfen die Daten gespeichert...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft OECD schlägt Alarm: Zu wenig Tempo beim Klimaschutz
06.11.2025

Die Industriestaatenorganisation warnt: Die Welt ist nicht auf Kurs, um ihre Klimaziele zu erreichen. Welche Konsequenzen drohen, wenn...

DWN
Immobilien
Immobilien Wohnungsbau: Regierung reaktiviert Neubauförderung mit 800 Millionen Euro
06.11.2025

Für bestimmte Neubauprojekte gibt es nun wieder Fördergeld. Welche Bedingungen Bauherren erfüllen müssen – und warum viele genehmigte...

DWN
Immobilien
Immobilien Dachausbau: Wie sich das verborgene Potenzial nutzen lässt
06.11.2025

Die Umgestaltung von Dachböden in Wohnräume ist eine der günstigsten Methoden, um neue Wohnfläche zu gewinnen.

DWN
Finanzen
Finanzen Rheinmetall-Aktie im Plus: Trotz starker Quartalszahlen und Rekordaufträgen bleiben Risiken
06.11.2025

Rheinmetall überzeugt mit starken Quartalszahlen und rekordhohen Aufträgen – doch Lieferverzögerungen und Investitionen belasten die...