Unternehmen

Globale Wirtschaft steht vor weiterem Abschwung

Lesezeit: 2 min
05.08.2023 11:46  Aktualisiert: 05.08.2023 11:46
Mehrere entscheidende Branchen senden Warnsignale für die Weltkonjunktur. Eine Erholung ist nicht in Sicht. Der Welthandel geht bedrohlich zurück.

Mehr zum Thema:  
Benachrichtigung über neue Artikel:  

Schifffahrt, Werbung, Personal - schlechte Nachrichten aus wichtigen Wirtschaftszweigen lassen für die Konjunktur insgesamt nichts Gutes erwarten. Die jüngsten Ergebnisse der Großreederei Maersk, des Personalvermittlers Adecco und des weltgrößten Werbekonzerns WPP deuten darauf hin, dass eine wirtschaftliche Erholung noch länger auf sich warten lässt. Die von den drei Firmen repräsentierten Branchen gelten als wichtige Indikatoren für den Zustand der Wirtschaft - wenn nun der weltweite Schiffsverkehr stärker zurückgeht als bislang erwartet, die Nachfrage nach Arbeitskräften sinkt und große Unternehmen weniger Geld für Werbung ausgeben, dürfte das Hoffnungen auf eine rasche Erholung dämpfen.

"Es stimmt, die allgemeine konjunkturelle Situation ist nicht die beste", sagte Adecco-Chef Denis Machuel. Die Firmen seien mit dem Personalaufbau zurückhaltender, und auch die Kandidaten seien auf der Hut. "Wenn es draußen kalt ist, bleibt man zuhause." In den meisten Geschäftsbereichen spürt Adecco die Abkühlung zu spüren - deutlich mehr Umsatz erwirtschaftete das Unternehmen lediglich damit, die Menschen in neue Jobs zu vermitteln, die zuvor von ihren Firmen aussortiert wurden.

Als einer der wichtigsten Indikatoren für die Wirtschaft gilt der Welthandel: Wenn es gut läuft, werden mehr Güter über die Ozeane transportiert. Branchenriese Maersk rechnet nun aber mit einem Rückgang des Containerverkehrs um bis zu 4 Prozent - zuvor war noch von höchstens 2,5 Prozent die Rede. Das Unternehmen steht für ungefähr ein Sechstel des weltweiten Containerverkehrs und befördert Konsumgüter von Unternehmen wie Walmart, Nike oder Unilever.

Die hohe Inflation in vielen Ländern lastet auf der Kaufkraft, viele Verbraucher müssen sparen und verzichten deswegen auf die eine oder andere Anschaffung. In Deutschland etwa liegt das Konsumklima-Barometer tief im negativen Bereich. "Das Niveau wird in den kommenden Monaten niedrig bleiben", sagt GfK-Experte Rolf Bürkl. "Der private Konsum wird demnach keinen positiven Beitrag zur gesamtwirtschaftlichen Entwicklung leisten können."

Darauf deutet auch die Werbewirtschaft hin: Der weltweite Marktführer WPP verspürt eine Zurückhaltung der US-Tech-Konzerne. Das sei für das Unternehmen überraschend gekommen, sagte WPP-Chef Mark Read: "Die Ausgaben werden mit der Zeit wieder steigen, aber wir sind für den Rest des Jahres nervös, weil wir keine Klarheit erhalten, wie es weitergeht." Seine Wachstumsprognose schraubte WPP auf 1,5 bis drei Prozent herunter von drei bis fünf Prozent. Unternehmen sparen häufig als erstes am Marketing, wenn ihr Geld knapp wird.

In vielen wichtigen Regionen der Welt stehen die Zeichen auf Abschwung angesichts der hohen Inflation, steigender Zinskosten und teurerer Materialien. Die Ratingagentur Fitch erwartet für die weltgrößte Volkswirtschaft USA zum Jahreswechsel eine Rezession – und nannte das als einen Grund dafür, den USA die begehrte Top-Bonitätsnote AAA zu entziehen.

Nicht viel besser sieht es in Europas größter Volkswirtschaft aus: Deutschland ist zuletzt drei Quartale in Folge nicht gewachsen. Der Ifo-Geschäftsklimaindex als wichtigster Frühindikator sank im Juli bereits den dritten Monat in Folge. "Ich erwarte nach wie vor, dass die deutsche Wirtschaft in der zweiten Jahreshälfte schrumpfen wird", sagt Commerzbank-Chefvolkswirt Jörg Krämer.

Auch Asiens größte Volkswirtschaft China dürfte sich nicht als Rettungsanker für die Weltkonjunktur erweisen. Rekordjugendarbeitslosigkeit, Immobilienkrise und eine enorme Verschuldung sprechen dagegen. Die chinesische Industrie hat zudem einen Fehlstart in die zweite Jahreshälfte hingelegt: Der Einkaufsmanagerindex sank im Juli um 1,3 auf 49,2 Punkte. Das Barometer liegt damit erstmals seit April wieder unter der Marke von 50, ab der es Wachstum signalisiert. "Sinkende Auftragseingänge, trübe Beschäftigungsaussichten und hohe Lagerbestände deuten auf eine gedämpfte Industrietätigkeit in den kommenden Monaten hin", sagt Analyst Shivaan Tandon von Capital Economics. (Reuters)

 


Mehr zum Thema:  

 

DWN
Unternehmen
Unternehmen Neue Verträge: Nach dem KaDeWe sind auch Oberpollinger und Alsterhaus gerettet
26.07.2024

Die berühmten Flaggschiffe der deutschen Warenhäuser scheinen nach der Pleite des Immobilien-Hasardeurs René Benko endlich gerettet zu...

DWN
Politik
Politik Ukraine-Hilfsgelder von Russland: EU gibt Erträge aus dem eingefrorenen Vermögen frei
26.07.2024

Die Europäische Union hat jetzt die ersten Zinserträge aus dem im Westen eingefrorenem russischen Staatsvermögen freigegeben. Die...

DWN
Politik
Politik Der Chefredakteur kommentiert: Islamisches Zentrum Hamburg - ein längst überfälliges Verbot, Frau Faeser!
26.07.2024

Liebe Leserinnen und Leser, jede Woche gibt es ein Thema, das uns in der DWN-Redaktion besonders beschäftigt und das wir oft auch...

DWN
Politik
Politik Bundeskanzler Scholz zu irregulärer Migration: „Die Zahlen müssen runter“
26.07.2024

Erwerbsmigration nach Deutschland sei erwünscht, meint der Kanzler. Problematisch findet er unerlaubte Einreisen. Eine Innenexpertin der...

DWN
Panorama
Panorama ADAC warnt: Es droht schlimmstes Stau-Wochenende der Saison
26.07.2024

Wer nun in den Urlaub fährt, sollte etwas mehr Zeit einplanen und mitunter starke Nerven haben. Der ADAC rechnet mit vielen Staus. Lassen...

DWN
Politik
Politik Außenministerin Baerbock: Seegerichtshof in Hamburg wird an Bedeutung gewinnen
26.07.2024

In Hamburg informiert sich die Außenministerin bei ihrer Sommerreise über die Arbeit des Internationalen Seegerichtshofs. Anschließend...

DWN
Finanzen
Finanzen EZB nach Stresstest: Banken haben Verbesserungsbedarf bei Cyber-Angriffen
26.07.2024

Seit der Finanzkrise 2008 wird genauer hingeschaut bei den Banken. Im Euroraum müssen sich die Institute nach Einschätzung der...

DWN
Politik
Politik Verfassungsschutz weist auf russische Sabotageversuche hin
26.07.2024

Der deutsche Inlandsgeheimdienst beobachtet schon länger verstärkte russische Geheimdienstaktivitäten. Neue Hinweise veranlassen ihn...