Die deutschen Autohersteller bewerten ihren Auftragsbestand so niedrig wie seit zweieinhalb Jahren nicht mehr. Das entsprechende Barometer brach im Juli auf 19,5 Punkte ein, von 56,5 Zählern im Juni, wie das Münchner Ifo-Institut am Donnerstag zu seiner monatlichen Unternehmensumfrage mitteilte. Das ist der niedrigste Wert seit Januar 2021. Die Hersteller beurteilen ihren Auftragsbestand damit „auffallend zurückhaltend“, so das Fazit des Instituts. Nach Daten des Verbandes der Automobilindustrie (VDA) gingen bei den deutschen Herstellern von Januar bis Juli acht Prozent weniger Aufträge ein. Dabei ging die Inlandsnachfrage mit einem Minus von 25 Prozent im ersten Halbjahr viel stärker zurück als Bestellungen aus dem Ausland, die per Ende Juli um fünf Prozent zurückgingen.
„Allerdings ist ein Rückgang in der Auftragsbewertung auch nicht ganz überraschend, war die Branche doch mit einem Auftragsstau ins Jahr 2023 gestartet, der nun dank verbesserter Lieferketten abgebaut wird“, sagte die Fachreferentin am Ifo-Zentrum für Industrieökonomik und neue Technologien, Anita Wölfl. Den Unternehmen fehlte es zeitweise beispielsweise an Halbleitern, weshalb viele Bestellungen nicht oder nur verzögert abgearbeitet werden konnten.
Pessimistisch in die Zukunft
Die deutschen Autohersteller und ihre Zulieferer schätzen zu Beginn der zweiten Jahreshälfte ihre aktuelle Geschäftslage schlechter ein. Dieses Barometer sank im Juli auf 23,6 Punkte, nach 27,1 Zählern im Juni. „Bei den Autobauern und ihren Zulieferern schwächeln aktuell die Aufträge“, sagte Wölfl. „Angesichts der weiterhin bestehenden Unsicherheit auf den globalen Märkten bleiben auch die Erwartungen der Autoindustrie für die kommenden Monate auf einem niedrigen Niveau.“
Die deutsche Automobilindustrie rechnet wegen abflauender Lieferprobleme mit höheren Zuwächsen in diesem Jahr als bisher, blickt aber weiter pessimistisch in die Zukunft. Für den europäischen Automarkt werde nun mit einem Wachstum von neun Prozent auf knapp 12,3 Millionen Fahrzeuge gerechnet, erklärte der VDA kürzlich. Zuvor war der Verband von einem Verkaufsplus von sieben Prozent ausgegangen. „Auch wenn wir ein Produktionsplus sehen, ist dies kein Zeichen für Entspannung“, warnte VDA-Präsidentin Hildegard Müller. Produziert wurden bis Juli mit 2,5 Millionen Fahrzeugen 31 Prozent mehr als im Vorjahreszeitraum, das waren elf Prozent weniger als das Niveau von 2019, vor Ausbruch der Corona-Pandemie. Der Absatz blieb noch gut ein Fünftel unter dem Volumen von 2019.