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Mitarbeiterbindung – worauf kommt es an?

Lesezeit: 5 min
10.08.2023 10:22  Aktualisiert: 10.08.2023 10:22
Der Fachkräftemangel fordert von Unternehmen neue Wege, um Mitarbeiter an ihr Unternehmen zu binden. Nur finanzielle Anreize reichen nicht mehr aus.
Mitarbeiterbindung – worauf kommt es an?
Mitarbeiter von Mercedes montieren einen Motor. (Foto: dpa)
Foto: Bernd Weißbrod

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Der Fachkräftemangel in Deutschland bringt die Mitarbeiterbindung auf den Prüfstand. Erfolg und Wachstum hängen davon ab, wie fähig ein Unternehmen ist, seine talentierten und erfahrenen Mitarbeiter langfristig an sich zu binden. Dabei muss einer veränderten Arbeitswelt seit den Coronavirus-Restriktionen Rechnung getragen werden. Auch das Thema Work-Life Balance gewinnt immer mehr an Bedeutung. Unternehmen müssen innovative Ansätze entwickeln, um ihre Mitarbeiter zu begeistern und langfristig zu binden. Faktoren wie eine angemessene Vergütung, Karriereentwicklungsmöglichkeiten, ein positives Arbeitsumfeld, Anerkennung und Wertschätzung der Mitarbeiter sowie ein ausgewogenes Verhältnis zwischen Arbeit und Freizeit spielen eine entscheidende Rolle.

Aufgrund der Relevanz der Thematik, hat das Achievers Workforce Institute aktuell das Thema Motivation und Mitarbeiterbindung näher untersucht. Laut ihren Erkenntnissen sollten Mitarbeiter mindestens eine Anerkennung pro Monat erhalten. Die Untersuchungen des Instituts zeigen, dass Mitarbeiter, die berichten, dass sie mindestens einmal im Monat Anerkennung erfahren haben, auch überdurchschnittlich oft engagiert und produktiv bei der Arbeit sind. Doch nicht nur das; Mitarbeiter, die von ihren Vorgesetzten regelmäßig Anerkennung erfahren, geben mit größerer Wahrscheinlichkeit an, dass sie auch andere häufig anerkennen. Der Effekt multipliziert sich demnach und kann so zu einer Anerkennungskultur im Unternehmen beitragen. Den Führungskräften obliegt hierbei eine entscheidende Verantwortung, da sie durch ihre Feedbackkommunikation den größten Einfluss auf das Unternehmen haben.

Ein guter Vorgesetzter kennt seine Mitarbeiter

„Ein guter Vorgesetzter braucht neben fachlicher Kompetenz vor allem emotionale Intelligenz. Er oder sie sollte erkennen können, wie es dem Gegenüber geht und ein gutes Gefühl für die Beziehungsebene entwickeln. Emotionale Intelligenz ist zudem besonders wichtig, um Menschen begeistern und motivieren zu können“, sagt Jonas Gößing, Gründer und Geschäftsführer der flowkey GmbH, einem der weltweit führenden Anbieter von Apps zum Musiklernen.

Sich anerkannt zu fühlen, hilft den Mitarbeitern eine hohe Arbeitsbelastung oder ein Gehalt, das unter den Erwartungen liegt, aufzuwiegen. Zwei Drittel (64 %) gaben an, dass dies ihre Lust an der Suche nach einem neuen Arbeitsplatz verringern würde. Mehr als die Hälfte (54 %) sagten, dass es die Auswirkungen eines Gehalts, das unter ihren Erwartungen liegt, kompensieren würde. Ganz gleich, ob ein Unternehmen einen Einstellungsstopp verhängt, Gehälter nicht erhöht oder Entlassungen durchführt, Anerkennung ist ein wichtiges Instrument, um negative Auswirkungen auf die Mitarbeiter auszugleichen. Bei den Ergebnissen machte es keinen signifikanten Unterschied, ob der Mitarbeiter offline, vor Ort, hybrid oder remote tätig war. Das Gefühl der Anerkennung wirkt sich positiv auf die Produktivität, dass Engagement am Arbeitsplatz und die Arbeitsmoral aus, unabhängig von wo aus der Mitarbeiter arbeitet.

Unternehmenstreue sollte honoriert werden

Eine positive Unternehmenskultur, die von der Unternehmensleitung und dem Management gelebt und entwickelt werden muss, sieht bei Gößling wie folgt aus: „Bei flowkey sind 33 Urlaubstage Standard, also schon mehr als üblich. Nach zwei Jahren im Unternehmen sind es 34, 35 nach drei Jahren - und so weiter, bis zu 37 Urlaubstage nach fünf Jahren. Eine weitere Maßnahme ist bei uns die Gewinnbeteiligung. Wir schütten 15% des Gewinns ans Team aus und die anteilige Summe steigt, je länger man im Unternehmen ist.“ Mit diesen Maßnahmen soll es sich lohnen für die Mitarbeiter möglichst lange im Unternehmen zu bleiben, ist der Gedanke des Geschäftsführers dahinter.

Mobilität und Homeoffice-Optionen erleichtern heutzutage den schnellen Wechsel des Arbeitsplatzes. War es früher normal sein ganzes Leben in einem Unternehmen zu bleiben, ist es heute eher unüblich. Daten von Statista zeigen, dass 66 Prozent der Befragten bereits 1–5-mal in ihrem Leben den Job bereits gewechselt haben. Gestützt werden diese Zahlen durch eine Studie von Stepstone. Sie fand heraus, dass deutsche Arbeitnehmer durchschnittliche alle vier Jahre in ein anderes Unternehmen wechseln. Die Häufigkeit hängt von Faktoren ab, wie Alter, der Berufserfahrung und der Branche. Zu den häufigsten Wechslern gehören IT-Experten. Doch mit jedem Wechsel verlassen auch wichtige Kenntnisse das Unternehmen, weiß Gößling. „Langjährige Mitarbeiter sind sehr wertvoll, denn sie haben viel Wissen über die Abläufe, Organisation und Entscheidungswege im Unternehmen. Zudem haben sie häufig ein enges Vertrauensverhältnis zu ihren Kollegen und zur Führung aufgebaut und sprechen dadurch auch unangenehme Themen offen und ehrlich an. Dadurch leisten sie einen großen Beitrag zur Unternehmenskultur.“ Treue zum Unternehmen sollte daher seiner Meinung nach auch stärker honoriert werden. Langjährigen Angestellten könnten, so Gößling beispielsweise Vorteile durch Sabbaticals, mehr Urlaubstage oder zusätzliche Gehaltskomponenten geboten werden.

Flexible Arbeitszeiten haben einen Mehrwert für Angestellte

Mittlerweile ist die Mitarbeiterbindung zu einem relevanten Thema in vielen Unternehmen geworden, da erkannt wurde, dass es nicht genügt nur monatlich eine vereinbarte Summe auf das Konto der Angestellten zu überweisen. Neben attraktiven Gehaltsentwicklungen muss heutzutage viel mehr geboten werden, um die Mitarbeiter zu halten. Weiterbildungsmöglichkeiten, flexible Arbeitszeiten, Home-Office Möglichkeiten und großzügige Urlaubszeiten spielen eine ebenso wichtige Rolle. Eine gute Work-Life-Balance ist für viele zunehmend wichtiger als ein hohes Gehalt. Die Gehaltsstudie von kununu von 2022 hat dabei herausgefunden, dass es Benefits gibt, die besonders gefragt sind. Auf den vorderen Plätzen landen Coaching-Möglichkeiten, Events für Mitarbeiter, flexible Arbeitszeiten sowie die Möglichkeit der aktiven Beteiligung für Angestellte. Das Image Ihres Unternehmens, die interne Kommunikation und das Vorgesetztenverhalten zählen zu den Schlüsselaspekten bei den Befragten. Weniger relevant hingegen ist der Zusammenhalt unter Kollegen und Kolleginnen, der Umgang mit Älteren und die Arbeitsatmosphäre. Die Studie basiert auf insgesamt 2,8 Mio. Bewertungen von Arbeitnehmer und Arbeitnehmerinnen aus Deutschland, Österreich und der Schweiz.

Homeoffice oder Office?

Die Unternehmenskultur entscheidet wie bereits gesagt, über den langfristigen Erfolg eines Unternehmens. Seit der Pandemie hat sich vieles in den Unternehmen verändert. Homeoffice ist bei vielen zu einem festen Bestandteil Ihrer Arbeit geworden. Dabei befürchten immer noch Arbeitgeber, dass die Loyalität der Beschäftigten gegenüber dem Unternehmen mit zunehmenden Anteil der Heimarbeit leide. „Wenn Menschen zu viel im Home-Office sind, verlieren sie die Bindung zu ihrem Team und werden unglücklich im Job“, weiß Gößling. „Gar kein Home-Office anzubieten, geht jedoch auch nicht, denn die Flexibilität ist für viele wichtig und für bestimmte Aufgaben ist die Ruhe und Konzentration im Home-Office förderlich. Bei uns kommen die Mitarbeiter im Schnitt zwei bis drei Tage pro Woche ins Büro. Es gibt aber auch welche, die deutlich seltener kommen. Wir haben keine feste Regel zum Home-Office, aber sprechen sehr regelmäßig mit allen Teamleads über das Thema und jedes Team sollte sich mindestens einmal im Monat für einen ganzen Tag treffen. Zusätzlich haben wir mehrmals im Jahr Unternehmensevents und zwei mehrtägige Retreats bzw. Strategie-Workshops, wo alle zusammenkommen“, beschreibt Gößling die Handhabung mit dem Thema in seinem Unternehmen.

Damit liegt er im Trend der Zeit. Auch 2023 wollen drei Viertel der Beschäftigten, die das Arbeiten zu Hause in Corona-Zeiten kennengelernt haben, laut einer Studie der Hans-Böckler-Stiftung auch weiterhin wenigstens teilweise im Homeoffice tätig sein. Nur ein kleiner Anteil von 15 Prozent sagt, dass ihren Vorgesetzten Anwesenheit sehr wichtig sei. Vor der Pandemie waren es noch 60 Prozent. Die Formalisierung der mobilen Arbeit ist eine wichtige Voraussetzung, um die Nachteile dieser Arbeitsform abzufedern. So fanden die Forscher heraus, dass wenn Homeoffice vertraglich geregelt ist, deutlich mehr Arbeitnehmer (46 Prozent) gute Erfahrungen damit machen, ohne vertragliche Regelung – etwa bei informellen Absprachen – sind es 32 Prozent. Betriebsvereinbarungen und ein gesetzliches Recht auf Homeoffice könnten dabei helfen, dass Beschäftigte eine bessere Work-Life-Balance erleben.

 

                                                                            ***

Sofia Delgado ist freie Journalistin und arbeitet seit 2021 in Stuttgart, nachdem sie viereinhalb Jahre lang in Peking gelebt hat. Sie widmet sich gesellschaftskritischen Themen und schreibt für verschiedene Auftraggeber. Persönlich priorisiert sie die Themen Umweltschutz und Nachhaltigkeit, als dringendste Herausforderung für die Menschheit.

 


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