Unternehmen

Für einen Euro: Heineken kehrt Russland den Rücken

Heineken verkauft seine Brauereien in Russland für einen symbolischen Euro. Die Entscheidung koste den Konzern voraussichtlich rund 300 Millionen Euro. Für viele weitere westliche Unternehmen kann der Rückzug aus Russland sogar noch teurer kommen.
27.08.2023 19:02
Aktualisiert: 27.08.2023 19:02
Lesezeit: 2 min

Der Brauer Heineken verlässt endgültig den russischen Markt. Heineken sei froh, die lange und komplexe Suche nach einem Käufer abgeschlossen und Russland verlassen zu haben, sagte Konzern-Chef Dolf van den Brink am Freitag. Der niederländische Brauereiriese habe seine Aktivitäten in Russland für einen symbolischen Euro an die dort heimische Arnest Group abgetreten und den bereits nach der russischen Invasion der Ukraine im März 2022 angekündigten Rückzug damit vollendet. Die Entscheidung koste den Konzern voraussichtlich rund 300 Millionen Euro.

Heineken hatte in Russland sieben Standorte mit rund 1500 Beschäftigten betrieben. Konkurrent Carlsberg hat dagegen mit Problemen zu kämpfen: Russland hat dessen Anteil an einem heimischen Brauer per Federstrich unter Staatsverwaltung gestellt.

Kampf um Preise

Zahlreiche westliche Firmen haben Russland verlassen – auch nachdem der Westen mit Sanktionen belegt hatte. Aus Deutschland hatte sich unter anderem der Düsseldorfer Henkel-Konzern von seinen Aktivitäten getrennt. Für westliche Firmen könnte der bereits komplexe Rückzug aus Russland künftig aber noch schwerer werden. Denn die russischen Behörden drängen Unternehmen, ihre zum Verkauf gestellten Aktivitäten mit weiteren deutlichen Abschlägen zu bewerten, sagten mehrere Insider der Nachrichtenagentur Reuters. Die geforderten zusätzlichen Wertminderungen könnten bis zu 30 Prozent betragen, sagte eine mit dem Vorgang vertraute Person.

Für die dort verbliebenen Konzerne könnte der Rückzug aus Russland damit noch teurer werden, wird doch bisher schon ein Abschlag von 50 Prozent vorgenommen. Das russische Finanzministerium erklärte, es übe keinen Druck aus, um Preise zu drücken. Doch könne sich das Preisschild für Aktivitäten ändern, wenn diese nicht korrekt bewertet worden seien. So hält Mercedes-Benz als Erbe des Vorgängerkonzerns Daimler noch einen Anteil von 15 Prozent am russischen Nutzfahrzeughersteller Kamaz. Der Autobauer strebe an, den Anteil baldmöglichst zu veräußern und prüfe dazu ständig seine Handlungsoptionen, sagte eine Mercedes-Sprecherin.

Uniper mit Vorwürfen gegen Russland

Unter anderem die italienische Großbank Intesa verhandelt derzeit die Bedingungen für ihren Marktaustritt in Russland. Die österreichische Raffeisen Bank International (RBI) prüft seit Monaten Optionen für einen Ausstieg wie einen Verkauf oder eine Abspaltung des Geschäfts. Der verstaatlichte Düsseldorfer Energiekonzern Uniper hatte nach eigenen Angaben 2022 eine Vereinbarung zum Verkauf seiner russischen Tochter Unipro an einen inländischen Käufer vereinbart, aber keine Freigabe bekommen. Das Unternehmen prüft, dagegen rechtlich vorzugehen.

Uniper hat Russland vorgeworfen, den Verkauf seiner dortigen Geschäfte zu blockieren. „In den letzten Monaten hat sich gezeigt, dass die russische Regierung nicht gewillt ist, bestimmten Unternehmen, darunter auch Uniper, zu ermöglichen, seine Investments in Russland zu veräußern“, sagte ein Uniper-Sprecher am Freitag der Nachrichtenagentur Reuters auf Anfrage. Das Gegenteil sei der Fall. Im Frühjahr sei die Tochter Unipro unter Zwangsverwaltung gestellt worden. Dadurch würden Uniper die grundlegenden Eigentumsrechte an ihrer Beteiligung entzogen. „Uniper prüft alle Möglichkeiten, gegen diese Handlungen Russlands rechtlich vorzugehen.“

Im Verkaufsverfahren hatte Uniper nach eigenen Angaben Interessensbekundungen von mehreren Parteien erhalten und im Jahr 2022 einen Vertrag über den Verkauf der Beteiligung an Unipro unterzeichnet. Ein erfolgreicher Verkauf hänge jedoch von der Genehmigung durch die Russische Föderation ab.

Im Schiedsgerichtsverfahren gegen Gazprom Export wegen der im vergangenen Jahr gestoppten Gaslieferungen erwarte Uniper eine Entscheidung im nächsten Jahr, fügte der Sprecher hinzu.

Es gibt aber auch westliche Firmen, die Russland nicht verlassen wollen. Dazu gehört etwa der Großhändler Metro.

Mehr zum Thema
article:fokus_txt
Anzeige
DWN
Finanzen
Finanzen Gold als globale Reservewährung auf dem Vormarsch

Strategische Relevanz nimmt zu und Zentralbanken priorisieren Gold. Der Goldpreis hat in den vergangenen Monaten neue Höchststände...

 

 

X

DWN Telegramm

Verzichten Sie nicht auf unseren kostenlosen Newsletter. Registrieren Sie sich jetzt und erhalten Sie jeden Morgen die aktuellesten Nachrichten aus Wirtschaft und Politik.
E-mail: *

Ich habe die Datenschutzerklärung gelesen und erkläre mich einverstanden.
Ich habe die AGB gelesen und erkläre mich einverstanden.

Ihre Informationen sind sicher. Die Deutschen Wirtschafts Nachrichten verpflichten sich, Ihre Informationen sorgfältig aufzubewahren und ausschließlich zum Zweck der Übermittlung des Schreibens an den Herausgeber zu verwenden. Eine Weitergabe an Dritte erfolgt nicht. Der Link zum Abbestellen befindet sich am Ende jedes Newsletters.

DWN
Unternehmen
Unternehmen Homeoffice im Ausland: Was erlaubt ist – und was nicht
24.06.2025

Homeoffice im Ausland klingt verlockend: Laptop auf, WLAN an, Meeresblick inklusive. Doch die rechtlichen Fallstricke sind zahlreich –...

DWN
Finanzen
Finanzen Goldpreis-News: Waffenstillstand im Nahen Osten drückt auf den Gold-Kurs
24.06.2025

Der Goldpreis gerät nach einer überraschenden geopolitischen Entspannung stark unter Druck. Anleger reagieren nervös, Märkte...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Ifo Studie: Unternehmensstimmung klettert auf Jahreshoch
24.06.2025

Die wirtschaftliche Stimmung in Deutschland hellt sich weiter auf. Das Ifo-Geschäftsklima – das wichtigste Konjunkturbarometer der...

DWN
Politik
Politik Schlupflöcher für Putin: EU-Plan gegen russisches Gas unter Beschuss
24.06.2025

Die EU will russisches Gas bis 2027 verbieten. Doch geheime Schlupflöcher könnten Moskau weiter Milliarden sichern – und Europas...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft E-Auto Prämien: Sozial gestaffelte Zuschüsse für Klimaschutz und Gebäudesanierung
24.06.2025

Das Umweltbundesamt (UBA) fordert in seiner aktuellen Empfehlung eine Neuausrichtung der Klimaschutzmittel: Neben einkommensabhängigen...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Investitionspaket beschlossen: Bund und Länder einigen sich auf Steuererleichterungen für Wirtschaft
24.06.2025

Bund und Länder haben eine Einigung über das geplante Investitionspaket erzielt, das der deutschen Wirtschaft neue Wachstumsimpulse geben...

DWN
Politik
Politik Waffenruhe zwischen Iran und Israel: Trump erklärt Nahost-Konflikt für beendet
24.06.2025

US-Präsident Trump verkündet Waffenruhe zwischen Iran und Israel. Nach schweren Angriffen könnte der Zwölftagekrieg beendet sein. Was...

DWN
Politik
Politik Nato-Gipfel: Den Haag wird zur Festung - Sorge vor digitaler Sabotage
24.06.2025

Die Niederlande erwarten die Staats- und Regierungschefs der Nato-Staaten – auch US-Präsident Donald Trump. Wegen der hochkarätigen...