Politik

Mutmaßlicher Anschlag sorgt für Zugausfälle zwischen Hamburg und Berlin

In der Nacht zu Freitag brannten mehrere Kabelschächte an Bahnstrecken in Hamburg. Die Folgen sind gravierend. Die Polizei ermittelt wegen Brandstiftung.
08.09.2023 17:21
Aktualisiert: 08.09.2023 17:21
Lesezeit: 2 min
Inhalt wird nicht angezeigt, da Sie keine externen Cookies akzeptiert haben. Ändern..
Mutmaßlicher Anschlag sorgt für Zugausfälle zwischen Hamburg und Berlin
Nach mutmaßlicher Brandstiftung stehen auf dem Hamburger Hauptbahnhof zahlreiche Fahrgäste. (Foto: dpa) Foto: Gregor Fischer

Ein mutmaßlicher Brandanschlag in Hamburg hat den Fernverkehr der Deutschen Bahn zwischen Hamburg und Berlin schwer beeinträchtigt. Ausgerechnet kurz vor dem Wochenende, wenn viele Pendler unterwegs sind, fielen zwischen den beiden Millionenstädten mehr als ein Dutzend Züge aus. Das ganz große Chaos an den Hauptbahnhöfen in Hamburg und Berlin blieb allerdings aus. Die schlechte Nachricht für alle Reisenden: Eine Wiederaufnahme des regulären Verkehrs zwischen Hamburg und Berlin ist voraussichtlich erst im Laufe des Samstagmorgens möglich.

In der Nacht zu Freitag wurden der Polizei zufolge an drei Stellen im Hamburger Stadtgebiet Kabelschächte an Bahnstrecken in Brand gesetzt. «Das LKA 73 geht von vorsätzlichen Brandlegungen aus und hat die Ermittlungen aufgenommen», hieß es. Die Ermittler gehen von einem politischen Motiv aus. Auf der linken Plattform Indymedia tauchte ein Bekennerschreiben auf. Bundesverkehrsminister Volker Wissing (FDP) forderte ein konsequentes Durchgreifen des Rechtsstaats. «Solche Anschläge sind eine Form von Terrorismus», sagte Wissing.

Ausfälle im Nah- und Fernverkehr

Bereits bis zum frühen Nachmittag fielen der Deutschen Bahn zufolge 30 Züge komplett oder teilweise aus. Viele weitere sammelten auf ihrem Weg reichlich Verspätung. Die Fernverkehrszüge wurden teilweise über Uelzen umgeleitet. Alternativ mussten die Fahrgäste Verbindungen mit Umstieg in Hannover nehmen. Auch Nahverkehrsverbindungen sowie der Fernverkehr zwischen Hamburg und Rostock waren von den Anschlagsfolgen betroffen.

Fahrgäste beklagen schlechte Information

An den Hauptbahnhöfen in Hamburg und Berlin war die Stimmung durchwachsen. Viele Reisende harrten dort aus und warteten auf jene Züge, die trotz aller Probleme noch fahren konnten. «Natürlich bin ich genervt, aber es nützt ja nichts, mir den Tag mit schlechter Laune zu verderben. Die Bahn kann ja nichts dafür, das macht es einfacher», sagte etwa ein 33-Jähriger in Berlin. Viele beklagten, dass die Organisation und Information vonseiten der DB nicht gut war.

Andere Reisende wiederum wichen auf andere Reisemöglichkeiten aus. «Wir sehen zwischen Hamburg und Berlin eine erhöhte Nachfrage nach Flixbus-Tickets», sagte ein Flix-Sprecher der dpa. Auch die Autovermietungen berichteten von größerer Nachfrage.

Fahrgäste können andere Züge nutzen

Bei größeren Verspätungen oder Zugausfällen haben Bahnreisende bestimmte Rechte. Sie können etwa ihre Fahrkarte zu einem anderen Zeitpunkt und auch über eine andere Streckenführung zum Ziel nutzen oder sich den Ticketpreis erstatten lassen. Auch auf Mahlzeiten und Erfrischungen können sie je nach Wartezeit pochen. Darauf wies die Bahn auch bei X, früher Twitter, die Fahrgäste hin: Zugbindungen seien teils aufgehoben, einige Tickets auch am Samstag noch gültig.

Eher mau sind nach Einschätzung von Juristen im aktuellen Fall die Aussichten auf zusätzliche Entschädigungen, die einem sonst oft bei Verspätungen ab mehr als einer Stunde zustehen. Der Hintergrund dafür: Der mutmaßliche Brandanschlag ist ein Eingriff Dritter und damit außerhalb des Einflussbereichs der DB. Der bundeseigene Konzern verurteilte den Brandanschlag «auf das Schärfste».

Forderung nach mehr Zäunen an Bahnstrecken

Angriffe auf die Bahn-Infrastruktur gibt es immer wieder. Besonders folgenreich waren zwei Angriffe am 8. Oktober, bei denen in Herne in Nordrhein-Westfalen sowie in Berlin unverzichtbare Kabel für den Zugfunk beschädigt wurden. Über Stunden stand daraufhin der Schienenverkehr in weiten Teilen Norddeutschlands still. Aufsehen erregte damals, dass zwei kritische Punkte im Bahnnetz gleichzeitig betroffen waren. Bundesverkehrsminister Wissing und die Bahn sprachen von Sabotage. Ob es tatsächlich ein politisches Motiv gab, war zuletzt aber noch offen.

Der Bahn-Experte Markus Hecht sprach sich dafür aus, mehr Bahnstrecken einzuzäunen. In anderen Ländern würde das auch so gemacht, sagte er der dpa. «Das würde die Betriebsstabilität schon erhöhen.» Die Bahn wies die Forderung zurück, das Einzäunen des gesamten Streckennetzes mit rund 34 000 Kilometern Länge sei nahezu unmöglich. Hecht kritisierte auch, dass es bei den Signalkabeln an den meisten Stellen keine Redundanzen gebe - wenn ein Kabel beschädigt wird, gibt es also kein zweites, über das der Betrieb weitergeführt werden kann. Insgesamt könne er nicht erkennen, dass sich bei diesen Sicherheitsfragen in den vergangenen Jahren bei der Bahn etwas verändert habe.

Mehr zum Thema
article:fokus_txt
DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Trumps Zollschock: Warum deutsche Autos bald in Europa teurer werden
23.08.2025

Donald Trump zwingt Europas Autobauer mit Strafzöllen von bis zu 27,5 Prozent in die Defensive. Während Hersteller ihre Gewinnprognosen...

DWN
Politik
Politik Stagnierendes Wirtschaftswachstum und gigantische Schulden: Wie realistisch ist die Finanzpolitik der Bundesregierung?
23.08.2025

Die Wirtschaft stagniert, der Arbeitsmarkt kollabiert. Doch die Bundesregierung gibt unermüdlich geliehenes Geld aus. Die...

DWN
Technologie
Technologie Milliardenwahn im Silicon Valley: Warum die Jagd nach Superintelligenz im Desaster enden wird
23.08.2025

Das Silicon Valley dreht durch: Für einzelne KI-Forscher werden Summen gezahlt, die selbst Sportstars sprachlos machen. Doch Experten...

DWN
Finanzen
Finanzen Verdienen im Schlaf: Diese Dividenden-Aktien zahlen Ihnen Geld fürs Nichtstun
23.08.2025

Während andere schuften, kassieren clevere Anleger jeden Monat Geld – sogar im Schlaf. Drei Dividenden-Aktien machen Sie zum Profiteur...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Zahlungsmoral am Limit: 81 Prozent der Unternehmen von Zahlungsverzug bedroht
23.08.2025

Verspätete Zahlungen bedrohen die Existenz vieler Firmen. Im Schnitt bleiben Rechnungen fast 32 Tage offen – in Bau, Transport und...

DWN
Finanzen
Finanzen Vermögensaufbau stagniert: Wie der Staat privates Vermögen verhindert
23.08.2025

Die Vorstellung vom reichen Deutschen entspricht immer weniger der Realität: Höhere Lebenshaltungskosten, höhere Sozialabgaben,...

DWN
Panorama
Panorama Verbraucherschützer warnen: Kritik an Parkplatzfirmen nimmt zu
23.08.2025

Beschwerden über Parkplatzfirmen nehmen rasant zu. Immer mehr Autofahrer stoßen auf intransparente Regeln und saftige Vertragsstrafen....

DWN
Politik
Politik Deutschland mit stärkster Armee Europas? Ohne Chinas Rohstoffe bleibt es ein Trugbild
23.08.2025

Deutschland rüstet auf wie nie zuvor – doch ausgerechnet Peking hält den Schlüssel zu den nötigen Rohstoffen in der Hand. Die...