Finanzen

Sicherer Hafen? Ob sich Goldaktien lohnen

Lesezeit: 4 min
29.09.2023 20:30  Aktualisiert: 29.09.2023 20:30
Gold kratzte im Jahr 2023 am Allzeithoch. Doch Goldminenaktien notieren deutlich unter den Höchstständen von 2011. Bietet sich hier eine Einstiegschance?
Sicherer Hafen? Ob sich Goldaktien lohnen
Goldminenaktien gelten als gehebeltes Gold. (Bild: iStock.com/monsitj)
Foto: monsitj

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Goldminenaktien-Indizes sind aktuell weit entfernt von den Rekordständen aus dem Jahr 2011. Etwa notiert der Philadelphia Gold and Silver Index (XAU-Index) fast 50 Prozent tiefer. Beim NYSE Arca Gold BUGS Index (HUI-Index) sind es knapp 60 Prozent. Beide Indizes enthalten allerdings keine Dividenden. Auch der Refinitiv Global Gold liegt tiefer als 2011 (minus 11 Prozent).

„Die Aktienverwässerung der vergangenen Jahre, die teilweise die rege Geldmengeninflationierung der Notenbanken in den Schatten stellt, ist hierfür sicherlich mitverantwortlich“, schreibt der Vermögensverwalter Incrementum im „In Gold We Trust Report 2023“ über die niedrigeren Kursstände als 2011. Dennoch halten die Autoren der Gold-Studie die Bewertungsdiskrepanz für „übertrieben“, denn die fundamentale Verfassung der Branche habe sich deutlich verbessert.

Es gebe derzeit keinen Mangel an Gründen für ein Investment. „Darunter in erster Linie rekordhohe Free-Cashflows, Aktienrückkaufprogramme, historisch hohe Dividendenrendite, stabile Bilanzen, (relativ) vernünftige Management-Teams und stark abgebaute Verschuldung“, schreibt Incrementum.

Goldaktien bieten Hebeleffekt

Goldaktien sind eine Art gehebeltes Gold, wie der Finanzprofessor Hartmut Walz in dem Buch „Einfach genial entscheiden in Geld- und Finanzfragen“ erklärt. Steige der Goldpreis aufgrund anziehender Inflation, dann könnten Goldaktien noch kräftiger anziehen und ein Portfolio gegen Vermögensverluste absichern.

Walz rechnet es vor: Eine Goldmine hat Produktionskosten von 700 Euro pro Feinunze und macht Gewinne von 300 Euro pro Unze. Steigt nun der Goldpreis von 1000 auf 1100 Euro (+10 Prozent), so erhöhen sich die Gewinne der Minengesellschaft von 300 auf 400 Euro (+33 Prozent). „Der ,Hebel’ beträgt 33 Prozent geteilt durch 10 Prozent, also 3,3“, schreibt Walz.

Die Kurse von Goldaktien schwanken denn auch deutlich kräftiger als der Goldpreis – nach oben wie nach unten. Etwa brach der HUI-Index zwischen März und November 2008 um zwei Drittel ein, um bis September 2011 um mehr als 20 Prozent über das Vorkrisenniveau zu steigen.

Laut Experten bieten darum Goldaktien nicht alle Vorteile von physischem Gold oder Wertpapieren, die den Goldpreis abbilden. Etwa schreiben australische Forscher in einer Studie aus dem Jahr 2014: „Goldaktien und Gold-Investmentfonds weisen nur sehr geringe Evidenz für die Eigenschaft eines sicheren Hafens auf.“

Die Australier verglichen die Portfolioeigenschaften von Gold, Gold-ETFs, Goldfonds und Goldaktien im Zeitraum von 1987 bis 2010. Dazu untersuchten sie die Preisentwicklung in Krisen wie dem Börsencrash 1987, der Asienkrise 1997, dem Platzen der Dotcom-Blase 2000, dem 11. September 2001 und dem Untergang von Lehman Brothers im Jahr 2008.

Während der Goldpreis im Schnitt über alle Krisen hinweg stieg, war das nur bei einer von zehn untersuchten Goldaktien der Fall. Goldaktien eigneten sich daher bloß als Diversifikatoren, folgern die Autoren. Wer einen sicheren Hafen suche, solle physisches Gold kaufen oder Anteile an einem ETF, der physisches Gold halte.

Kursverluste von 85 Prozent

Auch Stiftung Warentest ist kritisch. „Es gibt wenige Anla­geklassen, die kurz­fristig ähnlich starke Anstiege aufwiesen“, schreiben die Produkttester. „Allerdings birgt ein Investment in Gold­minen auch hohe Risiken: Zwischen Dezember 2010 und August 2015 fiel der Gold­minen­index Refinitiv Global Gold um 70 Prozent.“

Bei einzelnen Aktien sei der maximale Kursrückgang noch größer gewesen. Etwa habe er beim größten Goldproduzenten Barrick Gold innerhalb der vergangenen 20 Jahre 85 Prozent betragen.

Laut Incrementum ist zudem die Korrelation von Goldaktien mit dem Goldpreis seit der Finanzkrise 2008 gesunken. Von Januar 1970 bis August 2008 lag sie bei 0,9, wie aus dem „In Gold We Trust Report 2022“ hervorgeht. Von September 2008 bis Dezember 2021 betrug sie hingegen nur noch 0,35.

Goldaktien entwickeln sich also eher im Gleichschritt mit dem Aktienmarkt und haben sich von der Goldpreisentwicklung zunehmend entkoppelt. Das macht sie im Vergleich zu Gold als Beimischung unattraktiver. Haben zwei Geldanlagen eine Korrelation von 1, entwickeln sich die Preise exakt gleichläufig. Bei null gibt es keinen Zusammenhang und bei minus 1 bewegen sich die Preise genau gegenläufig.

Außerdem holen sich ETF-Anleger Klumpenrisiken ins Portfolio. Indizes wie der MSCI World gewichten Rohstoffproduzenten bereits mit 4 bis 5 Prozent. Goldminenindizes sind sehr Kanada-lastig und einzelne Unternehmen können hoch gewichtet sein. Etwa stehen kanadische Minengesellschaften im populären HUI-Index für knapp 60 Prozent und die drei größten Positionen machen bereits 40 Prozent des Index aus.

Welche Gold-ETFs sind verfügbar?

Wer dennoch auf Goldaktien setzen will, könnte in einen passiven ETF investieren. Diese streuen relativ breit und kosten deutlich weniger als aktive Fonds. In Deutschland sind laut der Vergleichsplattform JustETF sechs entsprechende ETFs zugelassen, die die Aktien aus dem Index tatsächlich halten (physische Replikation) und mindestens 90 Millionen Euro Fondsvermögen aufweisen.

Die geringste TER hat ein ETF der Großbank UBS, der den Index „Solactive Global Pure Gold Miners Net Total Return“ abbildet (0,42 Prozent). Dieser gewichtet laut dem Factsheet nach Börsenwert und listet Minengesellschaften, die mindestens 90 Prozent der Umsätze mit dem Abbau von Gold erwirtschaften.

Die zehn größten Positionen haben ein Gewicht von 55 Prozent, wobei das größte Unternehmen aus Hongkong knapp 7 Prozent ausmacht (Kanada: 55 Prozent, Australien: 24 Prozent). Der ETF hält alle 23 Aktien, die im Index gelistet sind (Ausschütter, Auflage im Jahr 2012, Fondsvermögen: 90 Mio. Euro, ISIN: IE00B7KMNP07).

Die beste Tracking-Differenz hat ein ETF von Lyxor auf den HUI-Index (ISIN: LU0488317701). Der Fonds verlor von 2011 bis 2021 nur 0,18 Prozentpunkte pro Jahr zum Index (18 Basispunkte), wie Zahlen des Vergleichsportals trackingdifferences.com zeigen. An zweiter Stelle folgt der UBS-ETF, der zwischen 2013 und 2022 insgesamt 39 Basispunkte pro Jahr zum Index einbüßte.

Der Lyxor-ETF ist allerdings konzentrierter als der UBS-ETF: Die beiden größten Unternehmen werden laut Factsheet auf 15 Prozent rebalanciert (Newmont und Barrick), die Nummer drei auf 10 Prozent (Franco Nevada) und die restlichen Aktien sind zu 3 Prozent gleichgewichtet (Kanada: 65 Prozent, Top 10: 64 Prozent).

Beim HUI-Index partizipieren Anleger an der kurzfristigen Preisbewegung des Goldes: Alle enthaltenen Unternehmen haben die Produktion für nicht mehr als anderthalb Jahre über Termingeschäfte abgesichert, um sich vor sinkenden Goldpreisen zu schützen (Ausschütter, Auflage im Jahr 2010, 23 Aktien, TER: 0,65 Prozent, Fondsvermögen: 323 Mio. Euro, ISIN: LU0488317701).

Wer indes Anteile an einem ETF erwerben möchte, der zu 100 Prozent physisches Gold hält, muss ein Depot bei einer Schweizer Bank eröffnen. In der EU sind entsprechende ETFs nicht zugelassen.

                                                                            ***

Elias Huber arbeitet als freier Journalist in Frankfurt am Main und schreibt vor allem über Konjunktur, Edelmetalle und ETFs sowie die ökonomische Lehre der Österreichischen Schule. 

Jede Anlage am Kapitalmarkt ist mit Chancen und Risiken behaftet. Der Wert der genannten Aktien, ETFs oder Investmentfonds unterliegt auf dem Markt Schwankungen. Der Kurs der Anlagen kann steigen oder fallen. Im äußersten Fall kann es zu einem vollständigen Verlust des angelegten Betrages kommen. Mehr Informationen finden Sie in den jeweiligen Unterlagen und insbesondere in den Prospekten der Kapitalverwaltungsgesellschaften.

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