Kühnert hatte als erste Reaktion im Wahlstudio des ZDF gesagt: „Wir sind heute Abend ausdrücklich nicht die Wahlsieger.“ Man müsse erkennen, sagte Kühnert weiter, dass die allgemeine Stimmungslage den Menschen aufs Gemüt drücke. Es sei „mehr Orientierung erforderlich“. Dieser Satz allerdings lässt aufhorchen, denn er könnte durchaus als eine kaum versteckte Kritik an der Amtsführung des Bundeskanzlers verstanden werden. Zugleich sprach sich Kühnert für ein Verbleiben von Bundesinnenministerin Nancy Faeser im Bundeskabinett aus: Ihre Autorität als Ministerin sei auch nicht durch den Ausgang der Wahlen in Hessen beschädigt worden. „Da kann ich für die gesamte Parteispitze sprechen, sie hat unseren Rückhalt.“
Die Forderung Linnemanns
Demgegenüber forderte CDU-Generalsekretär Carsten Linnemann den Rücktritt Faesers als Bundesministerin. Sie sei abgestraft worden, weil sie als Bundesinnenministerin in der Migrationsfrage nicht entschlossen genug gehandelt habe. Linnemann wertete den Ausgang der Wahlen in Hessen als „ein sensationelles Ergebnis“ für die CDU. Seine Partei habe während des Wahlkampfes Geschlossenheit demonstriert, Ministerpräsident Boris Rhein sei ein „toller Spitzenkandidat“ gewesen.
In Bayern erklärte Ministerpräsident Markus Söder (CSU), dass er sich durch das Ergebnis bestätigt sehe: „Es ging uns nie um einen Schönheitspreis, sondern um einen klaren Regierungsauftrag.“ Er verstehe dieses Ergebnis auch als einen Auftrag an die CSU. Tatsächlich aber sehen nicht wenige in der Union das Abschneiden Söders nicht als einen automatischen Auftrag an den bayrischen Ministerpräsidenten, weitreichende bundespolitische Ansprüche anzumelden. Die CSU war bei den Landtagswahlen letzten Hochrechnungen zufolge auf 36,7 Prozent gekommen und hat dabei wohl noch nicht einmal ihr altes Ergebnis von 37,1 Prozent bei den Wahlen vor fünf Jahren halten können - und schon dieses Ergebnis galt nach den Maßstäben der CSU als schwach. Der letzte CSU-Spitzenkandidat, der nicht Markus Söder hieß, war Horst Seehofer – und der holte bei den Wahlen im Jahr 2013 noch 47,4 Prozent.
Die Reaktion Weidels
Hocherfreut zeigte ich an dem Wahlabend die Vorsitzende der AfD, Alice Weidel. Die Stärke ihrer Partei sei ein Zeichen für die Unzufriedenheit der Menschen. Nach den letzten Hochrechnungen könnte die AfD sowohl in Bayern als auch in Hessen nicht nur deutliche Zuwächse erzielen, sondern auch in beiden Bundesländern zweitstärkste politische Kraft werden. Zufrieden zeigte sich auch in einer ersten Stellungnahme der Chef der Freien Wähler in Bayern, Hubert Aiwanger: Dies sei ein hervorragendes Ergebnis. Die Freien Wähler kommen Hochrechnungen zufolge auf 14 Prozent.
Der Vorsitzende der Grünen, Omid Nouripour hat die Ergebnisse seiner Partei bei den Wahlen in Bayern und in Hessen als stabil bezeichnet. In Hessen, wo CDU und Grüne bisher gemeinsam regierten, habe er keine Wechselstimmung ausmachen können. „Der Ball liegt jetzt bei Boris Rhein“, sagte der Grüne mit Blick auf den hessischen Ministerpräsidenten.
Die Hängepartie der FDP
Äußerst schmallippig zeigte sich am Wahlabend der Generalsekretär der FDP, Bijan Djir-Sarai. In einem Statement vor der Presse, das gerade nur eine Minute dauerte, erklärte er zu dem schlechten Abschneiden seiner Partei in Bayern und in Hessen, dass aus Sicht der FDP das Ergebnis in Bayern enttäuschend sei; in Hessen bleibe es spannend, so der FDP-Generalsekretär. Bis zur Stunde hing der Wiedereinzug der Liberalen in den Wiesbadener Landtag an einem seidenen Faden. Den Abend über hatten die Hochrechnungen die FDP bei gerade fünf Prozent gesehen. Am späten Abend jedoch wurden erste Hochrechnungen der ARD veröffentlicht, die die FDP nur noch 4,9 Prozent gaben. Sollte sich dies bewahrheiten, wären die Liberalen auch aus dem Landtag in Hessen gewählt worden.