Weltwirtschaft

Super-Zyklus war Illusion, Metall-Branche meldet Verluste

Lesezeit: 3 min
13.10.2023 16:21  Aktualisiert: 13.10.2023 16:21
Mit dem Glauben an einen Superzyklus lagen viele Metallhändler und Hedgefonds falsch. Die schwache Nachfrage der Industrie hat ihre Ergebnisse schwer getroffen.
Super-Zyklus war Illusion, Metall-Branche meldet Verluste
Nichts mit Superzyklus: Die Preise für Kupfer und andere Metalle sind stark eingebrochen. (Foto: dpa)
Foto: Thomas Banneyer

Mehr zum Thema:  
Benachrichtigung über neue Artikel:  

Zwar sind Metalle wie Kupfer, Nickel und Kobalt entscheidend für die Energiewende. Doch die schwache Industrienachfrage hat die Preise seit dem vergangenen Jahr nach unten gedrückt. Dies hat mehrere namhafte Metallhändler und Rohstoff-Hedgefonds auf dem falschen Bein erwischt und ihnen teils erhebliche Verluste verursacht. Der Hype um einen angeblichen Rohstoff-Superzyklus ist leiser geworden.

"Es dämmert den Leuten, dass sie sich einen Superzyklus eingeredet haben, der nicht eintritt", sagt Mark Hansen, Chief Executive Officer von Concord Resources, einem mittelgroßen, auf Aluminium spezialisierten Händler. "Das Umfeld ist das komplizierteste und schwierigste für den Metallhandel, das ich je erlebt habe", zitiert ihn Bloomberg. Concord Resources meldete in seinen bei Companies House eingereichten Ergebnissen für 2022 den ersten Jahresverlust der Firmengeschichte.

Ocean Partners, ein weiterer Händler, meldete einen Rückgang des Nettogewinns um 65 Prozent. Auch der Orion Commodities Fund, der größte auf Metalle spezialisierte Hedgefonds, verzeichnete einem Branchenbericht zufolge bis August einen Jahresverlust von 4 Prozent. Sein verwaltetes Vermögen ist im vergangenen Jahr um mehr als ein Drittel auf 1 Milliarde Dollar gesunken.

Die Probleme in der Metallbranche sind nicht nur eine Folge der schwachen Konjunktur. Zwar ist die Nachfrage hinter den Erwartungen zurückgeblieben, auch im Hauptabnehmerland China, aber sie ist auch nicht abgestürzt. Ein weiterer Faktor sind die steigenden Zinssätze, welche die Kosten drastisch in die Höhe treiben und jenen Händlern schaden, die vor Beginn des Zinserhöhungszyklus langfristige Verträge abgeschlossen haben.

Hinzu kommt, dass eine Reihe von Betrugsfällen und schief gelaufenen Geschäften einige der bekanntesten Namen im Metallhandel erschüttert hat. Die Betriebsgewinne der Metallsparte von Trafigura gingen in den zwölf Monaten bis März im Vergleich zum Vorjahr um 68 Prozent zurück, da das Unternehmen Opfer eines massiven mutmaßlichen Nickelbetrugs wurde und einen Verlust von fast 600 Millionen Dollar verzeichnete. Insidern zufolge wird die Metallsparte weitere Einbußen hinnehmen müssen, wenn sie ihre Ergebnisse für das im September abgelaufene Halbjahr vorlegt.

Zwar haben andere große Unternehmen der Branche weiterhin solide Gewinne erzielt, aber auch sie haben einen Rückgang der Rentabilität eingeräumt. "Es war ein schwierigeres Jahr, und die Margen im Metallhandel sind gesunken", sagte im August Gary Nagle, Vorstandsvorsitzender von Glencore, das mit Trafigura um den Titel des weltgrößten Metallhändlers konkurriert. Der Gewinn vor Zinsen und Steuern der Glencore-Handelseinheit für Metalle und Mineralien sank in den zwölf Monaten bis Juni im Vergleich zum Vorjahr um 36 Prozent auf 1,5 Milliarden Dollar und war damit der schwächste Zwölfmonatszeitraum seit 2019.

IXM, der drittgrößte Metallhändler, meldete im vergangenen Jahr einen Nettogewinn von etwa 19 Millionen Dollar, den schwächsten in mehr als einem Jahrzehnt, obwohl er sich etwas erholt hat und in der ersten Hälfte dieses Jahres einen Gewinn von knapp über 40 Millionen Dollar erzielte. Kleinere Firmen waren stärker betroffen. Bloomberg berichtete letzten Monat, dass mehrere führende Händler das historische Handelshaus Gerald Group verlassen haben, nachdem das Unternehmen Anfang des Jahres herausfand, dass es Opfer eines mutmaßlichen Betrugs mit Zinn geworden war.

Dennoch bleiben viele optimistisch. Einige Handelsunternehmen versuchen, im Metallbereich zu expandieren. "Ist das etwas, das von Dauer ist?", fragte Gary Nagle von Glencore im Hinblick auf die gedämpfte Lage im Metallhandel. "Nein, das glaube ich nicht. Ich denke, es ist ein Hinweis auf die heutigen Marktbedingungen", sagte er. "Ich glaube nicht, dass das unbedingt ein Hinweis auf die Zukunft ist."

Möglicherweise stellen die gesunkenen Metallpreise auch nur eine Normalisierung dar, nachdem sie in den vergangenen Jahren extrem angestiegen waren, weil die Märkte erwarteten, dass große Teile der Welt die Energiewende ohne Rücksicht auf die Kosten forcieren werden. Nun jedoch wetten die Märkte offenbar darauf, dass die Energiewende abgeblasen oder zumindest deutlich verlangsamt wird, sodass ein Mangel an Metallen ausbleibt.


Mehr zum Thema:  

Anzeige
DWN
Finanzen
Finanzen Bildung für die Zukunft SOS-Kinderdorf Thüringen im Einsatz für die Demokratie

In einer Zeit, in der die Unzufriedenheit mit der Politik wächst, engagiert sich das SOS-Kinderdorf Thüringen mit einem Demokratieprojekt...

DWN
Panorama
Panorama Amokfahrt von Magdeburg: Trauer, Entsetzen und offene Fragen halten Deutschland in Atem
22.12.2024

Fünf Menschen sind tot, 200 verletzt: Nach der folgenschweren Fahrt mit einem Auto über den Weihnachtsmarkt in Magdeburg stellt sich die...

DWN
Politik
Politik Donald Trump hofft: Elon Musk übernimmt (noch) nicht die US-Präsidentschaft
22.12.2024

Kritiker nennen den Tech-Milliardär süffisant «Präsident Musk». Donald Trump stellt klar, wer das Sagen hat - bestreitet aber auch...

DWN
Unternehmen
Unternehmen Quiet Quitting: Der stille Job-Rückzug mit gefährlichen Folgen
22.12.2024

Ein stiller Rückzug, der Unternehmen erschüttert: Quiet Quitting bedroht die Substanz deutscher Betriebe. Warum immer mehr Beschäftigte...

DWN
Politik
Politik Steuern und Abgaben: Mehrheit der Steuerzahler zahlt 2025 noch mehr – mit oder ohne Ampel!
22.12.2024

Das „Entlastungspaket“ der Ampel ist eine Mogelpackung, denn Steuersenkungen sind nicht vorgesehen. Im Gegenteil: Ab dem 1. Januar 2025...

DWN
Technologie
Technologie DWN-Sonntagskolumne: Künstliche Intelligenz Hype Cycle - Zwischen Revolution und Enttäuschung
22.12.2024

Ist künstliche Intelligenz nur ein Hype oder der Beginn einer Revolution? Zwischen hohen Erwartungen, Milliardeninvestitionen und...

DWN
Weltwirtschaft
Weltwirtschaft Psychische Gewalt am Arbeitsplatz: Ursachen, Folgen und Lösungen
22.12.2024

So können Unternehmen gegen verbale Übergriffe aktiv werden- Beleidigungen, Drohungen und Beschimpfungen: Rund ein Drittel der...

DWN
Politik
Politik Migrationskrise: Asyl-Rekordhoch in Deutschland und die illegale Migration an den Grenzen geht ungebremst weiter
22.12.2024

In Deutschland leben fast 3,5 Millionen Geflüchtete, von Asylsuchenden über anerkannte Flüchtlinge bis zu Geduldeten. Das ist ein neuer...

DWN
Finanzen
Finanzen Kindergeld beantragen: Tipps und wichtige Infos für 2025
22.12.2024

Wussten Sie, dass Sie Kindergeld bis zu sechs Monate rückwirkend erhalten können? Dies gilt sowohl für Ihr erstes Kind als auch für...