Politik

UN warnen vor humanitärer Katastrophe wegen Israels Bodenoffensive

Lesezeit: 2 min
14.10.2023 10:56  Aktualisiert: 14.10.2023 10:56
In Erwartung einer Bodenoffensive fliehen Palästinenser massenhaft nach Süden. Doch die von Israel geforderte Evakuierung des nördlichen Gazastreifens scheint unmöglich. Es droht eine humanitäre Katastrophe.
UN warnen vor humanitärer Katastrophe wegen Israels Bodenoffensive
Das israelische Militär hat mehr als eine Million Palästinenser im Norden des Küstenstreifens zur Evakuierung aufgefordert. (Foto: dpa)
Foto: Mohammed Talatene

Mehr zum Thema:  
Benachrichtigung über neue Artikel:  

In Erwartung einer Bodenoffensive des israelischen Militärs versuchen im Gazastreifen Menschen scharenweise, sich in Sicherheit zu bringen. Zehntausende Palästinenser flohen nach Einschätzung der Vereinten Nationen in den Süden des abgeriegelten Küstengebiets, nachdem Israel die Bevölkerung dazu aufgefordert hatte, binnen 24 Stunden den nördlichen Teil zu verlassen.

Das israelische Militär teilte nach Ablauf der Frist am Samstagmorgen mit, dass sich seine Truppen für die nächste Einsatzphase in Stellung brachten. "Sie sind überall rund um den Gazastreifen, im Süden, im Zentrum und im Norden. Und sie bereiten sich auf jedes Ziel vor, das sie bekommen, auf jede Aufgabe."

Konkret zu der Evakuierungsfrist äußerte sich der Militärsprecher nicht. Er sagte lediglich, das Militär habe "eine signifikante Bewegung palästinensischer Zivilisten in Richtung Süden festgestellt". Die Armee sicherte den Menschen im Gazastreifen zu, dass sie sich bis Samstagnachmittag sicher auf den zwei wichtigsten Straßen im Süden des Gazastreifens bewegen könnten. Von Moscheen im Gazastreifen aus wurde die Bevölkerung allerdings dazu aufgerufen, zu bleiben: "Haltet an Eurem Land fest", hieß es.

Bereits am Freitag erste Vorstöße von Bodentruppen

Auf eine etwaige Bodenoffensive ging der Militärsprecher nicht ein. Er machte aber klar, Ziel des Krieges sei es, die radikalislamische Hamas, die im Gazastreifen herrscht, und ihre militärischen Fähigkeiten zu zerschlagen. Die Situation solle grundlegend verändert werden, "sodass die Hamas nie wieder in der Lage sein wird, israelischen Zivilisten oder Soldaten Schaden zuzufügen".

Vor einer Woche hatte die Hamas völlig überraschend Israel angegriffen. Die Extremisten gingen extrem brutal vor, töteten 1300 Menschen, die meisten von ihnen Zivilisten, und nahmen zahlreiche Geiseln. Israel reagierte mit bislang beispiellosen Luftangriffen auf den Gazastreifen, bei denen nach palästinensischen Angaben 1900 Menschen umkamen. Auch aus dem Westjordanland wurden inzwischen tödliche Zwischenfälle gemeldet, ebenso wie aus dem Grenzgebiet zwischen Israel und Libanon.

Am Freitag hatten nach Angaben des israelischen Militärs Bodentruppen erste, lokal begrenzte Vorstöße im Gazastreifen unternommen. Unterstützt von Panzern griffen sie demnach palästinensische Raketenstellungen an und versuchten, Informationen über den Aufenthaltsort von Geiseln zu erhalten.

UN: Evakuierung extrem gefährlich und unmöglich

Bereits bevor Israel am Freitag die Frist zur Evakuierung des nördlichen Gazastreifens gesetzt hatte, traten die heftigen Bombardements eine regelrechte Fluchtwelle los. Die Vereinten Nationen schätzen die Zahl der Menschen, die aus Angst um ihr Leben ihre Häuser und Wohnungen verließen, auf 400.000. Im Gazastreifen leben insgesamt etwa 2,3 Millionen Palästinenser, mehr als eine Million von ihnen in Gaza-Stadt, das im nördlichen Teil liegt.

Die von Israel geforderte Evakuierung des nördlichen Gebiets ist aus Sicht des Palästinenser-Hilfswerks der Vereinten Nationen (UNRWA) und vieler Experten schlichtweg unmöglich und praktisch nicht umsetzbar. Die UN und mehrere Hilfsorganisationen warnten vor einer Katastrophe. Sie forderten Israel auf, Hilfslieferungen in den Gazastreifen zuzulassen.

"Mehr als eine Million Menschen durch ein dicht besiedeltes Kriegsgebiet an einen Ort zu bringen, an dem es keine Nahrungsmittel, Wasser oder Unterkünfte gibt, während das gesamte Gebiet des Gazastreifens belagert wird, ist extrem gefährlich - und in einigen Fällen einfach nicht möglich", erklärte UN-Generalsekretär Antonio Guterres. "Wir brauchen sofortigen Zugang für humanitäre Hilfe im gesamten Gazastreifen, damit wir alle Bedürftigen mit Treibstoff, Lebensmitteln und Wasser versorgen können. Selbst Kriege haben Regeln". (Reuters)


Mehr zum Thema:  

DWN
Weltwirtschaft
Weltwirtschaft Deutsche Bahn Infrastruktur: Rekordinvestitionen von 17 Milliarden Euro in 2024
02.01.2025

Die Deutsche Bahn investiert 2024 knapp 17 Milliarden Euro in ihre Infrastruktur – ein Rekord. Mit erneuerten Gleisen, modernisierten...

DWN
Politik
Politik US-Industriepolitik: Warum Biden und Trump unterschiedliche Wege zur Industrieankurbelung wählen
02.01.2025

Die US-Industriepolitik steht im Fokus der wirtschaftlichen Debatten zwischen Trump und Biden. Während die Biden-Regierung mit...

DWN
Politik
Politik Russland stoppt Gaslieferungen: Moldau unter Druck, Rumänien hilft aus
02.01.2025

Russland setzt Moldau mit einem Gaslieferstopp unter Druck. Vor allem Transnistrien, die prorussische Separatistenregion, spürt die Folgen...

DWN
Politik
Politik Estlink 2: Kabelschäden ohne Folgen für Anschluss an EU-Stromnetz
02.01.2025

Estlink 2: Der Ausfall des Unterseekabels sorgt für Unsicherheit in den baltischen Staaten. Dennoch bleibt die litauische Regierung...

DWN
Finanzen
Finanzen Strompreise 2025: Wie sich Kosten durch Netzentgelte und Umlagen entwickeln
02.01.2025

Strompreise 2025 bleiben ein heißes Thema: Verbraucher:innen erwarten steigende Kosten durch höhere Netzentgelte und CO2-Preise. Doch...

DWN
Politik
Politik CSU verschärft Ton in der Migrationspolitik
02.01.2025

Zur CSU-Winterklausur gehören traditionell lautstarke Forderungen an die Bundesregierung. Dieses Mal hofft die Partei, viele davon nach...

DWN
Finanzen
Finanzen Goldpreis anno 2025: Konflikte und Verschuldungen bleiben die Hauptsorgen der Anleger
02.01.2025

Die Gold-Verwalter von BullionVault in London haben mal wieder seine Kunden befragt, warum sie in Gold und Edelmetalle investieren....

DWN
Panorama
Panorama New Orleans und ein explodierter Cybertruck vor Trumps Hotel: Gibt es einen Zusammenhang?
02.01.2025

Mit voller Absicht soll der Attentäter in die Menge gerast sein und 15 Menschen getötet haben. Das FBI geht von einem Terroranschlag aus,...