Weltweit haben mit physischem Gold unterlegte börsengehandelte Fonds („exchange traded gold funds“ – Gold ETFs) im September den vierten Monat in Folge Kapitalabflüsse verzeichnet.
Wie Forbes unter Bezugnahme auf Daten des World Gold Council berichtet, flossen im vergangenen Monat weltweit unter dem Strich 3,2 Milliarden US-Dollar beziehungsweise rund 59 Tonnen Gold aus solchen Fonds ab. Seit Juni liegen die Netto-Abflüsse in ähnlich hohem Rahmen.
Gold-ETFs verwalteten Ende September noch 3.282 Tonnen Gold. Mit Blick auf das gesamte Jahr 2023 belaufen sich die Abflüsse auf 11 Milliarden US-Dollar beziehungsweise 189 Tonnen Gold.
Europa und Nordamerika im Minus
Bemerkenswert ist, dass Gold-ETFs in Europa und Nordamerika seit einigen Monaten Abflüsse verzeichnen, während Fonds aus Asien Zuflüsse registrieren.
Beim Netto-Abzug von 35 Tonnen im Wert von rund 2,1 Milliarden Dollar in Nordamerika im September handelte es sich um den vierten Monat in Folge, in dem die Bestände schrumpften.
Das World Gold Council erklärt die fortgesetzten Abflüsse mit einem starken Dollar, einem höheren Zinsniveau im Dollarraum und hohen Renditen bei US-amerikanischen Staatsanleihen. Diese würden Anlagen in den Anleihe- oder Geldmärkten relativ zu Gold attraktiver erscheinen lassen.
Investoren erwarteten, dass die Leitzinsen im Dollarraum länger auf hohem Niveau liegen werden, so die Organisation.
Auch aus europäischen Fonds zogen Investoren im September den vierten Monat in Folge Gelder ab. Das Minus belief sich auf 28 Tonnen im Wert von 1,4 Milliarden Dollar. Damit belief sich der Gold-Gesamtbestand Ende des Monats auf dem Kontinent auf 1.443 Tonnen (1.648 Tonnen in Nordamerika) beziehungsweise 87 Milliarden Dollar (99 Milliarden Dollar in Nordamerika).
Asien zieht Gold an
Anders stellte sich die Situation in den vergangenen Monaten in Asien dar. Dort ansässige ETFs zogen den siebten Monat in Folge Kapital an, wenn auch in geringem Umfang.
Netto 5 Tonnen Gold im Wert von 299 Millionen Dollar investierten Anleger im September in asiatische Fonds. 133 Tonnen Gold verwalteten asiatische Fonds Ende September.
Bei den Bewegungen handelt es sich um eine Momentaufnahme. Allerdings steht diese im Einklang mit dem Gesamttrend auf dem Goldmarkt. Dort ist seit einigen Jahren in Asien eine verstärkte Nachfrage nach Gold zu erkennen.
So bauen einige asiatische Zentralbanken ihre Goldreserven systematisch auf – allen voran die chinesische Volksbank, die türkische Notenbank und Indiens Reserve Bank of India.
Im vergangenen Jahr erwarben Zentralbanken weltweit zudem so viel Gold wie nie zuvor seit Beginn der Aufzeichnungen vor mehr als 70 Jahren. Auf netto 1.136 Tonnen belief sich damals der Zuwachs.
„Im ersten Halbjahr 2023 setzte sich dieser Trend fort. Trotz eines schwächeren zweiten Quartals erreichten die Zentralbankkäufe im ersten Halbjahr einen neuen Halbjahresrekord. Die Zentralbanken erhöhten ihre Goldreserven von Januar bis Juni um insgesamt 378 Tonnen. Der bisherige Halbjahresrekord aus dem Jahr 2019 wurde damit leicht übertroffen. China tätigte die größten Käufe, gefolgt von Singapur, Polen, Indien und der Tschechischen Republik. So waren es auch im Westen Länder im Osten, die zusätzliche Einkäufe tätigten“, schreibt das Portal Gold Switzerland.
Wie Gold Switzerland aus Daten des World Gold Council und der Incrementum AG errechnet, begannen die Länder der Schanghaier Organisation für Zusammenarbeit (SCO) etwa im Jahr 2009 damit, ihre Goldreserven kontinuierlich zu erhöhen, während die Länder des „Westens“ Gold verkauften.
Seit 2009 liegen die Netto-Verkäufe westlicher Zentralbanken demnach jedes Jahr zwischen 2.500 und 3.000 Tonnen, während die SCO-Länder zuletzt netto fast 5.000 Tonnen hinzugekauft hatten.
Zum selben Fazit gelangt Gold Switzerland bei der Untersuchung der BRICS-Länder China, Russland, Indien, Brasilien und Südafrika, welche zwischen 2010 und 2022 netto 2.932 Tonnen hinzugekauft haben sollen.
Daneben sprechen weitere Indizien für einen Goldfluss von West nach Ost, etwa der Netto-Abverkauf von US-Staatsanleihen in Asien, der Aufbau eigener Strukturen für den Goldhandel und die starke Nachfrage der Bürger in vielen asiatischen Ländern nach Gold. Im letztgenannten Segment dürften ebenfalls Chinesen, Inder und Türken auf den ersten Plätzen weltweit liegen.
Gold Switzerland fasst den Trend folgendermaßen zusammen: „Diese Verschiebung der Nachfrage von West nach Ost ist nicht nur bei Regierungen oder regierungsnahen Einrichtungen, sondern auch bei institutionellen und privaten Anlegern zu beobachten. Gold fließt dorthin, wo es am meisten geschätzt wird und wo der wirtschaftliche Wohlstand und die Sparquote gestiegen sind. Mittelfristig dürfte die Nachfrageverschiebung daher durch die höheren Wachstumsaussichten in Asien und dem Nahen Osten unterstützt werden. „Ohne Geld, ka Musi“ – so formuliert der Volksmund diese ökonomische Binsenweisheit auf Deutsch. Und wie aus der jüngsten Wirtschaftswachstumsprognose des IWF hervorgeht, wird die Subregion der Schwellen- und Entwicklungsländer Asiens in diesem Jahr voraussichtlich um 5,2 % und im nächsten Jahr um 4,8 % wachsen, während der Westen deutlich weniger stark wachsen wird. Dies wird auch zu einer Verschiebung des Einflusses auf die Preisgestaltung von West nach Ost führen.“