Weltwirtschaft

Rekordpreis für Kakao: Eine Chance für Anleger?

Lesezeit: 6 min
19.10.2023 09:57  Aktualisiert: 19.10.2023 09:57
Kakao-Bohnen sind zuletzt enorm teuer geworden. Der Anbau in Südamerika steigt jetzt stark an. Was bringt die Zukunft und wie können Anleger in Kakao investieren?

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Kakao ist sehr teuer geworden. An den Finanzmärkten kosteten Kakao-Bohnen Mitte September 3870 Dollar je Tonne. Damit wurde ein neuer Rekordwert erreicht, ähnlich hoch war der Preis zuletzt im Winter 2011 und nur vor 45 Jahren lag er noch höher. Aktuell notieren die Futures bei 3650 Dollar.

Versorgungsknappheit

Hauptverantwortlich für die hohen Preise war eine längere Zeit schwache Ernte im wichtigsten Erzeugerland, der Elfenbeinküste. Dort werden mit 2,2 Millionen Tonnen mit Abstand am meisten Kakao-Bohnen angebaut, der Weltmarkt-Anteil beträgt 45 Prozent. Das Nachbarland Ghana steuert knapp 20 Prozent bei. Weitere bedeutende Fördernationen sind in absteigender Output-Reihenfolge Ecuador, Kamerun, Nigeria, Indonesien, Brasilien, Peru und Kolumbien. Die vier westafrikanischen Länder allein repräsentieren einen Anteil von 75 Prozent.

Zuletzt haben starke Regenfälle in Westafrika eine kleine Blütezeit für die Kakao-Farmer eingeleitet, sodass sich das Angebot ein Stück weit wieder normalisieren dürfte. Die Landwirte der Elfenbeinküste lieferten Regierungsdaten zufolge im Oktober wieder deutlich mehr Kakaobohnen an die nationalen Häfen als zuvor. Gleichzeitig kommt die Nachfrage perspektivisch durch eine schwächelnde Weltkonjunktur unter Druck, insbesondere in Europa und Asien, was den Preisdruck ebenfalls etwas verringern sollte.

Gepex, eine in der Elfenbeinküste residierende Vereinigung von Kakao-Exporteuren, der auch einige der größten Kakaomühlen der Welt angehören, meldete für das dritte Quartal eine Kakaoverarbeitung von 183.731 Tonnen, was einem Anstieg von 7 Prozent gegenüber dem Vorjahr entspricht.

Allerdings haben die heftigen Regenfälle in Westafrika auf längere Sicht auch ihre Schattenseiten für die Kakaoernte. Denn dadurch kann sich verstärkt die sogenannte „Black Pod Disease“ ausbreiten. Die Verbreitung der Krankheit, bei der sich die sensiblen Kakaoschoten schwarz färben und verfaulen, könnte zu einer geringeren Produktion und Qualität führen.

Die Erntesaison 2022/23 wird der globale Markt voraussichtlich mit einem Angebotsdefizit von 100 Tausend Tonnen beenden. Die internationale Kakao-Organisation (ICCO) prognostiziert für die Folgesaison 2023/24 das dritte Jahr in Folge ein Unterangebot. Diese Erwartungshaltung ist mit der Grund dafür, dass die Terminpreise so hoch sind.

Wieviel bleibt Afrikas Bauern vom Preisanstieg?

Kakaobäume gedeihen das ganze Jahr über, die Hauptsaison geht von Oktober bis März. Die Ernte erfordert harte manuelle Arbeit. Rund drei Viertel aller Bauern in der Elfenbeinküste und Ghana sind auf Kakao als Haupteinkommensquelle angewiesen. Speziell in der Elfenbeinküste macht der Agrar-Rohstoff einen Anteil von grob 50 Prozent am Export, 25 Prozent aller Arbeitsplätze und 15 Prozent der Wirtschaftsleistung aus.

Ein erheblicher Anteil der westafrikanischen Kleinbauern lebt unter der Armutsgrenze, Kinderarbeit ist allgegenwärtig. Vom jüngsten Preisanstieg profitieren die Farmer mitunter nur geringfügig. Die Elfenbeinküste hat den Garantiepreis, den Kakaobauern für ihre Haupternte bekommen, von 900 auf 1000 CFA Francs (umgerechnet 1,61 Dollar) je Kilogramm und damit um 11 Prozent angehoben – das ist nur ein Drittel der Preiserhöhung an den Finanzmärkten der letzten 12 Monate, wo Kakaobohnen außerdem mehr als doppelt so teuer gehandelt werden. Die Farmer hatten eine Anhebung der Erzeugerpreise um 44 Prozent gefordert, um mehr in ihre Betriebe investieren zu können. Ghana hingegen hat die Löhne der Landwirte im September um 64 Prozent angehoben, unter anderem um dem zunehmendem Bohnenschmuggel ins Nachbarland entgegenzuwirken.

Die beiden westafrikanischen Staaten haben garantierte Abnahmepreise eingeführt, um den Kleinbauern ein Mindesteinkommen zu sichern. 2019 versuchten die Länder gemeinsam, die wichtigsten Käufer von Kakaobohnen (Schokoladen-Produzenten und Zwischenhändler) zu einem Aufschlag von 400 Dollar pro gelieferter Tonne zu verpflichten, der vollständig den Farmern zu Gute kommen soll. Bisher mit moderatem Erfolg – einige große Importeure haben inzwischen zugestimmt, aber zum Teil verweigern sie den Preisaufschlag in der Praxis, etwa indem sie nicht direkt bei den Produzenten kaufen.

Kakaobohnen landen überwiegend in Europa

Rund zwei Drittel der Kakaoproduktion wird zur Herstellung von Schokolade verwendet, ein Drittel als Kakaopulver verkauft. Die Kakaoschoten werden in Afrika und Südamerika geerntet und die dabei gewonnenen Bohnen größtenteils nach Europa verschifft, wo sich die Weiterverarbeitung konzentriert. Die wichtigsten Abnehmer von Kakaobohnen sind die Schweiz, Deutschland, USA und Frankreich.

Trotz der Dominanz bei der Kakao-Ernte wird nur ein winziger Bruchteil der weltweiten Schokolade in Afrika produziert. In Ghana wurde etwa 2016 die Schokoladenfabrik „Fair Afric“ gegründet, ein deutsches Start-Up mit lokalen Partnern, die Bio-Fairtrade-Schokolade herstellen.

Weltweit werden circa 90 Prozent des Kakaos in kleinen Familienbetrieben mit einer Gesamtfläche von 2 bis 5 Hektar angebaut, während nur 5 Prozent Großplantagen von 40 Hektar oder mehr entstammen. Bei den hohen Preisen ist damit zu rechnen, dass in Westafrika in Zukunft mehr angebaut wird, genauso in Südamerika.

Mehr südamerikanische Agrarkonzerne investieren jetzt in den Kakao-Anbau

Einige der Neuanpflanzungen in Südamerika sehen im Vergleich zu den kleinen Feldern in Afrika riesig aus. Ein Beispiel: In Brasilien steigt jetzt mit „Schmidt Agricola“ ein großes landwirtschaftliches Unternehmen in das Kakao-Geschäft ein. Bisher bewirtschaftete der Agrarkonzern nur Felder mit Sojabohnen, Mais und Baumwolle – alles größtenteils im Bundesstaat Bahia, einem der neuen landwirtschaftlichen Gebiete des Landes, die sich für groß angelegte High-Tech-Landwirtschaft eignen.

Einst war Brasilien nach der Elfenbeinküste das zweitgrößte Kakao-Anbaugebiet, doch ein verheerender Pilzbefall führte um 1980 herum zu einem drastischen Rückgang der Produktion und den oben erwähnten Rekordpreisen von Kakaobohnen und folglich auch Schokolade. Die Regierung geht davon aus, dass die Kakao-Produktion von derzeit rund 200.000 Tonnen bis 2025 auf 300.000 Tonnen und bis 2030 auf 400.000 Tonnen steigen könnte, was das Land von einem Nettoimporteur zu einem regelmäßigen Exporteur des Rohstoffs machen würde. Zu einem ähnlichen Produktionsanstieg kam es in den letzten fünf Jahren in Ecuador.

Ironischerweise kam Kakao ursprünglich aus Süd- und Mittelamerika, aber stand heute stammt nur noch 15 Prozent der Ernte von dort. Und während in Afrika Wälder abgeholzt werden, um mehr Platz für Kakaoplantagen zu schaffen, entspricht das Pflanzen von Kakaobäumen in Südamerika einer Art Wiederaufforstung.

Schmidt Agricola hat 429 Hektar mit Kakao bepflanzt, die vollständig bewässert werden. Offensichtlich sieht der Agrarkonzern aufgrund der Hochpreise ein großes Gewinnpotential in diesem neuen Bereich. Dieses prozyklische Investitionsverhalten ist typisch für (Agrar-)Rohstoffproduzenten, die im Allgemeinen zur Überinvestition bei hohen Preisen neigen.

Lesen Sie dazu: Super-Zyklus war Illusion, Metall-Branche meldet Verluste

Im Falle des Kakaomarktes könnte es die prognostizierte Angebotsknappheit vorerst etwas mildern. Ein weiterer Nebeneffekt: Es bedroht den Lebensunterhalt von Kleinbauern in Afrika, da neu angelegte Anbauflächen wie in Südamerika produktiver und kostengünstiger sind. Auf hochtechnisierten, bewässerten Anbauflächen wie der neuen von Schmidt Agricola werden laut Reuters bis zu 3.000 Kilogramm trockene Kakaobohnen pro Hektar erzeugt. Das ist deutlich mehr als der durchschnittliche Ertrag der Elfenbeinküste, Ghana und Ecuador mit 400 bis 600 kg/ha.

Wie kann man in Kakao investieren?

Anleger können auf verschiedenen Arten in Kakao investieren, wobei jede ihre Tücken hat. Ein ganz grundlegendes Problem ist die hohe Schwankung des Kakaopreises und die starke Abhängigkeit vom Wetter in Westafrika. So etwas lässt sich nicht planen, was eine suboptimale Basis für jede Investition ist.

Aktien von Landwirtschafts-Unternehmen sind ein indirekter Weg, um von einem Preisanstieg von Kakao zu profitieren. Diese erwirtschaften jedoch bei höheren Preisen nicht unbedingt höhere Gewinne, weil sie ihre Ware teils zur Sicherheit auf Termin verkaufen und die Kosten sehr viel stärker steigen können. Zudem wird man in dieser Nische keinen etablierten Konzern finden, der ausschließlich Kakao anbaut, in der Regel wird der Aktienkurs noch durch weitere Agrar-Erzeugnisse beeinflusst.

Direkter geht es über börsengehandelte Kakao-ETCs („Exchange Traded Commodity“). Manchmal handelt es sich dabei um Wertpapiere, die den unterliegenden Rohstoff, in diesem Falle Kakao wirklich physisch kaufen und als Sicherheit hinterlegen. Je kleiner der Markt ist, umso wahrscheinlicher ist, dass sämtliche verfügbaren ETCs nur den Terminmarkt (Futures-Kontrakte) abbilden. Für Kakao konnte ich einen einzigen ETC finden, der für EU-Anleger handelbar ist. Dieser ist vom Anbieter „Wisdom Tree“ (ISIN: JE00B2QXZK10) und kauft nur Futures. Der Fonds ist lediglich 8 Millionen Dollar schwer und beinhaltet eine Verwaltungsgebühr von 0,49 Prozent.

Man setzt damit nicht auf einen höheren physischen Spotpreis, sondern einen höheren Terminpreis, was je nach Art der Terminkurve ein gewaltiger Unterschied sein kann. Das Problem des „Rollierens“ (erneutes Kaufen der Termin-Kontrakte nach Ablauf) mit potenziellen Rollverlusten hat der Anleger hier genauso, wie wenn er selbst die Futures kauft, aber immerhin ist ein ETC passiv. Selbst am Futures-Markt aktiv zu werden, ist für Kleinanleger ohnehin nicht empfehlenswert, weil hier alles mit Kredithebel läuft und man bei schlechter Preisentwicklung schnell ein Vielfaches des Einsatzes verlieren kann.

ETNs wie zum Beispiel der von Barclays mittlerweile geschlossene „iPath Bloomberg Cocoa Subindex Total Return ETN“ haben dieses Problem nicht, allerdings besteht hier ein Emittenten-Risiko. Anleger kaufen im Gegensatz zum ETC nicht mal mehr den Anspruch auf einen unterliegenden Basiswert, sondern quasi nur den Anspruch auf eine Rendite, die sich an einem Index für den Basiswert orientiert. Aktuell scheint hier kein Anbieter zu existieren.

Kakao ist eben ein Nischenmarkt im Rohstoff-Segment. Keines der oben beschriebenen Produkte hat beziehungsweise hatte eine zufriedenstellende Liquidität. Der Preis ist ohnehin auf Rekordniveau und hat nicht mehr viel Potential nach oben. Von einer Investition würden wir eher abraten. Mehr Sinn macht ein Rohstoff-ETF, mit dem man diversifiziert in einen ganzen Korb von Grundstoffen investiert.

                                                                            ***

Jakob Schmidt ist studierter Volkswirt und schreibt vor allem über Wirtschaft, Finanzen, Geldanlage und Edelmetalle.

Jede Anlage am Kapitalmarkt ist mit Chancen und Risiken behaftet. Der Wert der genannten Aktien, ETFs oder Investmentfonds unterliegt auf dem Markt Schwankungen. Der Kurs der Anlagen kann steigen oder fallen. Im äußersten Fall kann es zu einem vollständigen Verlust des angelegten Betrages kommen. Mehr Informationen finden Sie in den jeweiligen Unterlagen und insbesondere in den Prospekten der Kapitalverwaltungsgesellschaften.


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