Wirtschaft

Japan beschließt erneute Feinjustierung ihres ultralockeren Kurses

Die Bank of Japan (BoJ) hat auf ihrer Zinssitzung beschlossen, ihren ultralockeren Geldpolitikkurs weiterhin beizubehalten, aber mit einer zusätzlichen Veränderung. Welche Auswirkungen werden erwartet?
31.10.2023 18:38
Aktualisiert: 31.10.2023 18:38
Lesezeit: 2 min
Japan beschließt erneute Feinjustierung ihres ultralockeren Kurses
In Japan zeigt sich ganz, ganz langsam eine Kehrtwende von der ultralockeren Geldpolitik. (Foto: dpa) Foto: Eugene Hoshiko

Die Bank of Japan (BoJ) geht einen weiteren Minischritt in Richtung Ausstieg aus der jahrelangen ultralockeren Geldpolitik. Die Währungshüter um Notenbankchef Kazuo Ueda beschlossen auf ihrer Zinssitzung am Dienstag zwar, die Zielmarken von minus 0,1 Prozent für die kurzfristigen Zinsen und von null Prozent für die Rendite zehnjähriger Staatsanleihen beizubehalten. Doch der Nullzinskurs soll künftig mit mehr Spielraum verfolgt werden. „Angesichts der extrem hohen Unsicherheiten hinsichtlich der Konjunktur und der Märkte ist es angemessen, die Flexibilität bei der Kontrolle der Zinskurve zu erhöhen“, erklärte die Notenbank zu ihrem Zinsbeschluss.

An der Börse kam die Entscheidung gut an. In Tokio zog der Nikkei-Index um 0,5 Prozent auf 30.859 Punkte an. Anleger zeigten sich erleichtert, dass die Bank of Japan (BoJ) an ihrem lockeren Kurs festhält

Die Währungshüter wollen aber künftig die Obergrenze von ein Prozent für die Rendite der zehnjährigen Anleihen nicht mehr als starres Limit setzen. Das bedeutet, dass sie es womöglich zulassen, wenn die Rendite an der Börse über diesen Wert steigt. Der Schritt verdeutlicht, dass weltweit steigende Anleiherenditen und eine anhaltende Inflation es der BoJ zunehmend erschweren, ihre umstrittene Strategie der Zinskurven-Kontrolle beizubehalten, die sie seit 2016 verfolgt. Es ist bereits das zweite Mal innerhalb weniger Monate, dass die Währungshüter eine Feinjustierung ihres Kurses vornehmen. Ende Juli hatten sie bereits die bisherige Rendite-Obergrenze von 0,5 Prozent de facto auf 1,0 Prozent hochgesetzt.

Notenbankchef Kazuo Ueda hatte als Voraussetzung für die Abkehr von der ultralockeren Ausrichtung genannt, dass das Inflationsziel von zwei Prozent in Sichtweite rückt. Er hatte signalisiert, dass eine Zinsumkehr nicht vor der Jahreswende zu erwarten sei. „Wir haben immer noch nicht genug Beweise gesehen, um zuversichtlich zu sein, dass die Trendinflation dauerhaft zwei Prozent erreichen wird,“ sagte er auf der Pressekonferenz nach der Zinsentscheidung. Daher sehe die BoJ auch kein großes Risiko, dass sie der Entwicklung hinterlaufe.

Inflation bleibt über der Zielmarke

Die BoJ rechnet für das im März 2024 beginnende Fiskaljahr nun mit einem Anstieg der Kern-Verbraucherpreise (VPI), in denen die schwankungsanfälligen Kosten für frische Lebensmittel ausgeklammert sind, von 2,8 Prozent. Noch vor einem Monat hatte sie eine Kerninflation von 1,9 Prozent vorausgesagt. Für das Fiskaljahr 2025/26 erwartet sie dann aber eine Rückgang der Kernrate auf 1,7 Prozent. Das Inflationsmaß wird von den Währungshütern genau verfolgt, da es die zugrundeliegenden Inflationstrends anzeigt.

„Dieser Schritt ist nicht notwendigerweise der Beginn einer Normalisierung der Geldpolitik, sondern eher eine Möglichkeit, das Gerüst der Zinskurvenkontrolle zu schützen“ kommentierte das Bankhaus UniCredit die Beschlüsse. Denn die neue offizielle Prognose der Notenbank sehe einen Rückgang der Kerninflation auf unter zwei Prozent für Anfang März 2026 vor. Die Teuerung war im September den 18. Monat in Folge über dem Zwei-Prozent-Ziel der Notenbank verharrt. Die Kerninflation (VPI) lag bei 2,8 Prozent. Umfragen zeigen zudem, dass die Inflationserwartungen noch oben klettern.

Doch die BoJ bleibt weltweit ein Ausreißer unter den großen Zentralbanken, die in den vergangenen Jahren die Zinssätze angesichts eines massiven Inflationsschubs aggressiv angehoben haben. Trotz der wiederholten Zusicherungen von Ueda, dass die BoJ an den extrem niedrigen Zinssätzen festhält, wird an den Finanzmärkten bereits von einem Kurswechsel Anfang 2024 ausgegangen. Fast zwei Drittel der von der Nachrichtenagentur Reuters befragten Volkswirte gehen davon aus, dass die Bank von Japan im kommenden Jahr von den negativen Zinsen abrücken wird. (Reuters)

Mehr zum Thema
article:fokus_txt
X

DWN Telegramm

Verzichten Sie nicht auf unseren kostenlosen Newsletter. Registrieren Sie sich jetzt und erhalten Sie jeden Morgen die aktuellesten Nachrichten aus Wirtschaft und Politik.
E-mail: *

Ich habe die Datenschutzerklärung gelesen und erkläre mich einverstanden.
Ich habe die AGB gelesen und erkläre mich einverstanden.

Ihre Informationen sind sicher. Die Deutschen Wirtschafts Nachrichten verpflichten sich, Ihre Informationen sorgfältig aufzubewahren und ausschließlich zum Zweck der Übermittlung des Schreibens an den Herausgeber zu verwenden. Eine Weitergabe an Dritte erfolgt nicht. Der Link zum Abbestellen befindet sich am Ende jedes Newsletters.

DWN
Politik
Politik Neue US-Zölle: Was die deutsche Wirtschaft fürchten muss
02.04.2025

Die geplanten Zölle von US-Präsident Trump sorgen für Unruhe in Europa. Niemand weiß genau, welche Branchen betroffen sein werden –...

DWN
Politik
Politik Ukraine erhält massive Militärhilfe aus Schweden und den Niederlanden – Russland weitet Einberufungen aus
02.04.2025

Die Ukraine erhält verstärkte militärische und finanzielle Unterstützung von Schweden und den Niederlanden, während Russland...

DWN
Politik
Politik Migration: Nancy Faeser sieht eigene Migrationspolitik als Erfolg
01.04.2025

Während SPD und Union über eine mögliche Koalition verhandeln: Die geschäftsführende Innenministerin Faeser präsentierte heute...

DWN
Politik
Politik Handelskonflikt eskaliert: EU prüft bislang ungenutztes Instrument
01.04.2025

Die Handelsbeziehungen zwischen der EU und den USA stehen kurz vor einer Eskalation. US-Präsident Trump plant neue Zölle auf eine...

DWN
Unternehmen
Unternehmen Trumps Zölle - Warum Hyundai jetzt auf Milliarden-Investitionen in den USA setzt
01.04.2025

Geht sein Plan auf? Trumps Zollerhöhungen erzwingen bereits drastische Reaktionen. Hyundai investiert 21 Milliarden US-Dollar in die USA,...

DWN
Politik
Politik AfD holt in Umfrage auf: Union büßt nach Bundestagswahl stark ein
01.04.2025

Nach der Bundestagswahl verliert die Union in den Umfragen, während die AfD kräftig zulegt. Auch SPD und Grüne verzeichnen Rückgänge,...

DWN
Politik
Politik Bamf-Chef Sommer will radikale Asyl-Wende - Rücktritt gefordert
01.04.2025

Bamf-Chef Hans-Eckhard Sommer fordert eine radikale Wende in der deutschen Asylpolitik. Statt individueller Anträge plädiert er für eine...

DWN
Finanzen
Finanzen Europa-ETF-Vergleich: Wie Sie mit Europa-fokussierten ETFs Geld verdienen - und welche Europa-ETF sinnvoll sind
01.04.2025

Da die Trump-Administration die Unterstützung für die Ukraine zurückfährt, protektionistische Zölle erlässt und sich von der...