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Zentralbanken im Goldrausch: Was macht die Bundesbank?

Lesezeit: 3 min
09.11.2023 14:32  Aktualisiert: 09.11.2023 14:32
Viele Zentralbanken kaufen derzeit in großem Umfang Gold. Wie schätzt die Bundesbank den Goldrausch ihrer Partnerinstitute ein - und wie agiert sie selbst?
Zentralbanken im Goldrausch: Was macht die Bundesbank?
Zentralbanken kaufen derzeit viel Gold. Die Bundesbank agiert vorsichtiger. (Foto: dpa)

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Mehrere bedeutende Zentralbanken stocken ihre Goldreserven systematisch auf. Wie aus einem Marktbericht des World Gold Council hervorgeht, hielt die starke Nachfrage auch im dritten Quartal des laufenden Jahres an.

Demnach lag die Nachfrage zwischen Juli und September mit rund 1.147 Tonnen rund 8 Prozent über dem Durchschnitt der letzten fünf Jahre. Im Vergleich zum Vorjahreszeitraum ergab sich allerdings ein Rückgang von 6 Prozent. Das vergangene Jahr war allerdings ein Rekordjahr: noch nie zuvor kauften Zentralbanken netto so viel Gold wie 2022.

Goldrausch der Notenbanken

Rechnet man den nicht über Börsen und Handelsplätze abgewickelten Direkthandel („Over the counter“ – OTC) sowie Lagerflüsse hinzu, wurden im dritten Quartal 1.267 Tonnen von Zentralbanken nachgefragt – ein Plus verglichen zum dritten Quartal 2022 von 6 Prozent.

Dem World Gold Council zufolge kauften Zentralbanken zwischen Juli und September netto 337 Tonnen des Edelmetalls. Dabei handelt es sich um das drittstärkste jemals registrierte Quartal seit Beginn der Aufzeichnungen durch die Organisation.

Wie der Nachrichtenblog Schiffgold berichtet, kauften im September neun Zentralbanken über eine Tonne Feingold hinzu.

Käufer aus Asien und Osteuropa

Bei den bedeutendsten Goldkäufern der vergangenen Monate handelt es sich um China, Indien, die Türkei und Polen. Daneben kaufen viele andere Zentralbanken zu, allerdings weniger systematisch als die vier großen Nachfrager. Zu dieser Käufergruppe gehören beispielsweise die Notenbanken Singapurs und Tschechiens.

Auch Russland verstärkte in den vergangenen Jahren seinen Goldbezug. Da das Land selbst über bedeutende Vorkommen des Edelmetalls verfügt, dürfte die Zentralbank auch darauf zurückgreifen - zumal Länder wie die Vereinigten Staaten und Großbritannien Sanktionen gegen Unternehmen und Entitäten der russischen Goldindustrie verhängt haben.

Polens Notenbankpräsident Adam Glapiński hatte 2021 in einem Fachartikel angekündigt, dass seine Institution im laufenden Jahr mindestens 100 Tonnen Gold zukaufen werde. Inzwischen hat er sein Versprechen noch vor Ablauf des Jahres mit Zukäufen von rund 105 Tonnen eingelöst.

Zwischen August und September erwarb die Polnische Volksbank weitere 18,6 Tonnen des Edelmetalls. Mit insgesamt 333,7 Tonnen liegt Polen derzeit auf Platz 17 der Zentralbanken mit dem größten Goldschatz, wie aus Zahlen des World Gold Council hervorgeht. Wie Schiffgold berichtet, kündigte Glapiński an, den Goldschatz des osteuropäischen Landes auch künftig zu erweitern.

Auch Chinas Notenbank gab im Oktober Netto-Zukäufe von 26,1 Tonnen bekannt und setzte damit ihre Kaufserie den elften Monat in Folge fort. Die Türkei erwarb im Oktober weitere 7,7 Tonnen und Indien 7,1 Tonnen. Auch die Türkei und Indien kaufen seit vielen Monaten Gold hinzu. Während die Türken Gold als Absicherung gegen Währungskrisen schätzen, verwenden viele Inder Gold zeremoniell als Schmuck.

China rangiert nach Zahlen des World Gold Council – welcher neben den von den Notenbanken selbst veröffentlichten Daten auch auf Zahlen des Internationalen Währungsfonds zurückgreift – mit jetzt etwa 2.165 Tonnen international auf Platz Sieben.

Experten zufolge könnte das Land aber über deutlich höhere Reserven verfügen, was überhaupt auch für andere Länder gelten dürfte. So machen beispielsweise auch Israel, Nordkorea oder der Iran keine Angaben zum staatlichen Goldbesitz.

Absicherung in unruhigen Zeiten

Die Gründe, warum Staaten Gold erwerben, sind vielfältig. Für die jüngst starke Zunahme der Goldkäufe von Zentralbanken definitiv eine Rolle spielen jedoch das sich drastisch verschlechterte geopolitische Umfeld sowie Bestrebungen mehrerer Länder, ihre Abhängigkeit vom US-Dollar zu reduzieren.

Die Kriege in der Ukraine und im Nahen Osten sowie die Konfrontationspolitik der US-Regierung gegenüber China haben die Funktion von Gold als Sicherheitsanker im Portfolio der Zentralbanken aufgewertet. Denn Gold wird seit Jahrtausenden in allen Kulturen als werthaltig akzeptiert.

Dazu kommt, dass viele Staaten damit begonnen haben, die Dominanz des US-Dollars in ihren Handelsgeschäften und in ihren Devisenreserven zu verringern. Der Auslöser dieser Entwicklung war das Einfrieren russischer Vermögensvwerte im Umfang von etwa 300 Milliarden Dollar durch die US-Regierung als Reaktion auf den Einmarsch Russlands in de Ukraine.

Die Voraussetzungen für diese Absatzbewegungen weg von der Weltleitwährung allerdings hatten die US-Regierungen der jüngeren Vergangenheit selbst gelegt, indem sie verstärkt Sanktionen gegen geopolitische Rivalen erließen und diese nicht zuletzt auch auch an die Nutzung der US-Währung koppelten.

Bemerkenswert ist in diesem Zusammenhang auch der Umstand, dass China schon vor Jahren damit begann, ein eigenes Goldhandelszentrum in Form der Schanghaier Goldbörse aufzubauen, an dem internationale Investoren physisches Edelmetall in der Landeswährung Renminbi handeln.

Bundesbank wartet ab

Deutschland verfügt offiziellen Angaben zufolge mit rund 3.350 Tonnen nach den Vereinigten Staaten über die zweitgrößten Goldreserven der Welt.

Die Bundesbank hat allerdings auch mit Blick auf den Goldrausch anderer Notenbanken in absehbarer Zeit nicht vor, ihre Bestände zu erweitern, wie sie den Deutschen Wirtschaftsnachrichten auf Anfrage sagte. Man erkenne aber auch keine Nachteile, die ein größerer Goldbestand bergen würde, so ein Sprecher.

Die systematischen Goldkäufe anderer Zentralinstitute und die möglicherweise dahinterliegenden Motive will die Bundesbank nicht kommentieren.

Während zum 31. Dezember 2022 mit 1.710 Tonnen rund die Hälfte des deutschen Staatsgoldes in Deutschland lagerte, befanden sich weitere Positionen in New York (1.236 Tonnen) und in London (409 Tonnen), wie aus dem Geschäftsbericht 2022 hervorgeht.

Gefragt, ob man beabsichtige, das im Ausland gelagerte Gold nach Deutschland zu bringen, sagte der Bundesbanksprecher. „Nein, es gibt keine Pläne, weiteres Gold aus dem Ausland abzuziehen und in Deutschland zu lagern.“

Die langfristigen Auswirkungen des Aufbaus einer Gold-Architektur in Asien auf den Weltmarkt und die Stellung der etablierten Goldhandelszentren London und New York will die Bundesbank nicht kommentieren. „Allerdings bleiben auch in Zukunft die Goldmärkte in London und New York für die Bundesbank die wichtigsten Handelsplätze.“


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