Unternehmen

Deutschland hat so viele Erwerbstätige wie nie zuvor

Lesezeit: 2 min
16.11.2023 10:11  Aktualisiert: 16.11.2023 10:11
Erstmals ist die Zahl der Erwerbstätigen in Deutschland auf über 46 Millionen gestiegen - trotz der anhaltend schwachen Konjunktur. Ökonomen bemühen sich um Erklärungen.

Mehr zum Thema:  
Benachrichtigung über neue Artikel:  

Trotz akuter Rezessionsgefahr ist die Zahl der Erwerbstätigen in Deutschland im dritten Quartal erstmals über die Marke von 46 Millionen gestiegen. Von Juli bis September waren 46,04 Millionen Personen beschäftigt, wie das Statistische Bundesamt am Donnerstag mitteilte. "Die Zahl der Erwerbstätigen erreichte damit gleichwohl einen neuen historischen Höchststand", hieß es dazu. Der bisherige Höchstwert lag bei 45,96 Millionen und wurde Ende 2022 erreicht. "Gleichzeitig wurde damit erstmals nach der deutschen Vereinigung die 46-Millionen-Schwelle für ein Quartalsergebnis überschritten", fügten die Statistiker hinzu.

Dabei droht Europas größter Volkswirtschaft eine Rezession: Im dritten Quartal schrumpfte das Bruttoinlandsprodukt um 0,1 Prozent - vor allem, weil sich die Verbraucher angesichts von Kaufkraftverlusten beim Konsum zurückhielten. Der Beschäftigungszuwachs sei "ein weiterer Beweis, dass die Stagnation noch nicht am Arbeitsmarkt angekommen ist", sagte ING-Chefvolkswirt Carsten Brzeski. Die Zahl der gearbeiteten Stunden sei seit der Pandemie allerdings deutlich gesunken. "Heißt also, dass es immer mehr Teilzeitjobs gibt - freiwillig oder unfreiwillig." Die Zeichen am Arbeitsmarkt würden sich allerdings drehen. "Es gibt deutlich weniger offene Stellen als vor einem Jahr, die Unternehmen sind vorsichtiger bei ihren Einstellungsplänen und die Arbeitslosenquote nimmt ganz leicht zu", sagte Brzeski. "Wir sollten aktuell also das Beste am Arbeitsmarkt gesehen haben."

Wegen der demografischen Entwicklung 2025 dürften mehr Menschen aus dem Arbeitsleben ausscheiden, als neue hinzukommen - etwa 200.000 pro Jahr, sagt das Kieler Institut für Weltwirtschaft (IfW) voraus. Dabei unterstellt das IfW bereits eine Nettozuwanderung von rund 200.000 Erwerbspersonen aus dem Ausland, was im historischen Vergleich als eher hoch gilt.

"WACHSTUMSDYNAMIK LÄSST DEUTLICH NACH"

Die aktuelle Konjunkturflaute hinterlässt trotz des Beschäftigungsrekords bereits Spuren am Arbeitsmarkt. Bereinigt um saisonale Schwankungen stieg die Erwerbstätigenzahl nur noch leicht um 7000 zum Vorquartal. Im ersten und zweiten Quartal hatte es noch kräftige Zuwächse von 127.000 beziehungsweise 89.000 gegeben. Die Entwicklung sei zwar weiterhin positiv, "allerdings ließ die Wachstumsdynamik deutlich nach", betonten die Statistiker.

Besonders die Dienstleister stellten im Sommer ein. Hier stieg die Zahl der Erwerbstätigen im Vergleich zum Vorjahresquartal um 299.000 oder 0,9 Prozent. Den größten absoluten Beschäftigungsgewinn verzeichnete dabei der Bereich Öffentliche Dienstleister, Erziehung, Gesundheit mit 124.000 Personen (+1,0 Prozent). Dahinter folgt der Bereich Handel, Verkehr und Gastgewerbe mit 75.000 (+0,7 Prozent). Danach kommen die Unternehmensdienstleister, zu denen auch die Vermittlung und Überlassung von Arbeitskräften gehört, mit einem Plus von 51.000 Personen (+0,8 Prozent). Im Bereich Information und Kommunikation war der Beschäftigungszuwachs mit 35.000 Personen beziehungsweise 2,3 Prozent noch dynamischer.

Im Produzierenden Gewerbe (ohne Bau) nahm die Mitarbeiterzahl um 17.000 oder 0,2 Prozent zu. Im Baugewerbe gab es ein Zuwachs von 21.000 Personen (+0,8 Prozent). In der Land- und Forstwirtschaft, Fischerei blieb die Zahl gemessen am Vorjahreszeitraum unverändert.

Die sozialversicherungspflichtige Beschäftigung wuchs um 0,7 Prozent. Insgesamt erhöhte sich die Zahl der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer um 337.000 oder 0,8 Prozent auf 42,1 Millionen Personen. Bei den Selbstständigen einschließlich mithelfender Familienangehöriger kam der seit dem zweiten Quartal 2012 bestehende Abwärtstrend zum Stillstand: Ihre Zahl lag mit 3,9 Millionen Personen auf dem gleichen Niveau wie im Vorjahresquartal. (Reuters)

 


Mehr zum Thema:  

 

DWN
Unternehmen
Unternehmen Neue Verträge: Nach dem KaDeWe sind auch Oberpollinger und Alsterhaus gerettet
26.07.2024

Die berühmten Flaggschiffe der deutschen Warenhäuser scheinen nach der Pleite des Immobilien-Hasardeurs René Benko endlich gerettet zu...

DWN
Politik
Politik Ukraine-Hilfsgelder von Russland: EU gibt Erträge aus dem eingefrorenen Vermögen frei
26.07.2024

Die Europäische Union hat jetzt die ersten Zinserträge aus dem im Westen eingefrorenem russischen Staatsvermögen freigegeben. Die...

DWN
Politik
Politik Der Chefredakteur kommentiert: Islamisches Zentrum Hamburg - ein längst überfälliges Verbot, Frau Faeser!
26.07.2024

Liebe Leserinnen und Leser, jede Woche gibt es ein Thema, das uns in der DWN-Redaktion besonders beschäftigt und das wir oft auch...

DWN
Politik
Politik Bundeskanzler Scholz zu irregulärer Migration: „Die Zahlen müssen runter“
26.07.2024

Erwerbsmigration nach Deutschland sei erwünscht, meint der Kanzler. Problematisch findet er unerlaubte Einreisen. Eine Innenexpertin der...

DWN
Panorama
Panorama ADAC warnt: Es droht schlimmstes Stau-Wochenende der Saison
26.07.2024

Wer nun in den Urlaub fährt, sollte etwas mehr Zeit einplanen und mitunter starke Nerven haben. Der ADAC rechnet mit vielen Staus. Lassen...

DWN
Politik
Politik Außenministerin Baerbock: Seegerichtshof in Hamburg wird an Bedeutung gewinnen
26.07.2024

In Hamburg informiert sich die Außenministerin bei ihrer Sommerreise über die Arbeit des Internationalen Seegerichtshofs. Anschließend...

DWN
Finanzen
Finanzen EZB nach Stresstest: Banken haben Verbesserungsbedarf bei Cyber-Angriffen
26.07.2024

Seit der Finanzkrise 2008 wird genauer hingeschaut bei den Banken. Im Euroraum müssen sich die Institute nach Einschätzung der...

DWN
Politik
Politik Verfassungsschutz weist auf russische Sabotageversuche hin
26.07.2024

Der deutsche Inlandsgeheimdienst beobachtet schon länger verstärkte russische Geheimdienstaktivitäten. Neue Hinweise veranlassen ihn...