Wirtschaft

Wegen Haushaltskrise: OECD empfiehlt Ende der Rente mit 63

Die OECD prognostiziert, dass die Wirtschaft in Deutschland 2024 deutlich langsamer wächst als in den anderen Staaten. Wegen der Haushaltskrise empfiehlt sie ein Ende der subventionierten Frührente.
29.11.2023 11:34
Aktualisiert: 29.11.2023 11:34
Lesezeit: 2 min

Die OECD sagt Deutschland für 2024 ein niedrigeres Wirtschaftswachstum als fast allen anderen Industrieländern voraus. Das Bruttoinlandsprodukt dürfte wegen schwächelnder Exporte nur um 0,6 Prozent zunehmen, heißt es in dem am Mittwoch veröffentlichten "Economic Outlook" der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD). Nur in den benachbarten Niederlanden dürfte das Plus mit 0,5 Prozent noch geringer ausfallen.

Zum Vergleich: Das durchschnittliche Wachstum der 38 in der OECD vereinten Industrienationen wird mit 1,4 Prozent veranschlagt. Auch 2025 dürfte Deutschland mit 1,2 Prozent unter dem Schnitt von 1,8 Prozent bleiben. Im zu Ende gehenden Jahr soll Europas größte Volkswirtschaft sogar um 0,1 Prozent schrumpfen, während das OECD insgesamt mit einem Wachstum von 1,7 Prozent rechnen kann.

"Die deutsche Wirtschaft ist gerade in einer schwierigen Phase", sagte OECD-Ökonomin Isabell Koske der Nachrichtenagentur Reuters. "Die Energiekrise hat Deutschland mehr als andere Staaten getroffen, da die Industrie hierzulande einen wichtigeren Platz einnimmt und die Abhängigkeit von russischen Gas viel höher war als in anderen Ländern." Auch habe die hohe Inflation die Kaufkraft der Haushalte gesenkt und damit den Konsum beeinträchtigt.

"Zudem verunsichert die Haushaltskrise Unternehmen und Konsumenten", sagte Koske. Das Bundesverfassungsgericht hat unter Verweis auf die Schuldenbremse entschieden, dass die ursprünglich als Corona-Kredit bewilligten 60 Milliarden Euro im Haushalt 2021 nicht nachträglich umgewidmet werden dürfen für Investitionen in Klimaschutz und die Modernisierung der Wirtschaft.

Daher sei es zentral, "die Haushaltskrise so schnell wie möglich zu lösen, um den Unternehmen und Haushalten Planungssicherheit und Vertrauen in die Zukunft zu geben", sagte Koske. Eine Lösung sollten Kürzungen auf der Ausgaben-, Steigerungen auf der Einnahmenseite sowie eine Reform der Schuldenbremse umfassen.

So sollte die Politik darüber nachdenken, ob die Subventionierung der Frühverrentung durch die Rente mit 63 angesichts des Fachkräftemangels noch zeitgemäß sei. "Auf der Einnahmeseite sollte man teure und verzerrende Steuervergünstigungen kürzen, vor allem die klimaschädlichen Subventionen", sagte die OECD-Expertin und nannte als Beispiele Dienstwagenprivileg, Dieselsubvention und Pendlerpauschale, aber auch die Freibeträge bei der Schenkungs- und Erbschaftssteuer und die Befreiungen für Betriebsvermögen. Eine Reform der Schuldenbremse empfiehlt die OECD seit Jahren, um mehr Flexibilität für zentrale Zukunftsinvestitionen zu schaffen.

"Wenn die politischen Verantwortlichen sich jetzt schnell auf eine Lösung der Haushaltskrise einigen können und die notwendigen Verbesserungen in der öffentlichen Verwaltung und eine Senkung des Bürokratieaufwands voranbringen, bin ich zuversichtlich, dass sich die deutsche Wirtschaft wieder gut erholen wird", sagte Koske. Zinssenkungen durch die Europäische Zentralbank (EZB) würden dabei helfen. "Aber es ist noch viel wichtiger die Inflation wieder dauerhaft auf das Ziel der EZB herunterzubringen", sagte die Expertin. "Dazu braucht es für eine gewisse Zeit hohe Zinsen." Allerdings seien die deutschen Unternehmen weniger abhängig von Krediten zur Finanzierung ihrer Investitionen, da sie über hohe Ersparnisse verfügten, welche sich in den vergangenen Jahren aufgrund der hohen Exportüberschüsse angesammelt hätten. (Reuters)

Mehr zum Thema
article:fokus_txt
X

DWN Telegramm

Verzichten Sie nicht auf unseren kostenlosen Newsletter. Registrieren Sie sich jetzt und erhalten Sie jeden Morgen die aktuellesten Nachrichten aus Wirtschaft und Politik.

E-mail: *

Ich habe die Datenschutzerklärung sowie die AGB gelesen und erkläre mich einverstanden.

Ihre Informationen sind sicher. Die Deutschen Wirtschafts Nachrichten verpflichten sich, Ihre Informationen sorgfältig aufzubewahren und ausschließlich zum Zweck der Übermittlung des Schreibens an den Herausgeber zu verwenden. Eine Weitergabe an Dritte erfolgt nicht. Der Link zum Abbestellen befindet sich am Ende jedes Newsletters.

DWN
Unternehmen
Unternehmen Technologie im Mittelstand: Cloud bleibt bei kleinen Unternehmen ein Nischenthema
24.11.2025

Während große Unternehmen längst auf Cloud-Dienste für Speicher, Rechenleistung und Softwareanwendungen setzen, ist die Nutzung bei...

DWN
Technologie
Technologie Digitalisierung: Was Deutschland von Estland lernen sollte
24.11.2025

Deutschland steckt im digitalen Stau: Ämter arbeiten auf Papier, Gründer warten wochenlang, Unternehmen verlieren Zeit und Geld. Estland...

DWN
Politik
Politik Deutschland investiert am meisten in Soziales – IW-Studie zeigt EU-Spitzenplatz
24.11.2025

Deutschland führt europaweit bei den Sozialausgaben: Laut einer aktuellen Untersuchung des Instituts der deutschen Wirtschaft fließen...

DWN
Panorama
Panorama Artenschutz-Gipfel eröffnet: 185 Staaten verhandeln über das Überleben bedrohter Arten
24.11.2025

In Usbekistan hat eine internationale Artenschutzkonferenz begonnen, bei der Vertreter aus 185 Staaten über strengere Regeln für den...

DWN
Politik
Politik US-Sanktionen: Warum Russlands Schattenflotte außer Kontrolle gerät
24.11.2025

Der Druck aus Washington entfaltet weltweit Wirkung, weil Russlands Ölexporte unter den US-Sanktionen einbrechen und zugleich der...

DWN
Finanzen
Finanzen Hensoldt-Aktie: Möglicher Ukraine-Frieden belastet Aktienkurs – wo ist der Boden?
24.11.2025

Die Hensoldt-Aktie ist zum Handelsauftakt der neuen Börsenwoche weiter unter Druck geraten. Im Ringen um einen Friedensplan für ein Ende...

DWN
Finanzen
Finanzen Rheinmetall-Aktie bleibt unter Druck: Rüstungskonzern mit vielen Unsicherheiten – was das längerfristig für Anleger bedeutet
24.11.2025

Die Rheinmetall-Aktie rutscht zum Wochenauftakt im frühen Börsenhandel weiter ab. Der Rüstungskonzern plant in Hamburg ein...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Keine Lust aufs Lernen: Beschäftigte wenden sich Weiterbildungen ab
24.11.2025

Immer weniger Beschäftigte in Deutschland planen, sich beruflich weiterzubilden. Laut einer aktuellen Erhebung der Bertelsmann-Stiftung...