Wirtschaft

Inflation fällt deutlich, aber Ökonomen warnen vor Jahresende

Die Inflation ist im November überraschend stark gefallen, auf den niedrigsten Wert seit Juni 2021. Doch für Dezember erwarten Ökonomen einen deutlichen Rückschlag.
29.11.2023 14:45
Aktualisiert: 29.11.2023 14:45
Lesezeit: 2 min
Inflation fällt deutlich, aber Ökonomen warnen vor Jahresende
Bei der Inflation warnen Ökonomen nun vor einem bitteren Jahresende. (Foto: dpa) Foto: Fabian Sommer

Billigere Energie hat die deutsche Inflationsrate im November auf den niedrigsten Stand seit fast zweieinhalb Jahren gedrückt. Die Verbraucher mussten für Waren und Dienstleistungen durchschnittlich 3,2 Prozent mehr bezahlen als ein Jahr zuvor, wie das Statistische Bundesamt am Mittwoch zu seiner ersten Schätzung mitteilte. Einen niedrigeren Wert gab es zuletzt im Juni 2021 mit 2,4 Prozent. Im Oktober lag die Teuerungsrate noch bei 3,8 Prozent. Der Rückgang im November ist überraschend kräftig: Von der Nachrichtenagentur Reuters befragte Ökonomen hatten nur mit einer Rate von 3,5 Prozent gerechnet. Von Oktober auf November sanken die Verbraucherpreise um 0,4 Prozent und damit so stark wie seit knapp einem Jahr nicht mehr.

Deutlich günstiger als im November 2022 wurde Energie: Sie verbilligte sich um 4,5 Prozent. "Trotz des anhaltenden Nahostkonflikts ist es zu rückläufigen Ölpreisen gekommen, was sich positiv an den Tankstellen und bei den Heizölpreisen ausgewirkt hat", erklärte Helaba-Ökonom Ulrich Wortberg. Preistreiber blieben dagegen Nahrungsmittel, für die Verbraucher im Schnitt 5,5 Prozent mehr hinblättern mussten. Dienstleistungen verteuerten sich um 3,4 Prozent. Die Teuerungsrate ohne Nahrungsmittel und Energie - die sogenannte Kerninflation - lag bei 3,8 Prozent.

RÜCKSCHLAG IM DEZEMBER?

Ökonomen rechnen im Trend mit einem weiter nachlassenden Preisdruck. "Zwar dürfte die Inflationsrate im Dezember vorübergehend noch einmal auf etwa vier Prozent steigen", sagte der Konjunkturchef des Ifo-Instituts, Timo Wollmershäuser. Hier komme jedoch ein Basiseffekt zum Vorschein: Denn im Dezember 2022 sanken die Gaspreise für die Verbraucher kräftig, da der Staat die Kosten für den Abschlag übernahm. "Aber bereits zu Beginn des kommenden Jahres wird die Inflationsrate auf unter drei Prozent sinken", sagte Wollmershäuser.

Die Deutsche Bank rechnet damit, dass die Verbraucherpreise im kommenden Jahr um durchschnittlich 2,8 Prozent steigen werden, nach 6,0 Prozent im zu Ende gehenden Jahr. Besonders die Dienstleister dürften versuchen, gestiegene Lohnkosten auf ihre Kunden abzuwälzen. Die Europäische Zentralbank (EZB) strebt für die Währungsunion eine Inflationsrate von zwei Prozent als Idealwert an. Die nach europäischen Standards berechnete deutsche Inflationsrate näherte sich im November mit 2,3 Prozent diesem Wert schon deutlich. In Spanien lag dieser Wert bei 3,2 Prozent, nach 3,5 Prozent im Oktober.

"LETZTE MEILE IST DIE SCHWIERIGSTE"

Experten warnen aber vor möglichen Rückschlägen. "Im Kampf gegen die Inflation ist die letzte Meile immer die schwierigste", sagte Commerzbank-Chefvolkswirt Jörg Krämer. Besonders bei den arbeitsintensiven Dienstleistern seien die Löhne kräftig gestiegen. Diese dürften versuchen, die höheren Personalkosten an ihre Kunden weiterzugeben.

"Es besteht zudem das Risiko, dass die Entscheidungen der Bundesregierung auch die Inflation wieder befeuern", sagte der wissenschaftliche Direktor des Instituts für Makroökonomie und Konjunkturforschung (IMK), Sebastian Dullien. Die nun doch schon Ende Dezember auslaufenden Preisbremsen für Strom, Gas und Wärme würden zu einer erhöhten Inflationsrate in den ersten drei Monaten des Jahres 2024 führen. "Ebenfalls preistreibend dürfte die Rückkehr zum normalen Mehrwertsteuersatz von 19 Prozent bei Erdgas und Fernwärme sein", sagte Dullien. (Reuters)

Mehr zum Thema
article:fokus_txt
DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Globale Handelsadern unter Beschuss: Wem gehören die Häfen der Welt?
02.08.2025

Im globalen Machtpoker um maritime Infrastruktur blockiert China die milliardenschwere Übernahme von CK Hutchinson-Terminals durch...

DWN
Panorama
Panorama Sommerferien 2025: Wer früher startet, erlebt mehr Sonne – wer später reist, profitiert anders
02.08.2025

Sommerferien sind heiß ersehnt – doch wann ist der beste Zeitpunkt für den Urlaub? Früh oder spät starten, Sonne oder Schnäppchen,...

DWN
Finanzen
Finanzen Lebensversicherung verkaufen: Wie Sie die Lebensversicherung zu Geld machen können
02.08.2025

Bei einem Verkauf der Lebensversicherung erhält man in aller Regel mehr Geld als bei einer Kündigung des Vertrags. Während der...

DWN
Technologie
Technologie LinkedIn ist das professionelle soziale Netzwerk: Doch etwas ist im Wandel
02.08.2025

LinkedIn galt lange als letzte seriöse Bastion im Netz – ein Ort für Karrieren, Netzwerkpflege und Fachlichkeit. Doch jetzt häufen...

DWN
Finanzen
Finanzen Warum nur 1 von 25 Aktien echten Wohlstand schafft
02.08.2025

Nur vier Prozent der Aktien schaffen es, den Markt nachhaltig zu schlagen – der Rest vernichtet langfristig Vermögen. Was Anleger jetzt...

DWN
Finanzen
Finanzen Immobilien-Crowdfunding-Falle: Anleger warnt vor Reinvest24
02.08.2025

Ein Investor schlägt Alarm: Zinsen bleiben aus, Geld verschwindet, Auskünfte gibt es keine. Der Fall der Plattform Reinvest24 zeigt, wie...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Fahrermangel in Europa: Fast die Hälfte der europäischen Lkw-Fahrer steht kurz vor der Pensionierung
02.08.2025

Europa droht eine stille Krise, die alle trifft: Hunderttausende Lkw-Fahrer gehen bald in Rente – doch kaum jemand will nachrücken....

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Chef des Superfonds Eifo zur chinesischen Windkraft-Offensive: „Ich bin besorgt“
02.08.2025

Chinas Windkraftkonzerne drängen mit Macht auf globale Märkte – und bedrohen nun auch Europas Energiewende. In Lateinamerika, Afrika...