Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) ist bei der Eröffnung eines neuen Bahnwerks für ICE-Züge am Donnerstag in Cottbus mit lautem Protest von demonstrierenden Bauern empfangen worden. Die Polizei leitete eine Traktorenkolonne an dem Werk vorbei. Die Halle des Bahnwerks war abgesperrt, die Bauern kamen mit den Traktoren nicht heran.
Tausende Bauern wollen gegen die weiter geplanten Kürzungen bei Dieselsubventionen demonstrieren. Scholz plant, am Rande der Werks-Eröffnung mit Brandenburgs Landesbauernpräsident Henrik Wendorff zu sprechen.
Größtes Instandhaltungswerk der Bahn
Beim Cottbuser Werk handelt es sich um das modernste und größte ICE-Instandhaltungswerk der Deutschen Bahn. Scholz, Brandenburgs Ministerpräsident Dietmar Woidke und Bahn-Vorstandschef Richard Lutz gaben am Donnerstag den offiziellen Start für die fast 450 Meter lange Werkhalle, in der künftig die ICE-4-Flotte gewartet wird. Der Bau der zweigleisigen Halle erfolgte in 20 Monaten.
Scholz sprach von einem neuen "Deutschland-Tempo". Das Werk setze Maßstäbe für große Vorhaben überall im Land. Woidke sagte, zukunftsfähige Arbeitsplätze in der Strukturwandel-Region stärkten das Vertrauen in Versprechen der Politik. Das Bahnwerk ist eines der wichtigsten Vorhaben, um die Lausitzer Kohleregion zu unterstützen. Es wird über das Strukturstärkungsgesetz des Bundes finanziert.
Mit der Inbetriebnahme entstehen am Standort 450 Arbeitsplätze. Bis 2026 sollen es insgesamt 1200 sein. Der Konzern hat nach eigenen Angaben auch die Berufsausbildung gestärkt und die Zahl der Ausbildungsplätze deutlich erhöht. Somit können Arbeitsplätze im Werk mit eigenen Auszubildenden besetzt werden.
In der Halle werden die Züge zum Teil demontiert und schwere Teile wie Fahrmotoren oder Drehgestelle ausgetauscht. Das geht innerhalb von rund zwei Wochen - nach Bahnangaben so schnell wie in keinem anderen Werk. Für die Wartung passen die 374 Meter langen ICE in voller Länge in die Halle. Arbeiten an den Zügen können gleichzeitig ausgeführt werden.
Der ICE 4 ist das Rückgrat des Fernverkehrs der Bahn. Bis 2025 soll die Flotte 137 Züge haben, bis Ende 2030 dann 450. Im Jahr 2026 soll der Neubau einer zweiten, viergleisigen Instandhaltungshalle in Cottbus fertig sein.
Chinesische Verhältnisse in Brandenburg
Scholz hat in Cottbus Offenheit für ausländische Arbeitskräfte angemahnt. "Mit der Wirtschaft muss es aufwärts gehen. Das gelingt nur, wenn Arbeitskräfte weiter zu uns kommen. Wir sind ein weltoffenes Land, das einen festen Platz hat im geeinten Europa", betonte Scholz.
Scholz verwies darauf, dass das SPD-geführte Brandenburg im ersten Halbjahr 2023 das mit Abstand größte Wirtschaftswachstum im Vergleich aller 16 Bundesländer aufzuweisen habe - mit sechs Prozent "fast chinesische Dimensionen". "Wenn Städte wie Cottbus heute ein Problem haben, dann ist es sicher nicht mehr der Arbeitsmangel, sondern der Arbeitskräftemangel", betonte der Kanzler. Der Trend habe sich an ganz vielen Orten in Ostdeutschland gedreht. "Wir brauchen gut ausgebildete Fachkräfte, und zwar viele", betonte Scholz. Viele davon kämen aus Deutschland. "Wir brauchen aber auch internationale Fachkräfte, die sich hier wohlfühlen müssen, damit sie kommen und ihre Familien mitbringen", fügte der SPD-Politiker hinzu. Diese müsse man mit offenen Armen empfangen.