Immobilien

Schleppende Kehrtwende am Immobilien-Investmentmarkt

Lesezeit: 3 min
18.01.2024 10:35
Nach zwei Jahren signifikanter Einbrüche auf dem Immobilien-Investmentmarkt verdichten sich die Zeichen einer Bodenbildung. Die Markt-Krise ist allerdings nicht vorbei. Wie sieht es in den verschiedenen Segmenten aus und welche Megatrends können Investoren im Jahr 2024 erwarten?
Schleppende Kehrtwende am Immobilien-Investmentmarkt
Der Immobilien-Investmentmarkt wartet auf Neugeschäfte: (Foto: dpa)

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Während es zögernde Anzeichen gibt, dass sich die Talsohle auf dem Markt für Immobilieninvestitionen nähert, ist die Krise auf dem Markt bei weitem noch nicht überwunden. Restrukturierungen rücken jetzt vermehrt in den Fokus, Insolvenzen werden auch im Jahr 2024 weiter ein Thema sein und der Wohnungsneubau und Büroimmobilien bleiben die Sorgenkinder.

Das sind die Ergebnisse des aktuellen EY Real Estate Trendbarometers Immobilien-Investmentmarkt 2024. Für die jüngste Studie hat die Wirtschaftsprüfungs-Firma ungefähr 250 Investoren befragt, die in den vergangenen Jahren am deutschen Immobilienmarkt aktiv waren.

Florian Schwalm, Managing Partner bei EY Real Estate und Co- Studienautor, sagte im Rahmen einer virtuellen Konferenz, dass eine Trendwende auf dem Markt für Immobilieninvestitionen noch auf sich warten lasse. „Langsam verdichten sich die Zeichen einer Bodenbildung am Immobilien-Investmentmarkt. Die Krise überwunden haben wir allerdings noch nicht.“ Er fügte hinzu: „Leider sind auch weitere Insolvenzen entlang der Wertschöpfungskette alles andere als unwahrscheinlich. Dies wiederum setzt die Marktpreise der Assetklasse Immobilien weiter unter Druck. Im Jahr 2024 schlägt die Stunde der Restrukturierung."

Die Studien-Ergebnisse zeigen, dass rund 92 Prozent der befragten Investoren weitere Markt-Abwertungen erwarten, während 93 Prozent mit einem zunehmenden Angebot restrukturierungsbedürftiger Immobilien rechnen, durch – unter anderem - auslaufende Finanzierungen.

Markt-Hintergrund: Aufwärtsdynamik durch Ukraine-Krieg gebremst

Seit 2009 ging der deutsche Immobilienmarkt nur in eine Richtung: Aufwärts. Der Zyklus hat sich im Jahr 2020 mit dem Ukraine-Krieg verändert, und im Jahr 2022 gab es dann einen deutlichen Einbruch des Transaktionsmarkts. „So ein niedriges Transaktionsvolumen wie im Jahr 2023 verzeichneten wir zuletzt vor zwölf Jahren,“ kommentierten die Autoren.

Gleichzeitig markierte das Jahr 2011 den Auftakt in den Superzyklus, der, geprägt vom Niedrigzinsumfeld, in den letzten zehn Jahren anhielt.

Megatrends im Immobilienmarkt: Zinsentwicklung

Die Zinsentwicklung wurde im aktuellen Marktumfeld weiterhin als dominierender Megatrend identifiziert, wenngleich knapp drei Viertel der Marktteilnehmer im Jahr 2024 kein weiter steigendes Zinsniveau erwarten. Mit der Zinswende haben auch der Klimawandel und die Digitalisierung vorübergehend an Bedeutung verloren. Allerdings erwarten rund 92 Prozent der Befragten dass die Preisdifferenzierung zwischen „grünen“ und „braunen“ Immobilien weiter zunehmen wird.

Weiter vorsichtiges Agieren am Transaktionsmarkt

Nach Ansicht von 77 Prozent der Befragten konzentrieren sich institutionelle Investoren aktuell auf das Asset Management der Bestände, während Opportunistic- oder Value-Add Investoren bereitstehen, um gute Investitionen zu tätigen. Projektenwicklern wird es auch nach Ansicht der Befragten im laufenden Jahr nicht gut gehen und die Mehrheit der Marktteilnehmer ist der Meinung, dass die 2023-Insolvenzwelle sich auf Bauunternehmen und Zulieferer ausweiten könnte.

Aufhellung im Wohnsegment, doch Neubau bleibt Sorgenkind

Für Wohnimmobilien in sehr guten Lagen erwarten die befragten Investoren 2024 steigende oder konstante Preise und nur für schwächere Lagen geht die Hälfte der Befragten von sinkenden Preisen aus.

Trotz dieser generellen Aufhellung im Wohnsegment im Vergleich zum Vorjahr, bleibt das Sorgenkind der Neubau. Die meisten Studien-Befragten sagten die wichtigsten politischen Maßnahmen, um Neubauaktivitäten wieder anzukurbeln, sind:

  • Die Schaffung verlässlicher Rahmenbedingungen wie Regulatorik und Förderungen
  • Beschleunigte Baurechtschaffung
  • Vereinheitlichung und Vereinfachung der Bauordnungen auf Bundesebene
  • Die Schaffung von Steuererleichterungen (wie Sonder-AfA ohne Baukostenobergrenze und Senkung der Grunderwerbsteuer) und
  • Direkte Investitionskostenzuschüsse wie KfW-Fördermittel und Baukindergeld

Kaufpreisentwicklung in Nutzungsklassen: Wohnen und Logistik stabil

Während weitere Preisabschläge bei Büros erwartet werden, sind Wohnen und Logistik die stabilsten Nutzungsklassen. „Im Wohnbereich werden eher stabile Preise gesehen im Vergleich zum Vorjahr bei sehr guten Produkten und hier könnten auch wieder steigende Preise auftauchen“, bemerkte Schwalm. Im Einzelhandel werden vermehrt Preiskorrekturen erwartet und in Top-Lagen im Hotelsegment eher steigende Preise.

Favorisierten Märkte: Berlin und Hamburg, Frankfurt schwächelt

Mit leichtem Vorsprung ist Berlin gemeinsam mit Hamburg der gefragteste Wohnimmobilienstandort innerhalb der Top 7 Standorte, während Frankfurt etwas an Rang verloren hat. München überholte Frankfurt als Nummer eins Büroimmobilienstandort innerhalb der Top 7-Standorte, während Stuttgart die niedrigste Nachfrage im Bürosegment verzeichnete.

Finanzierungsumfeld weiter herausfordernd

Insgesamt hat der deutsche Immobilien-Investmentmarkt jetzt im zweiten Jahr in Folge an Attraktivität eingebüßt: Der Anteil derjenigen Investoren, die Deutschland als weniger attraktiv einstufen, hat im Vergleich zum Vorjahr etwas zugenommen, obwohl ihn immer noch mehr als die Hälfte als attraktiv bewerten.

Laut Paul von Drygalski, Director bei EY Real Estate und Co-Studienautor, greifen einige Vorteile - die Immobilieninvestments in der Niedrigzinsphase vor allem gegenüber anderen Anlagen hatten - im aktuellen Markt nicht mehr zu. „Gleichzeitig kommt im Zuge insbesondere energetischer Ertüchtigungen mehr denn je zum Tragen, dass Immobilien sehr arbeitsintensive Anlageobjekte sein können. Die zunehmende Regulierung tut ihr Übriges, dass sich Investoren derzeit eher zurückhalten“, so von Drygalski.

Auch das Finanzierungsumfeld bei Banken bleibt rau: Rund 82 Prozent der Investoren erwarten eine Konzentration auf kleinere Kreditvolumina und 91 Prozent gehen von steigenden Eigenkapitalanforderungen aus. Die Finanzierung über den Kapitalmarkt ist nach Ansicht von 81 Prozent der Befragten aufgrund der stark gestiegenen Refinanzierungskosten aktuell unattraktiv.

Ausblick: Investoren-Interesse gegen Ende des Jahres

Von Drygalski zufolge sollte die Talsohle auf dem Markt gegen Ende des Jahres erreicht werden. Investoren würden voraussichtlich dann wieder Grund sehen, um im Markt zu agieren. „Wir sehen eine große Nachfrage in vielen Metropolen … daher werden sich die Investments wieder erholen“, sagte er. Die Tatsache, dass die 10-jährigen Finanzierungskosten leicht gefallen sind und die EZB vor Kurzem angab, dass Zinssenkungen vorstellbar sind, seien Punkte, die das Neugeschäft im Markt gegen Ende des Jahres antreiben könnten.



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