Politik

Erdogan gründet AKP-Ablegerpartei in Europa

Die türkische Regierung treibt die Bildung einer eigenen Partei für die EU-Wahlen voran. Beobachter aus den etablierten Parteien warnen.
30.01.2024 10:43
Aktualisiert: 30.01.2024 10:43
Lesezeit: 2 min

Politiker mehrerer Parteien in Deutschland haben sich besorgt über die mögliche Gründung eines Ablegers der türkischen AKP-Partei für die kommende Europawahl gezeigt.

Der CDU-Innenexperte Christoph de Vries sagte der Bild am Sonntag, die Bundesregierung sollte diese Parteigründung "unter keinen Umständen auf die leichte Schulter nehmen". Es sei dringend geboten, dass die Sicherheitsbehörden alle Aktivitäten dieser Partei und ihre Verbindungen zur türkischen Regierung genauestens beobachten und einschreiten, wenn es zu einer direkten Einflussnahme der türkischen Regierung komme.

Die SPD-Vorsitzende Saskia Esken sagte am Sonntag Welt-TV:: "Für mich ist es wichtig, dass wir gerade unseren türkischstämmigen Mitbürgerinnen und Mitbürgern in Deutschland deutlich machen, dass Deutschland zusammengehört, dass wir ein Volk sind, dass wir es weder zulassen werden, dass Kräfte wie jetzt diese rechtsextremistischen Netzwerke in die Nähe der Macht kommen, die Migrantinnen und Migranten deportieren wollen, aber natürlich auch nicht die spalterischen Tendenzen eines Recep Tayyip Erdogan hier eine Rolle spielen dürfen."

Bundeslandwirtschaftsminister Cem Özdemir (Grüne) schrieb am Sonntag auf der Plattform X (vormals Twitter): "Ein Erdogan-Ableger, der hier zu Wahlen antritt, ist das Letzte, was wir brauchen."

Hintergrund ist ein Bericht der Bild am Sonntag über die Gründung einer "türkisch-islamistischen Partei" mit der Bezeichnung DAVA (Demokratische Allianz für Vielfalt und Aufbruch). Der Zeitung liegt nach eigenen Angaben die Gründungserklärung vor. Als Spitzenkandidaten für die Europawahl seien vier Männer benannt, die früher für die islamisch-konservativen Regierungspartei AKP von Präsident Erdogan oder deren Vorfeldorganisationen tätig gewesen sein sollen.

Unionsfraktionsvize Jens Spahn (CDU) warnte auf der Plattform X (vormals Twitter), ein Erdogan-AKP-Ableger in Deutschland, "das wäre eine weitere extreme Partei im Land".

Einflussnahme auf deutsche Politik - dank Doppelstaatlichkeit

"Ich sehe das mit allergrößter Skepsis", sagte der parlamentarische Geschäftsführer der CDU/CSU-Bundestagsfraktion, Thorsten Frei, am Dienstag in Berlin. "Es zeigt sich ein stückweit, dass gerade die Änderung des Staatsbürgerschaftsrecht ein kategorialer Fehler war", fügte er mit Blick auf die ausgeweitete Doppelstaatlichkeit hinzu. "Dies wird ein weiteres Einfallstor auch für ausländische Einflussnahme auf die deutsche Politik."

"Wir müssen auch da als Rechtsstaat ganz genau hinschauen", sagte der FDP-Fraktionsvorsitzende Christian Dürr den Sendern RTL/ntv. Politischer Wettbewerb sei gut, aber wenn es um Parteien gehe, die Verfassung oder Grundrechte infrage stellen könnte, müsse man das hinterfragen, betonte der FDP-Politiker.

Die immer stärkere Ausdifferenzierung des Parteienspektrums mache eine Mehrheitsbildung zudem nicht leichter, sagte der CDU-Politiker Frei. Er fügte aber hinzu, dass nicht absehbar sei, ob eine solche Partei überhaupt Erfolg haben würde. SPD-Fraktionschef Rolf Mützenich hatte am Montag gesagt, dass man zunächst abwarten solle, "ob diese Partei in irgendeiner Form hier Relevanz bekommt".

Mehr zum Thema
article:fokus_txt
X

DWN Telegramm

Verzichten Sie nicht auf unseren kostenlosen Newsletter. Registrieren Sie sich jetzt und erhalten Sie jeden Morgen die aktuellesten Nachrichten aus Wirtschaft und Politik.
E-mail: *

Ich habe die Datenschutzerklärung gelesen und erkläre mich einverstanden.
Ich habe die AGB gelesen und erkläre mich einverstanden.

Ihre Informationen sind sicher. Die Deutschen Wirtschafts Nachrichten verpflichten sich, Ihre Informationen sorgfältig aufzubewahren und ausschließlich zum Zweck der Übermittlung des Schreibens an den Herausgeber zu verwenden. Eine Weitergabe an Dritte erfolgt nicht. Der Link zum Abbestellen befindet sich am Ende jedes Newsletters.

DWN
Technologie
Technologie Meta trainiert KI mit Ihren Daten – ohne Ihre Zustimmung. So stoppen Sie das jetzt!
09.05.2025

Ab dem 27. Mai analysiert Meta öffentlich sichtbare Inhalte von Facebook- und Instagram-Nutzern in Europa – zur Schulung seiner...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Silicon Valley wankt: Zölle, Zoff und zerplatzte Tech-Träume
08.05.2025

Während Europa auf seine Rezession zusteuert und China seine Wirtschaft auf staatlicher Kommandobasis stabilisiert, gibt es auch im sonst...

DWN
Panorama
Panorama Verkehrswende: Ariadne-Verkehrswendemonitor zeigt Entwicklung auf
08.05.2025

Wie sich die Verkehrswende in Deutschland aktuell entwickelt, ist nun auf einer neuen Onlineplattform des Potsdam-Instituts für...

DWN
Finanzen
Finanzen Inflation bewältigen: 7 Strategien für finanzielle Stabilität, weniger Belastung und einen nachhaltigeren Lebensstil
08.05.2025

Wer die eigenen Ausgaben kennt, kann gezielt handeln. So behalten Sie die Kontrolle über Ihr Geld. Mit Budgetplanung und klugem Konsum...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Maschinenbau: Bedeuten die Trump-Zölle das Ende einer deutschen Schlüsselindustrie?
08.05.2025

Der Maschinenbau befindet sich seit Jahren im Dauerkrisenmodus. Nun droht die fatale Zollpolitik des neuen US-Präsidenten Donald Trump zum...

DWN
Politik
Politik Anti-Trump-Plan: Halbe Milliarde Euro für Forschungsfreiheit in Europa
08.05.2025

Während US-Präsident Trump den Druck auf Hochschulen erhöht, setzt EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen auf gezielte Anreize...

DWN
Technologie
Technologie Bitkom-Umfrage: Deutsche kritisieren Abhängigkeit von KI-Anbietern aus dem Ausland
08.05.2025

Die Bevölkerung in Deutschland verwendet zunehmend Anwendungen auf Basis künstlicher Intelligenz. Gleichzeitig nimmt die Sorge über eine...

DWN
Politik
Politik Migrationspolitik: Wie die Neuausrichtung an den deutschen Außengrenzen aussehen könnte
08.05.2025

Das Thema illegale Migration und wer bei irregulärer Einreise an deutschen Landesgrenzen zurückgewiesen wird, beschäftigt die Union seit...