Was eigentlich zum uralten Eisen gehört, erweist sich plötzlich in einer Welt der supermodernen High-Tech-Kriegsführung auf den Schlachtfeldern der Ukraine als Volltreffer und als wirksamste Waffe, die Deutschland der Ukraine geliefert hatte. Der annähernd 60 Jahre alte Flakpanzer Gepard ist inzwischen der erfolgreichste Drohnenjäger, den die ukrainischen Streitkräfte in ihrem Arsenal haben.
Eigentlich war die Lieferung des Gepard-Flakpanzers nur eine Notlösung, die für Deutschland Ausweg aus einer peinlichen Verlegenheit sein sollte. Denn der Gepard, den Deutschland an die Ukraine geliefert hat, kommt aus sogenannten Industriebeständen. In diesen Beständen sind von der Bundeswehr ausgemusterte Panzer, die von den Herstellern für einen möglichen Weiterverkauf an Drittländer gelagert werden.
Als die Ukraine bei der Bundesregierung angefragt hatte, war die Bundeswehr „ziemlich blank“, wie ein Bundeswehrgeneral in einem Hintergrundgespräch eingeräumt hatte. Zwar hätte man auch den von der Ukraine erbetenen Kampfpanzer Leopard liefern können, doch hatte damals Bundeskanzler Olaf Scholz noch erhebliche Bedenken gehabt, weil der Kampfpanzer Leopard im herkömmlichen Sinne als eine Offensivwaffe eingestuft wird – und so verfiel man der Idee, einen wahrhaften Veteranen der Ukraine anzudrehen. Die war – verständlicherweise – erst einmal wenig begeistert, als man ihr einen Flakpanzer anbot, der bis auf die Radar-Zielerfassung auf einer Technik beruhte, die schon im Zweiten Weltkrieg zum Einsatz kam.
Gepard-Panzer: Entwicklung in den 1950er-Jahren
Der Flakpanzer Gepard war das letzte Flugabwehrsystem der Bundeswehr, das noch gebräuchliche Kanonen hatte und nicht moderne Raketensysteme. Die Entwicklung für den Gepard begann schon Ende der 1950er-Jahre. Die Bundeswehr brauchte damals ein mobiles System, das die eigene Truppe vor gegnerischen Tieffliegern und Kampfhubschraubern schützen sollte. 1976 wurde dann der erste Gepard an die Bundeswehr ausgeliefert, bis 1980 bekam die Bundeswehr dann 420 Exemplare.
Doch was zuerst wie ein uralter Ladenhüter aussah, erwies sich für die Ukraine als ein Glücksfall, mit dem eigentlich niemand gerechnet hatte. Denn zum ersten Mal in einem bewaffneten Konflikt werden in der Ukraine in großem Umfang Drohnen eingesetzt. Die kleinen und niedrig fliegenden Drohnen können nur schwer mit Raketen bekämpft werden. Hinzu kommt ein Kostenargument: Drohnen – und gerade die Drohnen iranischer Bauart, mit denen Russland im großen Stil beliefert wird -, sind schon für wenige hundert Euro pro Stück zu haben. Es ist deshalb allein schon aus Kostengründen effizienter, Drohnen mit simplen und billigen Granatgeschossen zu bekämpfen.
Doch bis zum Einsatz in der Ukraine war es für den Gepard ein weiter Weg, denn die die ukrainischen Soldaten mussten erst an dem Flakpanzer ausgebildet werden. Da dieser aber seit 2010 bei der Bundeswehr nicht mehr im Dienst ist, mussten erst einmal Soldaten ausfindig gemacht werden, die das Gepard-System beherrschten, teilweise mussten gar ehemalige Angehörige der Bundeswehr aus dem Ruhestand für diesen Zweck reaktiviert werden.
Effizient bei der Verteidigung gegen Drohnen
Heute will die Ukraine den Gepard nicht missen. Auch der ukrainische Außenminister Dmytro Kubela äußerte sich gegenüber seiner deutschen Amtskollegin Annalena Baeerbock voll des Lobes, als diese ihn in Kiew besuchte. „Niemand hätte erwartet, dass diese Waffe sich bei der Verteidigung gegen Drohnen als derartig effizient erweist“, so der ukrainische Chefdiplomat.
Was den Gepard – trotz seines betagten Alters – so wirksam macht, ist seine Kombination aus High-Tech Software und robuster, schier unverwüstlicher Hardware. Ein hochmodernes elektronisches Zielerfassungssystem ist in einem stählernen Panzer untergebracht, der außerdem sehr wendig ist. Als Waffe hat der Gepard eine vom Schweizer Hersteller Oerlikon hergestellte Zwillings-Maschinenkanone, die bis zu 1.100 Schuss pro Minute abfeuern kann.
Gepard: Ukraine hat bereits nachbestellt
Inzwischen ist der Veteran so gut in den Streitkräften der Ukraine eingeführt, dass die Ukraine schon eine Nachbestellung aufgegeben hat. Zu den 49 Gepard-Panzern, die die Bundesrepublik bisher an die Ukraine geliefert hat, sollen nun 60 weitere kommen – und zwar aus Jordanien. Und auch die Geschichte der Panzerlieferung aus dem Morgenland ist ein Kuriosum.
Nachdem der Gepard sich so in der Ukraine bei der Drohnenbekämpfung bewährt hat, wollte die Ukraine eine Nachbestellung aufgeben. Doch so einfach war es nicht, die deutsche Industrie hatte keine in ihren Beständen mehr. Nun hat ein amerikanischer Waffenhändler, der von der US-Regierung bezahlt wird, herausgefunden, dass es in Jordanien noch 60 Flakpanzer gibt. Diese Panzer waren ursprünglich Teil der Bewaffnung der niederländischen Armee, ehe sie dort, wie in der Bundesrepublik auch, ausgemustert und an Jordanien weiterverkauft wurden. Jetzt werden die alten Systeme noch einmal überholt, ehe sie dann an die Ukraine ausgeliefert werden. Und so erlebt ein annähernd 60 Jahre altes Gefährt eine Renaissance, die keiner zuvor vermutet hatte.