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Bundes-Wippe auf der Kippe: Das Einheits-Denkmal wird und wird nicht fertig

Lesezeit: 3 min
20.02.2024 16:54
Das geplante Denkmal zur Deutschen Einheit, einst von prominenten Politikern des Deutsches Bundestages durchgesetzt, steht einfach unter keinem guten Stern. Jetzt sind zwar endlich die Fundamente fertig, aber der Mettallbau-Betrieb befindet sich in Insolvenz. Die überdimensionale Wippe am Berliner Stadtschloss wird immer teurer und dauert immer länger. Ein Drama!
Bundes-Wippe auf der Kippe: Das Einheits-Denkmal wird und wird nicht fertig
Wird und wird nicht fertig: Das als Bundes-Wippe verlachte Einheitsdenkmal auf der früheren Schlossfreiheit vor dem Humboldt-Forum. (Foto: Milla & Partner)

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Im Jahr 2007 hat der Deutsche Bundestag erstmals die Absicht bekundet, die Erinnerungs- und Mahnmal-Landschaft der Hauptstadt mit einem Denkmal zur Erinnerung an die friedliche Revolution in der DDR und die daraus resultierende Deutsche Einheit zu vervollständigen. Für große Begeisterung sorgte das nicht. Aber die Initiatoren blieben unbeirrt - und am Ball. Zwei Wettbewerbe später gab es anno 2017 den amtlichen Beschluss. Berlin trifft sich auf der Wippe - wie damals die Bürger in der DDR, die vereint mit ihren Schwingungen Bewegung in die Geo-Politik gebracht haben.

Warum dauert das alles so lange? Im Gegensatz zum Holocaust-Mahnmal, dessen Beton-Stelen bereits zu zerbröseln und zu bröckeln beginnen, ist die 50 mal 18 Meter lange Metall-Konstruktion mit dem Namen „Bürger in Bewegung" - alles andere als das. Die Baustelle tritt derzeit auf der Stelle - die Fundamente sind zwar bereitet, die Kunst indes lässt auf sich warten.

Alter Standort des Nationaldenkmals

Das düstere Bildnis aus dem Computer des Büros Milla & Partner soll zeigen, wie die wippenartige und mit Messing überzogene Metall-Struktur - weich und gülden - im Sonnenuntergang über dem Spree-Arm schimmern soll, an den historischen Gestaden Alt-Berlins. Einst befand sich hier die sogenannte Schlossfreiheit mit ihren alten Häusern gegenüber dem Berliner Stadtschloss.

Bis der westliche Uferbereich des Hohenzollern-Schlosses mit einem Denkmal für Kaiser Wilhelm I. bebaut wurde - das ehemalige Nationaldenkmal des Kaiserreiches. Die alte Eiche am Fuße des ursprünglichen Fundaments steht noch heute auf Niveau des Spreekanals. Dies war nach dem Mauerfall lange ein wunderbarer Ort für ein kleines Picknick im Schatten der deutschen Geschichte - ein Geheimtipp! Ein Verein kümmerte sich damals sogar mehrere Jahre liebevoll um den Erhalt des Genius loci, bot Besuchern Klettertouren hinunter ins Gewölbe des alten Nationaldenkmals an.

Dann wurde das Areal für Größeres requiriert: Wolfgang Thierse (SPD) und Günter Nooke (CGU) und die vielen anderen verdienten Kämpfer für die Deutsche Einheit wollten Grund und Boden unbedingt in den Dienst ihrer Verdienste gestellt wissen. Obwohl sich in Stadt und Land die Hurra-Rufe in Grenzen hielt - sowohl für den Standort als auch für den letztlich ausgewählten Entwurf. Die einen hätten lieber der Heldenstadt Leipzig ein Denkmal vermacht - in Angedenken an die mutigen Montags-Demos anno 1989. Die anderen wollten partout keine Kunst mit verrutschter Symbolik.

Bundestag stimmt für Bundes-Wippe

Es war Norbert Lammert, der CDU-Bundestagspräsident aus Bochum, der sich in Volkes Stimme übte und ein Machtwort sprach. Wird gebaut, und wird auch bezahlt! Über 17 Millionen Euro wurden vom Parlament an Mitteln leichtfertig freigegeben. Im Vergleich zu anderen Projekten der Erinnerungskultur geradezu Peanuts. Hauptsache, die Sache kommt vom Tisch. Doch 2022 wurden im Gewölbe überraschend Wasserfledermäuse entdeckt - keine Fertigstellung möglich. Zuletzt sollte der Tag der Deutschen Einheit anno 2023 gefeiert werden auf der Wippen-Schale. Wieder nichts draus geworden!

Und auch 2024 steht erneut auf der Kippe. Jetzt wurde nämlich bekannt, dass der Stahlbauer Rohlfing pleite ist. Das Stahlbauunternehmen aus Stemwede-Niedermehnen in NRW hatte Anfang Februar Insolvenz beantragt. 41 Mitarbeiter müssen um ihre Arbeitsplätze fürchten. Immer wieder, so hört man, hatte es zwischen Rohlfing und dem Generalübernehmer im Auftrag des Kulturstaatsministeriums, das Architekturbüro Milla & Partner aus Stuttgart, Streit um die Finanzen gegeben.

Milla und Team spielen die Sache herunter. Nach Möglichkeit solle die Metall-Konstruktion noch in diesem Jahr fertiggestellt werden. Notfalls müsse ein anderer Stahlbauer das zu Ende bringen. Wird schon, irgendwie! Das glaubt und wünscht sich vor allem Claudia Roth von den Grünen. Ihr Haus ist für den ganzen Ärger jetzt inzwischen verantwortlich.

„Das Freiheits- und Einheitsdenkmal als wichtiger Gedenkort für das Schlüsselereignis unserer jüngeren Geschichte der friedlichen Revolution in der ehemaligen DDR und dem damit möglich gewordenen großen Glück der Deutschen Einheit wurde vom Deutschen Bundestag erstmals 2007 beschlossen und dieser Beschluss anschließend mehrfach bekräftigt“, betont eine Sprecherin der Beauftragten für Kultur und Medien im Kanzleramt. Und weiter heißt es dort: „Für Kulturstaatsministerin Claudia Roth ist es ein wichtiges Anliegen, dass diese Beschlüsse des Parlaments endlich umgesetzt werden.“

Die Sache zum Abschluss bringen

Wie es in Sachen Insolvenz weitergehen soll, werde derzeit geprüft. Die Koordination der Realisierung des Freiheits- und Einheitsdenkmals lägen vollständig in der Hand des Generalübernehmers, der durch die Milla & Partner GmbH vertretenen Arbeitsgemeinschaft. Alle Beteiligten befänden sich weiterhin in intensiven Abstimmungen, um eine rasche und kosteneffiziente Fertigstellung zu gewährleisten. Ein genaues Fertigstellungsdatum könne nur der Generalübernehmer nennen.

Von den haushaltsrechtlich anerkannten Kosten stehen aktuell „noch über drei Millionen Euro für Restleistungen an Stahlbau sowie Transport und Montage am Denkmalsockel in Berlin zur Auszahlung bereit“, heißt es im Kulturstaatsministerium. Doch das Denkmal könnte auch teurer werden: „Mit Blick auf die allgemeinen Preissteigerungen ist gleichwohl nicht auszuschließen, dass zur Fertigstellung des Freiheits- und Einheitsdenkmals in Berlin noch einmal Haushaltsmittel über die bisher vom Deutschen Bundestag bewilligten hinaus zur Verfügung gestellt werden müssen.“ Ein Trauerspiel in Zahlen.

Zum Autor:

Peter Schubert ist stellvertretender Chefredakteur. Seit dem 1. November schreibt er bei den DWN über Immobilien, Politik und Wirtschaft.


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