Zahlreiche Indizes haben neue Allzeithochs erobert, zum Beispiel der DAX, der S&P 500 oder der MSCI World-Index. Der S&P 500 etwa knackte Anfang Februar erstmals die 5.000-Punkte-Marke.
Manchen Anlegern bereitet die Rallye Sorgen: Sie fragen sich, ob die Kurse nicht zu hoch für einen Einstieg sind oder ob nicht bald ein Crash folgen könnte – nicht zuletzt auch wegen der Zinserhöhungen der US-Notenbank Fed.
Am besten sofort investieren
Klaus Porwoll von Pecuniars rät indes von einer Abwartehaltung ab. „Markt-Timing, also Investitionen nach der Entwicklung am Kapitalmarkt oder nach Prognosen auszurichten, funktioniert nicht und gelingt selbst Profianlegern bestenfalls in Ausnahmefällen“, erklärt der Honorar-Finanzanlagenberater schriftlich gegenüber DWN.
Der richtige Einstiegszeitpunkt am Aktienmarkt sei immer jetzt. „Stellen Sie sich nur vor, der Markt läuft – trotz Allzeithoch – weiter nach oben. Dann kommt man womöglich nicht mehr in den Markt und verpasst einen erheblichen Teil der Aufwärtsbewegung.“
Laut einer Analyse des US-Vermögensverwalters Global Asset Management sind Allzeithochs eher eine Regel denn eine Besonderheit. Langfristig wachsen nämlich die Wirtschaft und die Unternehmensgewinne und somit steigen auch die Indizes entsprechend an.
Laut der Analyse gab es beim S&P 500 zwischen 1950 und Ende 2020 mehr als 1100 Allzeithochs. Das waren 16 pro Jahr oder ein Allzeithoch alle 23 Tage. Nach den meisten folgte kein Crash: Bloß bei 6,5 Prozent aller Allzeithochs waren die Kurse nach 12 Monaten mindestens 10 Prozent tiefer. Nach drei Jahren waren es noch 1,6 Prozent. Nach zehn Jahren stand niemals ein Minus von 10 Prozent oder mehr zu Buche.
Laut den Berechnungen des Vermögensberaters Gerd Kommer rentierte der S&P 500 nach einem Allzeithoch sogar überdurchschnittlich. Demnach stieg der Index zwischen 1926 und 2020 um 10,3 Prozent pro Jahr. In den 12 Monaten nach Erreichen eines Allzeithochs waren es hingegen 13,9 Prozent (24 Monate danach: 11,2 Prozent pro Jahr, 36 Monate: 10,5 Prozent). Ursache könnte der Zufall sein, aber auch ein möglicher Momentum-Effekt, erklärt Kommer.
Aktienmärkte sind nicht generell überbewertet
Experten sehen die Aktienmärkte zudem nicht als generell überbewertet an. Teuer seien vor allem Tech-Aktien aus den USA, erklärte der Portfoliomanager Reinhard Panse kürzlich gegenüber DWN. Das zeigten Modelle, die den Kurs ins Verhältnis zu den Dividenden, Gewinnen und dem Buchwert setzten.
„Heute hat der US-Aktienmarkt – diesmal aufgrund der Fantasie bezüglich Künstlicher Intelligenz (KI) – wieder fast dasselbe Bewertungsniveau wie vor 23 Jahren erreicht“, erklärte Panse mit Blick auf die Dotcom-Blase. Europäische Aktien seien gerade einmal halb so teuer und deutsche Titel erreichten nur 38 Prozent des damaligen Bewertungsniveaus.
Dementsprechend rät Honorarberater Klaus Porwoll davon ab, mit Investments zu warten. Wenn man Geld langfristig anlege und breit diversifiziere, „dann ist es egal, wo der Aktienmarkt steht“, erklärt er. Denn langfristig würden Aktien die höchsten Renditen bieten.
Eine Rechnung des Schwab Centre for Financial Research legt denn auch nahe, dass der Einstiegszeitpunkt auf lange Sicht keine so große Rolle spielt. Die Finanzökonomen verglichen drei Anleger miteinander, die pro Jahr 2000 US-Dollar in ein „S&P 500“-Portfolio investierten (von 2003 bis 2022).
Ein Anleger mit Glück investierte dabei immer am Tag mit dem geringsten Schlusskurs. Ein passiver Anleger investierte direkt am Jahresanfang die gesamte Summe und ein Anleger mit Pech erwischte stets den Tag mit dem höchsten Schlusskurs.
Dennoch lag der Anleger mit Glück nicht sehr weit vorne: Nach den 20 Jahren hatte er nur 8,2 Prozent mehr Endvermögen als der passive Anleger (138.000 versus 127.500 US-Dollar). Der Anleger mit Pech kam auf immerhin 112.300 US-Dollar. Am schlechtesten fuhr ein Anleger, der sein Geld auf dem Bankkonto liegen ließ (43.900 US-Dollar vor Steuern, Inflation und Anlagekosten).
Wie sollten sich Anleger verhalten?
Porwoll rät daher, so früh wie möglich einzusteigen. Wer sich mit einem größeren Einmalinvestment nicht wohlfühle, solle die Summe in mehrere Raten aufteilen und nach und nach in den Markt gehen. „In diesem Fall würde ich aber feste Kaufzeitpunkte festlegen und diese auch unabhängig von der Marktentwicklung oder von Prognosen umsetzen“, empfiehlt der Berliner.
Einen Sparplan solle man niemals aussetzen, sondern unabhängig von der Entwicklung am Kapitalmarkt weiterlaufen lassen. „Am besten richtet man ihn ein und schaut zu bestimmten Zeitpunkten drauf, vielleicht ein- oder zweimal im Jahr, um zu überprüfen, ob das Investment noch zu den persönlichen Zielen passt.“ Dabei solle man sich vor Augen halten, dass man bei sinkenden Kursen günstiger einkaufe.