Finanzen

Sammelklagen gegen „Energieabzocker“: Preiserhöhungen von mehr als 200-Prozent

Tausende Verbraucher, die mit exorbitanten Strom- und Gasrechnungen konfrontiert wurden, können auf eine Rückerstattung hoffen. In einer richtungsweisenden Sammelklage vor dem Oberlandesgericht Hamm vertritt der Bundesverband der Verbraucherzentrale (vzbv) die Interessen von Geschädigten gegen ExtraEnergie und weiteren Energieanbietern. Sind Sie auch betroffen?
14.03.2024 12:10
Aktualisiert: 14.03.2024 13:50
Lesezeit: 2 min

ExtraEnergie, ein vergleichsweise neuer Akteur auf dem deutschen Energiemarkt, steht derzeit wegen signifikanter Preiserhöhungen für Strom und Gas im Fokus rechtlicher Auseinandersetzungen. Die Firma, deren Geschäftspraktiken bereits von Stiftung Warentest kritisiert wurden, erhöhte im Sommer 2022 die Preise um mehr als das Doppelte – ein Schritt, der selbst Verbraucher mit zuvor garantierten Tarifen betraf. Der Preis für Gas pro Kilowattstunde kletterte von 7,78 auf 24,31 Cent; bei Strom von 31,07 Cent auf 68,39 Cent pro Kilowattstunde - ein massiver Anstieg!

ExtraEnergie begründete die gestiegenen Preise mit generell gestiegenen Beschaffungskosten auf Grund der Folgen des Kriegs in der Ukraine und staatlicher Regulierungen auf dem Energiemarkt. Allerdings erklärte das Oberlandesgericht Düsseldorf dieses Argument im März 2023 für „nicht tragfähig“, da der pauschale Verweis auf gestiegene Beschaffungskosten als Begründung nicht ausreicht (Az. I-20 U 318/22).

Dennoch verfolgte das Unternehmen weiterhin die Einziehung der erhöhten Beiträge und setzte hierfür sogar Inkassounternehmen ein. Auch die damit verbundenen zusätzlichen Kosten, teils im dreistelligen Bereich, sollen Verbraucher tragen.

Sammelklage gegen ExtraEnergie am Oberlandesgericht Hamm

Angesichts dieser umstrittenen Praktiken hat die Verbraucherzentrale Alarm geschlagen und wehrt sich mit einer im Dezember 2023 initiierten Sammelklage beim Oberlandesgericht Hamm.

„Die dreisten Preiserhöhungen von ExtraEnergie entbehren aus unserer Sicht jeder rechtlichen Grundlage. Energieanbieter dürfen Verbraucher:innen nicht pauschal zur Kasse bitten, weil sich Einkaufspreise erhöht haben. Es darf Ihnen erst recht nicht das Versprechen einer Preisgarantie genommen werden“, kommentiert vzbv-Vorständin Ramona Pop. Nach Schätzungen des vzbv dürften mehr als 100.000 Verbraucher von den unverhältnismäßigen Preiserhöhungen betroffen sein.

Die Sammelklage gegen ExtraEnergie: Gemeinsam stark - Mehrere Geschädigte, eine Klage!

Falls auch Sie dazugehören, besteht die Möglichkeit, sich der Sammelklage anzuschließen. Im Falle eines positiven Urteils haben Sie Anspruch auf Rückerstattungen sowie Schadensersatz!

Eine Sammelklage bietet den Vorteil, dass eine Gruppe von Verbrauchern, die ähnliche Schäden durch die gleiche Ursache erlitten haben, gemeinsam gegen ein Unternehmen klagen kann. Dies ist besonders hilfreich, wenn es um umfangreiche Ansprüche gegen große Firmen geht. Mindestens zehn Personen mit gleichartigen Ansprüchen können sich zusammenschließen, wobei der individuelle Gang vor Gericht entfällt. Einfach ausgedrückt: Die Sammelklage ermöglicht es, Rechte unkomplizierter und mit weniger Kosten geltend zu machen.

„Um sich an der Klage zu beteiligen, müssen sich Betroffene nur in das Klageregister eintragen“, so vzbv-Vorständin Ramona Pop. Die Anmeldung im Klageregister ist einfach und kostenlos. Erforderlich sind lediglich die Angabe Ihrer Kontaktdaten und der Anspruchsgrund. Dies gewährleistet, dass Ihre Ansprüche während des gesamten Prozesses gewahrt bleiben und schützt sie vor einer Verjährung.

Mitmachen lohnt sich: Wehren auch Sie sich gegen horrende Energiepreiserhöhungen!

Um Ihnen die Teilnahme an der Sammelklage zu vereinfachen, hat der vzbv einen hilfreichen Klage-Check entwickelt. Dieses Tool unterstützt Sie dabei zu prüfen, ob Sie anspruchsberechtigt sind, und leitet Sie Schritt für Schritt durch den Anmeldeprozess zum Klageregister. Halten Sie hierfür Ihre Vertragsdokumente mit ExtraEnergie GmbH, Ihre Abrechnungen und jegliche Benachrichtigungen zu Preissteigerungen bereit. Der Klage-Check bietet zudem praktische Tipps, wie Sie Ihre Anmeldung präzise formulieren können.

Es ist wichtig zu wissen, dass ExtraEnergie seine Dienstleistungen unter verschiedenen Markennamen anbietet. Unabhängig davon, ob Ihr Anbieter als ExtraEnergie, ExtraStrom, ExtraGas, Prioenergie, PrioStrom, PrioGas, HitEnergie, HitStrom oder HitGas auftritt – Ihr Anspruch auf Klagebeteiligung bleibt unberührt. Einem Urteil des Bundesgerichtshofs zufolge haben Verbraucher drei Jahre Zeit, um gegen Strom- oder Gasrechnungen Einspruch zu erheben und Rückerstattungen zu fordern.

Stand Januar 2024 liegt der durchschnittliche Strompreis pro Kilowattstunde in Deutschland bei rund 37,4 Cent – einer der höchsten Tarife weltweit. Zum Vergleich lag der Durchschnittspreis im Jahr 2014 noch bei etwa 28 Cent pro Kilowattstunde, was einen Preisanstieg von über 32 Prozent innerhalb von zehn Jahren markiert.

Mehr zum Thema
article:fokus_txt
DWN
Politik
Politik Sicherheitsgarantien Ukraine: Warum Washington plötzlich auf einen Deal drängt
27.11.2025

Wachsende Irritationen in Europa treffen auf ein Washington, das den Ton sichtbar verschärft und ein Friedensabkommen zur Bedingung für...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Studie von KfW Research: Industriestandort Deutschland benötigt mehr Wagniskapital
27.11.2025

Deutschlands Industrie steht unter Druck: KfW Research sieht schrumpfende Wertschöpfung und zu wenig Risikokapital. Chefvolkswirt Dirk...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Immer mehr Arbeitsplätze wandern ins Ausland ab: Wirtschaftsstandort Deutschland wackelt
27.11.2025

Hohe Preise für Energie, belastende Lohnnebenkosten, eine ausufernde Bürokratie und politische Vorgaben des Staates: Immer mehr Firmen...

DWN
Finanzen
Finanzen Microsoft-Aktie im Fokus: Rekordinvestitionen in Cloud und KI stärken das Wachstum
27.11.2025

Microsoft setzt mit massiven Investitionen in Cloud-Infrastruktur und künstliche Intelligenz auf Wachstum und Innovation. Können diese...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Bundespräsident Steinmeier: Europa muss Potenzial als Wirtschaftsmacht ausschöpfen
27.11.2025

Krieg, Machtverschiebungen und zähe Entscheidungen in der EU belasten die Wirtschaftsmacht Europa. Auf dem Wirtschaftsforum in Madrid...

DWN
Finanzen
Finanzen Novo Nordisk-Aktie: Kursrückgang nach enttäuschenden Studien – trotz positivem Analystenkommentar
27.11.2025

Die Novo Nordisk-Aktie steht seit vielen Monaten unter Druck. Auch im Donnerstaghandel an der Frankfurter Börse verbucht die Novo...

DWN
Panorama
Panorama Rabattschlacht: Warum Fake-Shops am Black Friday besonders riskant sind – und wie Sie sie erkennen
27.11.2025

Der Black Friday lockt mit Rekordrabatten – doch zwischen echten Deals verstecken sich zunehmend Fake-Shops. Professionell gestaltet und...

DWN
Immobilien
Immobilien EH-55-Förderung kehrt zurück: Was Bauherren ab Dezember beachten müssen
27.11.2025

Ab Mitte Dezember fließt wieder Geld für Neubauten im EH-55-Standard. Die KfW öffnet ein bekanntes Förderfenster – doch nur unter...