Immobilien

Kampf gegen Schrott-Immobilien: Initiative soll Abzockern das Geschäft erschweren

Lesezeit: 4 min
15.03.2024 11:00  Aktualisiert: 17.03.2024 13:00
Sie werden immer mehr zum Ärgernis im Stadtbild. Die Schaufenster und Eingänge mit Pressholzplatten verrammelt und zugenagelt. Die Fassaden mit Graffiti beschmiert. Anzeichen langen Leerstands - und oft Indiz für Schrott-Immobilien. Solche Häuser oder Wohnungen werden aufgekauft und für betrügerische Abzocke missbraucht. Die Regierung will das nun erschweren. Die DWN klären auf, wie die Masche meist abläuft.

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Schon seit einiger Zeit wird mit sogenannten Schrottimmobilien unbedarften Anlegern das Geld aus der Tasche gezogen. Die Täter beziehen aus den Verkäufen hohe Provisionen, für die Geschädigten endet das Geschäft nicht selten in der Privatinsolvenz. Dahinter steckt ein ausgeklügeltes Vertriebssystem, mit dem Menschen durch unseriöse Renditeversprechen zum weit überteuerten Kauf einer Wohnung bewegt werden. Eine Masche, die schon seit Jahren bundesweit Polizei-Ermittler bewegt. Verbraucherschützer haben lange erfolglos davor gewarnt. Nun will der Justizminister für Abhilfe sorgen.

Mit Steuerspar-Tipp angelockt, dann abgezockt

Der Trick läuft nach Polizeiangaben meist so ab: Zu Beginn wird, als Meinungsumfrage getarnt, Kontakt zu potentiellen Opfern aufgenommen. Versteckt zwischen allgemeinen Fragen zur Tagespolitik wird versucht das Nettoeinkommen in Erfahrung zu bringen. Ist der Verdienst allerdings zu gering, um bei der Bank den notwendigen Kredit zu erhalten, wird das Gespräch auch schon beendet.

Wenn nicht, erfolgt einige Zeit später ein weiterer Anruf. Dieses Mal schlägt der Anrufer vor, an einem unverbindlichen Beratungsgespräch zum Thema „Steuern sparen” teilzunehmen. Ein Termin wird vereinbart - natürlich zuhause. Es erscheint ein gut angezogener und höflicher Mitarbeiter einer Firma. Mit viel Geschick überzeugt er, Steuern sparen zu können, weil man für ein staatlich gefördertes Steuersparprogramm in Frage kämen. Um Finanzierungsmöglichkeiten auszuloten, werden Gehaltsnachweise und Steuerbescheide verlangt.

Im nächsten Schritt werden die angeblich großen steuerlichen Vorteile einer Immobilieninvestition erläutert. Ein Hochglanz-Exposé wird vorgelegt: Eine Immobilie, so heißt es, saniert, vermietet und in idealer Lage. Die Kreditraten der Bank würden sich durch die Mieteinnahmen und die Steuerersparnis quasi von selbst tragen. Interessenten müssten lediglich einen geringen Betrag selbst hinzuzahlen.

Nach zehn Jahren sei die Immobilie locker mit Gewinn zu verkaufen. Nur eine „Patenschaft” für die Wohnung wäre notwendig. Falls die Wohnung unvermietet ist, wird sogar eine Mietgarantie abgegeben. Besonders verlockend erscheint: Sämtliche Nebenkosten trägt angeblich der Verkäufer, was eher nicht üblich ist am Markt. Dann wird es richtig finster.

Was der Berater Investoren verschweigt

Diese Kosten werden zum Schluss auf den Kaufpreis aufgeschlagen. Sie sind von Anfang an eingeplant und müssen im Rahmen der Finanzierung bezahlt werden. Keine Chance, Gewinne zu erzielen. Die Immobilien werden häufig günstig aus Zwangsversteigerungen aufgekauft, notdürftig per Pinselsanierung aufgehübscht und dann zu deutlich über dem Marktwert liegenden Preisen weiterverkauft. Wohnungen, aber auch Häuser, was der Immobilien-Markt an billigen Objekten so hergibt.

Bei der Kalkulation hinzu kommen noch die Kaufnebenkosten und eine Vermittlerprovision von bis zu 35 Prozent, der im Kaufpreis versteckt ist. Den „Gewinn” machen die anderen. Regelmäßig stellen sich im Nachgang die Berechnungen und Versprechungen der Berater als falsch heraus, der Eigenbetrag beträgt auf einmal nicht mehr 50 sondern 700 Euro im Monat. Bei vielen Betroffenen ist die Höhe der zu entrichtenden Lohnsteuer so gering, dass sich dieses „Steuersparmodell” auf keinen Fall lohnen kann. Davon wird der sogenannte Berater selbstverständlich nichts erzählen. Er hat auf jede Frage eine Antwort, beeindruckt durch Referenzen, die schicken Büroräume.

Notare-Termine ohne Wartezeit? Trügerisches Indiz

Angeblich gibt es viele, die an diesem Steuersparmodell interessiert sind. Gutgläubige Interessenten werden überzeugt, dass es notwendig ist, noch am selben Tag bei einem Notar Interesse zu beurkunden, um sich den Anspruch auf die Immobilie zu sichern. Und siehe da: Glücklicherweise gibt es einen Notar gleich in der Nähe, dessen Kanzlei auch zu ungewöhnlichen Zeiten noch geöffnet ist.

Dieser Termin ist freilich bereits längst mit dem Notar, der regelmäßig eng mit den Tätern zusammenarbeitet und deren Vertriebspraktiken kennt, vereinbart. Derartige Dienstleister sind als Mitternachts-Notare in der Branche verschrien. Sie sollen glauben, es handle sich um ein legales Geschäft. Der Notar wird Sie fragen, ob Sie den Vertragsentwurf und das Exposé bereits vor 14 Tagen erhalten haben. Zuvor wird der Berater die Käufer darauf eingeschworen haben, bei dieser Frage unwahr zu antworten, es handle sich um eine Formalie.

Danach wird er Ihnen ein notarielles Kaufvertragsangebot vorgelesen. Der Berater behauptet dann, es handle sich dabei nur um ein Angebot. Doch derlei Angebote sind bereits rechtlich bindend. Wenn der Verkäufer innerhalb der Frist die Annahme erklärt, kommt ein Kaufvertrag zustande. In einer Vielzahl der Fälle ist die verbindliche Annahme des Vertrages mit einem weiteren Notar bereits vorbereitet, so dass die Abgabe des Angebotes, entgegen der Darstellungen des Vermittlers bzw. des beurkundenden Notares, bereits die rechtliche Wirkung eines echten Kaufvertrages entfaltet.

Finanzierung per Direktbank - ohne Kundenkontakt

In der Folgezeit steht der Kundendienst des Unternehmens zur Betreuung bereit. Der wird für die Finanzierung fehlende Unterlagen einholen. Schließlich legt er den Darlehensvertrag für die Immobilienfinanzierung zur Unterschrift vor. Dieser wurde durch eigene Finanzierungsvermittler meist mit einer Direktbank ausgehandelt, da so kein Kontakt zwischen Bankmitarbeiter und Kunden stattfinden muss. Ist der Darlehensvertrag unterschrieben, gilt eine Wohnung als gekauft. Die Mietgarantien gibt es dann nicht mehr, Rechnungen werden nicht mehr bezahlt, die Berater sind plötzlich nicht mehr zu erreichen. Erst jetzt merken viele, dass sie Opfer eines Betruges geworden sind.

Die Polizei rät, Betroffene sich an die Verbraucherzentralen zu enden und am besten einen Rechtsbeistand mit der Wahrnehmung Ihrer Interessen zu betrauen. Für die Anzeigen wegen Betruges ist natürlich die Polizei selbst zuständig.

Bundesjustizminister Marco Buschmann von der FDP versucht nun das seinige zu tun, um diese Abzockerei zu erschweren. Er will skrupellosen Geschäften mit Schrottimmobilien möglichst nun einen Riegel vorschieben. Dazu möchte er die rechtlichen Grundlagen für Zwangsversteigerungen neu regeln. „Mit Schrottimmobilien wird in vielen Kommunen ein böses Spiel getrieben – insbesondere dort, wo die wirtschaftlichen Verhältnisse schwierig sind", so Buschmann wörtlich. „Skrupellose Geschäftsleute ersteigern Problem-Häuser, quartieren unter teils erbärmlichen Bedingungen Menschen mit Migrationsbezug dort ein und quetschen damit die Immobilien aus wie eine Zitrone – ohne je den geschuldeten Preis zu bezahlen." Dabei machten sie sich das Recht der Zwangsversteigerung zunutze.

Eigentümer-Verband begrüßt Beschluss des Kabinetts

Die Problematik der sogenannten Schrottimmobilien ist in vielen deutschen Regionen allgegenwärtig. Diese Gebäude verfallen zusehends und beeinträchtigen nicht nur das Stadtbild, sondern auch den Wert der umliegenden Immobilien. Als Interessenvertretung der Eigentümer setzt sich der Verband Haus & Grund für eine Lösung dieses Problems ein. „Die vom Bundesjustizminister auf den Weg gebrachten Neuregelungen sind ein wichtiger Schritt im Kampf gegen unseriöse Geschäftspraktiken“, kommentierte Präsident Kai Warnecke das vom Bundeskabinett diese Woche beschlossene Schrottimmobilien-Missbrauchsbekämpfungsgesetz.

Der Verband appelliert an die zuständigen Behörden, die neuen Regelungen konsequent umzusetzen. Insbesondere die erweiterte gerichtliche Verwaltung und die verbesserte Kontrolle der Zwangsversteigerungsverfahren seien entscheidend, um Missbräuche zu verhindern. Haus & Grund fordert, dass unseriöse Geschäftspraktiken konsequent geahndet werden. Bußgelder und der Ausschluss von weiteren Ersteigerungen sind angemessene Maßnahmen, um den Missbrauch von Schrottimmobilien einzudämmen. „Die Bekämpfung von Schrottimmobilien ist nicht nur im Interesse der Eigentümer, sondern ist für die gesamte Gesellschaft von Bedeutung. Es ist wichtig, dass unsere Städte attraktiv und lebenswert bleiben“, erklärte Warnecke. Und dass es weniger Betrugsfälle gibt in Zukunft.

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Peter Schubert ist stellv. Chefredakteur und schreibt seit November 2023 bei den DWN über Politik, Wirtschaft und Immobilienthemen. Er hat in Berlin Publizistik, Amerikanistik und Rechtswissenschaften an der Freien Universität studiert, war lange Jahre im Axel-Springer-Verlag bei „Berliner Morgenpost“, „Die Welt“, „Welt am Sonntag“ sowie „Welt Kompakt“ tätig. 

Als Autor mit dem Konrad-Adenauer-Journalistenpreis ausgezeichnet und von der Bundes-Architektenkammer für seine Berichterstattung über den Hauptstadtbau prämiert, ist er als Mitbegründer des Netzwerks Recherche und der Gesellschaft Hackesche Höfe (und Herausgeber von Architekturbüchern) hervorgetreten. In den zurückliegenden Jahren berichtete er als USA-Korrespondent aus Los Angeles in Kalifornien und war in der Schweiz als Projektentwickler tätig.



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