Finanzen

Steuern sparen bei Fonds und ETFs - Welche legalen Tricks gibt es?

Lesezeit: 6 min
20.05.2024 18:43
Steuern fressen einen großen Teil der Börsengewinne auf. Gerade zum Jahreswechsel gibt es einige Tricks, mit denen Sie Ihre Gewinne sichern und sogar steigern können. Wir verraten Ihnen, 11 legale Wege, mit denen Sie Steuern bei Fonds und ETFs sparen können - und bis zu fünfstellige Zusatzerträge einfahren.
Steuern sparen bei Fonds und ETFs - Welche legalen Tricks gibt es?
Es gibt vielfältige legale Wege, um Steuern bei Aktien und ETFs zu sparen (Foto: iStockphoto.com/Stadtratte).
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Zwar werden die Kapitalerträge in Deutschland geringer besteuert als Löhne, aber auch hier greift der Staat kräftig zu. Wer eine Aktie oder Fondsanteile verkauft, zahlt 2024 auf Kursgewinne die Abgeltungssteuer plus Solidaritätszuschlag von 26,375 Prozent. Kirchenmitglieder kommen sogar auf eine effektive Steuerlast von ungefähr 28 Prozent je nach Bundesland. Dabei sind die ersten 1.000 Euro Kursgewinne innerhalb eines Jahres steuerfrei (bei Ehepaaren: 2.000 Euro). Doch es gibt Tricks, um Steuern bei Fonds und ETFs zu sparen. Die Deutschen Wirtschaftsnachrichten zeigen Ihnen 11 legale Wege.

1. Thesaurierende statt ausschüttende Fonds

Thesaurierer sind in der Regel steuerlich effizienter als Ausschütter. „Grundsätzlich kann ein Anleger bereits durch eine reine ,Buy & Hold‘-Strategie gepaart mit einem langen Anlagehorizont von dem sogenannten Steuerstundungseffekt profitieren“, erklärt der Vermögensverwalter Leandro Barulli von Top Vermögen gegenüber DWN.

Bei einem thesaurierenden Fonds verbleiben Ausschüttungen wie Zinsen und Dividenden im Fondsvermögen und können weitere Zugewinne auslösen. Der Anleger muss die Kursgewinne erst versteuern, wenn er die Fondsanteile verkauft. Bei einem Ausschütter fallen die Kapitalertragssteuern sofort an. Zwar habe der Gesetzgeber im Jahr 2018 die sogenannte Vorabpauschale eingeführt, die den Steuervorteil der Thesaurierer abmindern solle, erklärt Leandro Barulli. Tatsächlich ist der Vorteil aber nicht ganz verschwunden.

Dazu müsste der Basiszins laut dem Finanzökonomen Hartmut Walz der Hochschule Ludwigshafen deutlich steigen. Dieser liegt für das Jahr 2024 bei 2,29 Prozent und dient als Grundlage für die Berechnung der Vorabpauschale. „Erst bei einer starken Zinssteigerung droht die Gefahr, dass die Besteuerung auf Basis der Vorabpauschale diejenigen voll ausschüttender Fonds übertrifft“, schreibt Walz in einem Blogbeitrag vom Januar 2024.

2. Dividendenfonds meiden

Steuerbewusste Anleger sollten Dividendenfonds meiden. Diese schütten hohe Summen an die Anleger aus, was zu einer besonders hohen Steuerbelastung führt. „Der Steuerstundungseffekt von thesaurierenden Anlagen ist umso größer, je größer die Ausschüttungsrendite der Anlage ist“, erklärt Hartmut Walz in dem Blogbeitrag.

Ein weiteres Problem: Bei thesaurierenden Fonds können die Anleger genau kontrollieren, wie viel Kursgewinne sie in einem Jahr über Anteilsverkäufe versteuern lassen. Dividendenfonds und andere ausschüttende Fonds lassen weniger Spielraum für die Steueroptimierung.

3. Bei US-Aktien: Fonds und ETFs mit Sitz in Irland kaufen

Fonds mit Sitz in Irland haben einen steuerlichen Vorteil. „Wenn physische ETFs in Irland aufgelegt wurden, kann die Fondsgesellschaft die Hälfte der in den USA abgezogenen Quellensteuern auf Dividenden für sich reklamieren und zurückbekommen“, erklärt Vermögensverwalter Leandro Barulli. Irland verfüge über ein älteres Doppelbesteuerungsabkommen mit den USA als die anderen EU-Länder. Nicht nur die Halter von Einzelaktien könnten sich dort Quellensteuern aus den USA zurückholen, sondern auch die Fonds selbst.

Das verschaffe irischen Fonds einen Vorteil. „Die USA sind der größte Kapitalmarkt der Welt. Folgerichtig machen US-Aktien in den meisten globalen Aktienindizes den Löwenanteil aus“, erklärt Barulli. Anleger sollten also beim Domizilland genauer hinschauen. Gerade irische ETFs mit hohem USA-Exposure können besser rentieren als ETFs auf den gleichen Referenzindexen mit Sitz in einem anderen Land.

4. Freistellungsauftrag einrichten

Vorabpauschale und Kapitalertragssteuern können durch einen Freistellungsauftrag abgegolten werden, erklärt Leandro Barulli. Jeder Anleger darf pro Jahr Kapitalerträge von bis zu 1.000 Euro steuerfrei vereinnahmen. Anleger können einen Freistellungsauftrag bei ihrem Depotanbieter einreichen, damit dieser den Freibetrag anrechnet und nicht zu hohe Kapitalertragssteuern an das Finanzamt überweist.

Dazu müssen sie ein kurzes Antragsformular einreichen, das sie in der Regel auf der Homepage der Bank herunterladen können. Zahlreiche Mustervorlagen finden sich auch im Netz. Eheleute können einen gemeinsamen oder getrennten Freistellungsauftrag beantragen (gemeinsam: Freibetrag von 2.000 Euro).

Wer mehrere Konten und Depots hat, kann den Freistellungsauftrag auch aufteilen. Etwa könnte er einen Antrag über 300 Euro Freistellung bei der Bank stellen, bei der er ein Tagesgeld- oder Festgeldkonto unterhält, und die restlichen 700 Euro beim Broker geltend machen. Der Freistellungsauftrag ist unbefristet gültig, falls nicht anders gewünscht. Um die Höhe des Freistellungsauftrags abzuschätzen, sollte man einen Blick auf die Nominalverzinsung eines Kontos werfen beziehungsweise auf die Vorjahresausschüttungen von Investmentfonds.

5. Bei Einkommen unter dem Existenzminimum: NV-Bescheinigung beantragen

Geringverdiener mit Einkünften unterhalb des Grundfreibetrags profitieren von höheren Freibeträgen bei Kursgewinnen. Ab dem Jahr 2024 liegt der Grundfreibetrag bei 11.604 Euro pro Jahr für Alleinstehende (Ehepaare: 23.208 Euro). Liegen die Einkünfte einschließlich Kapitalerträge in einem Jahr unter diesem Betrag, können Anleger eine Nichtveranlagungsbescheinigung beantragen. In diesem Fall sind bei Alleinstehenden Kapitalerträge in Höhe des Grundfreibetrags einschließlich einem Sonderausgaben-Pauschbetrag von 36 Euro und 1.000 Euro Sparerpauschbetrag steuerfrei (insgesamt 12.640 Euro, bei Ehepaaren: 25.280 Euro). Anleger können die NV-Bescheinigung beim Wohnsitzfinanzamt für drei volle Kalenderjahre beantragen.

Aber Achtung: Übersteigen die Einkünfte einschließlich Kapitalerträge die Grenze von 12.640 Euro, müssen Anleger die NV-Bescheinigung wieder zurückgeben und die Kapitalerträge versteuern.

6. Bei geringem Einkommen: Günstigerprüfung veranlassen

Wessen Grenzsteuersatz unter 25 Prozent liegt, kann eine sogenannte Günstigerprüfung beim Finanzamt beantragen. Er darf Kapitalerträge mit dem individuellen Grenzsteuersatz versteuern und erhält zu viel gezahlte Kapitalertragssteuern zurück. Anleger beantragen die Günstigerprüfung über die Anlage KAP der Steuererklärung. Konkret greift die Regel bei einem Einkommen bis circa 15.000 Euro.

7. Bei mehreren Depots: Verlustbescheinigung bei Verlusten beantragen

Wer über zwei oder mehr Depots bei verschiedenen Banken verfügt und ein Depot steht im Minus, der kann sich von seiner Depotbank eine Verlustbescheinigung ausstellen lassen und diese mit der Anlage KAP der Steuererklärung einreichen. Das Finanzamt verrechnet Verluste des Depots mit Gewinnen aus einem oder mehreren anderen Depots.

Allerdings werden nicht alle Verluste miteinander verrechnet. Verluste bei Einzelaktien werden nur mit Verlusten und Gewinnen bei anderen Einzelaktien verrechnet, während die Verluste aus ETFs, Fonds und anderen Wertpapieren getrennt miteinander verrechnet werden.

8. Geld an Kinder übertragen und höheren Freibetrag ausnutzen

Auch Kinder dürfen sogenannte Kinder- oder Juniordepots führen. Dabei gehört das Geld den Kindern. Die Eltern dürfen damit bloß Ausgaben tätigen, die dem Kind zu Gute kommen. Mit Erreichen des 18. Lebensjahres hat das Kind vollen Zugriff.

Der Vorteil: Kinder haben in der Regel keine Einkünfte. Eltern können daher eine NV-Bescheinigung beim Finanzamt beantragen (siehe Tipp 5), sodass 12.640 Euro Kapitalerträge pro Jahr steuerfrei sind. Es empfiehlt sich daher, ausschüttende Fonds zu verwenden und die Ausschüttungen regelmäßig in die Fonds zu reinvestieren. Laut DWN-Berechnungen lohnt sich ein Kinderdepot vor allem bei größeren Anlagebeträgen. Wer etwa 50.000 Euro einmalig für das Kind anlegt, hat mit dem höheren Freibetrag rund 3.000 Euro mehr nach zehn Jahren, als wenn er das Geld im eigenen Depot gelassen hätte.

Der Finanzökonom Raimond Maurer sieht den idealen Zeitpunkt zum Vermögensaufbau mit Aktien bei der Geburt. „Schon mit geringen Beträgen lässt sich da viel erreichen. Ein Beispiel: Aus 5.000 Euro und 6 Prozent Rendite werden nach 65 Jahren rund 220.000 Euro und die Altersversorgung wäre auf gute Beine gestellt“, erklärte der Professor der Frankfurter Goethe-Universität gegenüber DWN.

9. Steuerverluste ernten

Laut dem Vermögensverwalter Leandro Barulli können Anleger Verluste im Depot geschickt mit Gewinnen verrechnen. Wenn eine Position im Minus sei und eine im Plus, könne man zuerst die Position im Minus komplett verkaufen und das gleiche Wertpapier sofort wieder kaufen. Danach verkaufe man eine zweite Position, die im Plus sei. Die Depotbank verrechne die Verluste aus Position eins mit den Gewinnen aus Position zwei über den sogenannten steuerlichen Verlustverrechnungstopf.

Allerdings sollten Anleger die Handelskosten der Depotbank und die Spreads an der Börse im Blick behalten. „Ist die Position im Vergleich zu den anfallenden Transaktionskosten beziehungsweise der Steuerbelastung zu klein, sollte man lieber den Steuerabzug in Kauf nehmen“, erklärt Barulli. Außerdem solle zwischen Verkauf und Kauf möglichst wenig Zeit vergehen, um das Risiko von Kursverlusten zu begrenzen.

Anleger sollten zudem beachten, dass die Depotbank Aktien-Kursgewinne und -verluste gesondert von den Kursgewinnen und -verlusten bei anderen Wertpapieren verrechnet. Verluste mit Aktien werden nur mit anderen Gewinnen von Aktien verrechnet (über den sogenannten Aktien-Verlustverrechnungstopf). Gewinne und Verluste mit ETFs und offenen Fonds werden mit Gewinnen aus allen anderen Kapitalvermögen verrechnet, etwa mit Anleihen oder Zertifikaten (über den sogenannten allgemeinen Verlustverrechnungstopf).

10. Netto-Police abschließen

Anleger können laut Leandro Barulli eine sogenannte Netto-Police abschließen. Dabei handelt es sich um einen Versicherungsmantel um eine Geldanlage wie einen Fonds oder ETF. Die Versicherung hat den Charakter einer Risikolebensversicherung. „Gerade wenn der Anlagehorizont lang ist und das Anlageziel die Altersvorsorge ist, kann ein Versicherungsmantel aus steuerlicher Sicht absolut Sinn machen“, erklärt Barulli.

Bei einer Netto-Police würden keine Abschlussprovisionen fließen und es falle keine Abgeltungsteuer an, solange sich das Geld im Versicherungsmantel befinde. Zudem lasse sich über die Gestaltung der Police die Höhe der Erbschafts- und Schenkungssteuer optimieren, erklärt Barulli. Der Nachteil: Entsprechende Policen sind bloß über einen unabhängigen Finanzberater erhältlich.

11. Fifo-Prinzip umgehen und mehrere Fonds-Tranchen besparen

Die Verbraucherseite Finanztip berichtet von einem ETF-Steuertrick, der über das gesamte Leben zehntausende Euro Mehrvermögen bringen kann. Dabei umgehen Anleger das sogenannte Fifo-Prinzip (first in first out, zu deutsch „als erstes rein, als erstes raus“). Die steuerliche Regel besagt, dass die ältesten Fondsanteile zuerst verkauft werden müssen.

Das Problem: Bei den ältesten Anteilen sind die Kursgewinne und somit die Steuern am höchsten. Für Anleger wäre es vorteilhaft, die jüngeren Anteile zuerst zu verkaufen. So bliebe ein größeres Vermögen im Depot, das weitere Erträge einfahren kann. Finanztip empfiehlt daher, nach einigen Jahren einen neuen ETF auf den gleichen Referenzindex zu besparen und die älteren ETF-Anteile im Depot liegen zu lassen. Etwa könne man alle fünf oder zehn Jahre den ETF wechseln. In der Entnahmephase verkaufe man dann zuerst die jüngsten ETF-Anteile und am Schluss den ETF, den man zuerst bespart habe.

Durch den Trick verfügen Anleger laut Finanztip über deutlich mehr Vermögen im Alter: Wer für zehn Jahre 300 Euro pro Monat spare, dann für zehn Jahre 400 Euro und schließlich zehn Jahre lang 500 Euro, habe insgesamt 28.000 Euro mehr zur Verfügung. Gleichwohl funktioniert die Strategie bloß, wenn sich die Besteuerung von Kapitalerträgen nicht ändert. Außerdem kann die Ersparnis je nach Kursentwicklung geringer ausfallen.

Eine Alternative zum ETF-Wechsel sind laut Leandro Barulli Unterdepots. Anleger könnten auch alle zehn Jahre ein neues Unterdepot eröffnen und dieses besparen. „So kann ich mir in der Entnahmephase selbst überlegen, welche Unterdepots liquidiert werden, um die Steuerlast selbst planen zu können“, erklärt der Vermögensplaner aus Starnberg.

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Elias Huber arbeitet als freier Journalist in Frankfurt am Main und schreibt vor allem über Konjunktur, Edelmetalle und ETFs sowie die ökonomische Lehre der Österreichischen Schule. 


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