Technologie

Munich Re schlägt Alarm: Cyberkriminalität bedroht Wirtschaftsstabilität

Cyberkriminalität könnte Weltwirtschaft kippen: Das Rückversicherungsunternehmen Munich Re fordert staatliche Unterstützung für präventive Maßnahmen gegen digitale Bedrohungen.
04.04.2024 14:03
Lesezeit: 2 min
 Munich Re schlägt Alarm: Cyberkriminalität bedroht Wirtschaftsstabilität
Munich Re (Symbolbild): Generell ist der Schutz vor Cyberangriffen nach wie vor unzureichend (Foto: dpa). Foto: Nicolas Armer

Die potenziellen Schäden von Cyberattacken sind nach Einschätzung des Rückversicherers Munich Re mittlerweile so groß, dass vorbeugende Schutzschirme sinnvoll wären. Die von „katastrophalen systemischen Ereignissen“ - etwa Cyberkrieg oder der Ausfall kritischer Infrastruktur - verursachten Schäden würden die Kapazitäten der Versicherungsbranche übersteigen, schreiben die Fachleute des Münchner Dax-Konzerns in einem Bericht zur Cyberkriminalität.

Da derartige Szenarien demnach die makroökonomische Stabilität bedrohen könnten, plädiert das Unternehmen für die Einbindung von Regierungen, um die Risiken beherrschbar zu halten. Die Munich Re verweist auf Schätzungen der Statistikplattform Statista, wonach die von Cyberkriminalität verursachten weltweiten Schäden von gut 8 Billionen Dollar im Jahr 2023 bis 2028 auf 13,8 Billionen Dollar steigen könnten.

Zu den steigenden Risiken tragen demnach zwei Faktoren bei: Der technische Fortschritt inklusive Künstlicher Intelligenz (KI) erleichtere den Tätern das Geschäft. Zudem seien manche Staaten an Cyberangriffen direkt beteiligt oder unterstützten zumindest kriminelle Banden. Das Unternehmen nannte keine bestimmten Staaten, Sicherheitsfachleute beschuldigen häufig Russland und China.

Phishing Mails als Einfallstor für Cyberangriffe

„Die Ära der generativen künstlichen Intelligenz hat gerade erst begonnen“, sagt Munich Re- Cyberfachmann Martin Kreuzer. „Die Nutzung von Künstlicher Intelligenz erlaubt auch den kriminellen Akteuren Skaleneffekte durch einen qualitativ neuen Grad der Automatisierung, beispielsweise bei Phishing Mails. Diese sind auch im Jahr 2024 immer noch das mit Abstand häufigste Einfallstor für Cyberangriffe.“

Im legalen Geschäftsleben bedeutet der Begriff „Skaleneffekt“ Vorteil durch Größe - je mehr ein Unternehmen von einem Produkt produzieren kann, desto günstiger im Verhältnis die Herstellungskosten. Ein ähnlicher Mechanismus wirkt nach Kreuzers Einschätzung aber auch bei kriminellen Geschäften.

Phishing Mails sollen die Empfänger animieren, bösartige Links zur Installation von Computerviren anzuklicken, Daten preiszugeben oder sich auf persönlichen Kontakt mit Betrügern einzulassen. „KI erleichtert auch das Personalisieren solcher Nachrichten und hilft Angreifern zu erkennen, wie sie welche Personen mit welchen Themen zielgerichtet adressieren können“, sagte Kreuzer. Als Beispiel nannte der Cyberexperte automatisiertes Monitoring von Social-Media-Accounts, mit dem die Täter Informationen über potenzielle Adressaten sammeln können.

KI auf beiden Seiten nützlich

Große Hackergruppen würden künftig auch eigene generative KI entwickeln und für böswillige Zwecke trainieren, sagte Kreuzer - „etwa um Schwachstellen in der IT-Sicherheit zu entdecken“.

Kreuzer betonte jedoch, dass KI nicht einseitig nur für die Täter nützlich sei, sondern auch die Abwehr erleichtern könne. „KI erlaubt andererseits aber auch effektivere Cyberverteidigung, etwa bei der Detektion von Anomalien und über automatisierte Rückmeldungen.“

Generell ist der Schutz vor Cyberangriffen nach Einschätzung des Rückversicherers nach wie vor unzureichend. „Expertise im Bereich der IT-Sicherheit ist nach wie vor dünn gesät“, sagte Kreuzer. «Darüber hinaus braucht es entsprechende Investitionen in die Technologien, und als dritten Schritt auch die Prozesse, um die Technologie abgestimmt auf die jeweiligen Bedürfnisse wirksam einzusetzen.“

Deutschland sei „nicht das Land mit dem höchsten Digitalisierungsgrad“, sagte der Cyberexperte. „Die Politik hat die Bedeutung von KI erkannt, aber noch bleibt offen, ob Wille und Budget für eine schnelle Umsetzung in Deutschland gegeben sind.“

(dpa)

Mehr zum Thema
article:fokus_txt
X

DWN Telegramm

Verzichten Sie nicht auf unseren kostenlosen Newsletter. Registrieren Sie sich jetzt und erhalten Sie jeden Morgen die aktuellesten Nachrichten aus Wirtschaft und Politik.

E-mail: *

Ich habe die Datenschutzerklärung sowie die AGB gelesen und erkläre mich einverstanden.

Ihre Informationen sind sicher. Die Deutschen Wirtschafts Nachrichten verpflichten sich, Ihre Informationen sorgfältig aufzubewahren und ausschließlich zum Zweck der Übermittlung des Schreibens an den Herausgeber zu verwenden. Eine Weitergabe an Dritte erfolgt nicht. Der Link zum Abbestellen befindet sich am Ende jedes Newsletters.

DWN
Finanzen
Finanzen Europa-Aktien im Aufschwung: Welche Chancen Anleger jetzt nutzen können
23.11.2025

Die Kapitalmärkte befinden sich im Umbruch, Investoren suchen verstärkt nach stabilen Alternativen. Europa gewinnt dabei durch Reformen,...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Autoindustrie in der Krise: Warum die Lage dramatisch ist
23.11.2025

Europas Autohersteller stecken in existenziellen Nöten und Beobachter sprechen schon von einem drohenden Niedergang. Neben den Problemen...

DWN
Technologie
Technologie Experten warnen vor 2035: Plug-in-Hybride sind ein Weg ins Nichts
23.11.2025

Ein neuer französischer Bericht rüttelt an der europäischen Autoindustrie. Plug-in-Hybride gelten darin als teurer, klimaschädlicher...

DWN
Unternehmen
Unternehmen NATO-Ostflanke: Drohnenhersteller Quantum Systems unterstützt die Bundeswehr-Brigade in Litauen
22.11.2025

Der deutsche Drohnenhersteller Quantum Systems expandiert nach Litauen und baut dort ein umfassendes Wartungs- und Logistikzentrum für...

DWN
Technologie
Technologie Digitale Souveränität: Wie Deutschland bei Breitband, 5G und Cloud die Abhängigkeit verringern kann
22.11.2025

Verpasst Deutschland die digitale Zeitenwende? Der Wohlstand von morgen entsteht nicht mehr in Produktionshallen, sondern in...

DWN
Technologie
Technologie Künstliche Intelligenz-Erfinder warnt: „Meine Schöpfung kann uns vernichten“
22.11.2025

Er gilt als einer der „Väter der Künstlichen Intelligenz“ – jetzt warnt Yoshua Bengio vor ihrer zerstörerischen Kraft. Der...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Zwischen Škoda-Erfolg und Chinas Einfluss: Was die Abhängigkeit für deutsche Autobauer bedeutet
22.11.2025

Elektromobilität ist längst kein Nischenphänomen mehr, sondern prägt zunehmend den europäischen Massenmarkt. Doch wie gelingt es...

DWN
Panorama
Panorama Weihnachtsmarkt-Sicherheit: Was bringen Beton, Kameras und Co. auf Weihnachtsmärkten wirklich?
22.11.2025

Deutsche Weihnachtsmärkte stehen für Atmosphäre, Tradition und Millionen Besucher. Gleichzeitig wächst die Debatte über Schutz,...