Finanzen

Bürgergeld-Debatte: Lindners Plan trifft auf SPD-Widerstand

Lesezeit: 2 min
05.04.2024 12:01
Bundesfinanzminister Christian Lindner fordert Bürgergeld-Update, erntet Kritik. SPD kritisiert Neiddiskussion, während Lindner Fairness für Steuerzahler betont.

Mehr zum Thema:  
Benachrichtigung über neue Artikel:  

Bundesfinanzminister Christian Lindner (FDP) hat mit Forderungen nach einem „Update“ des Bürgergelds teils heftige Reaktionen aus der SPD provoziert. Aus Sicht von Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) hat sich die Bürgergeld-Reform als „sehr erfolgreich“ erwiesen, wie die stellvertretende Regierungssprecherin Christiane Hoffmann in Berlin betonte. SPD-Fraktionsvize Dagmar Schmidt warf dem FDP-Chef vor, eine Neiddiskussion zu führen.

„Das Bürgergeld benötigt ein Update“, hatte Lindner der „Rheinischen Post“ gesagt. Es sei kein bedingungsloses Grundeinkommen. Es gebe viele Stellschrauben – von der Zumutbarkeit angebotener Arbeit über Sanktionen bis hin zu Arbeitsgelegenheiten. Das Bürgergeld enthalte zu wenige Anreize zur Arbeitsaufnahme. „Es ist ein Beitrag zum sozialen Frieden, hier Fehlentwicklungen zu korrigieren“, so der Finanzminister. „Das höre ich hinter vorgehaltener Hand auch von Führungskräften der Sozialdemokratie. Also let’s do it.“

SPD: „Leicht durchschaubarer Zaubertrick“

SPD-Sozialexpertin Schmidt sagte der Deutschen Presse-Agentur: „Es ist der immer gleiche und leicht durchschaubare Zaubertrick, den der Finanzminister hier aufführt: diejenigen, die zu wenig Geld haben, gegen diejenigen auszuspielen, die so gerade eben genug Geld haben, um über die Runden zu kommen.“ Dabei sei der Mindestlohn seit der Einführung 2015 stärker angestiegen als die Grundsicherung.

„Diese Neiddiskussion lenkt dann vor allem davon ab, dass wir nicht darüber sprechen, wie wir eigentlich sehr hohe Einkommen und Vermögen stärker an der Finanzierung des Gemeinwohls beteiligen können“, sagte die SPD-Fraktionsvize. «Das ist umso perfider, wenn Lindner so große Kategorien wie Respekt und den sozialen Frieden bemüht, gegen die er mit solchen Äußerungen mit Füßen tritt.“

„Man kann damit keine großen Sprünge“

Eine Sprecherin von Bundesarbeitsminister Hubertus Heil (SPD) entgegnete Lindner: „Das Bürgergeld sichert das menschenwürdige Existenzminimum, und man kann damit sicher keine großen Sprünge machen. Es ist kein bedingungsloses Grundeinkommen.“

Weiterbildungsmöglichkeiten seien „stark verbessert“ worden. Die Ministeriumssprecherin erinnerte an die kürzlich eingeführten schärferen Sanktionsmöglichkeiten gegen Bürgergeld-Beziehende, die eine Arbeitsaufnahme verweigern. „Weitere Änderungen planen wir jetzt nicht.“

Grünen-Fraktionsvize Andreas Audretsch wandte sich gegen weitere Verschärfungen. „Bei den Sanktionen hat das Bundesverfassungsgericht uns vorgegeben: bis zu 30 Prozent. Und diesen Rahmen haben wir vollständig ausgeschöpft“, sagte Audretsch im RTL/ntv-Frühstart.

Die Linke-Bundesgeschäftsführerin Katina Schubert sagte: „Der Bundesfinanzminister gibt mal wieder den Demagogen und bezeichnet das Bürgergeld als leistungsloses Grundeinkommen. Das ist ein Schlag ins Gesicht der Millionen, die in der Armutsfalle sitzen.“

Lindner: SPD und Grünen fehlt Respekt vor Steuerzahler

Lindner hatte sich auch gegen Kritik von SPD und Grünen an den von ihm geplanten Steuerentlastungen verwahrt. „Wenn Sozialleistungen an die Preisentwicklungen angepasst werden, dann muss das genauso bei der Steuer für die arbeitende Bevölkerung gelten“, sagte er. „Es gibt bei unseren Koalitionspartnern kein Zögern bei der Erhöhung des Bürgergeldes, aber schon der schlichte Inflationsausgleich für Fach- und Führungskräfte sowie für den Mittelstand wird bekämpft.“

Der „Bild“ sagte Lindner, ihm fehle bei den Koalitionspartnern der Respekt vor den Steuerzahlern. Fairness verdienten nicht nur Geringverdiener. „Auch die Leistung der Fach- und Führungskräfte sowie des Mittelstands muss anerkannt werden. Diese Menschen nur als Lastesel zu behandeln, nimmt ihnen die Lust auf Leistung.“

Lindner will den Grundfreibetrag in der Lohn- und Einkommenssteuer rückwirkend zum 1. Januar 2024 erhöhen. Auch für 2025 und 2026 stellte er in einem Interview der Deutschen Presse-Agentur Veränderungen bei der Einkommenssteuer in Aussicht.


Mehr zum Thema:  

Anzeige
DWN
Finanzen
Finanzen Zu Weihnachten Zukunft schenken

Gerade zu Weihnachten wünschen sich viele Menschen, etwas von ihrem Glück zu teilen und sich für diejenigen zu engagieren, die es nicht...

DWN
Technologie
Technologie DWN-Sonntagskolumne: Künstliche Intelligenz Hype Cycle - Zwischen Revolution und Enttäuschung
22.12.2024

Ist künstliche Intelligenz nur ein Hype oder der Beginn einer Revolution? Zwischen hohen Erwartungen, Milliardeninvestitionen und...

DWN
Weltwirtschaft
Weltwirtschaft Psychische Gewalt am Arbeitsplatz: Ursachen, Folgen und Lösungen
22.12.2024

So können Unternehmen gegen verbale Übergriffe aktiv werden- Beleidigungen, Drohungen und Beschimpfungen: Rund ein Drittel der...

DWN
Finanzen
Finanzen Kindergeld beantragen: Tipps und wichtige Infos für 2025
22.12.2024

Wussten Sie, dass Sie Kindergeld bis zu sechs Monate rückwirkend erhalten können? Dies gilt sowohl für Ihr erstes Kind als auch für...

DWN
Weltwirtschaft
Weltwirtschaft Märchen vorbei? Steht Deutschlands Automobilindustrie vor dem Aus?
22.12.2024

Volkswagen in der Krise, Mercedes, BMW & Co. unter Druck – und hunderttausende Jobs stehen auf dem Spiel. Wie kann der Kampf um...

DWN
Unternehmen
Unternehmen Credit Suisse-Debakel: Ausschuss sieht Schuld bei Bank
22.12.2024

Die Nervosität an den Finanzmärkten war im Frühjahr 2023 groß - drohte eine internationale Bankenkrise? Für den Schweizer...

DWN
Unternehmen
Unternehmen Der Volkswagen-Deal: Worauf sich VW und die IG Metall geeinigt haben
22.12.2024

Stellenabbau ja, Werksschließungen nein: Mehr als 70 Stunden lang stritten Volkswagen und die IG Metall um die Sparmaßnahmen des...

DWN
Technologie
Technologie Webasto-Geschäftsführung: „Der Einsatz von KI ist eine strategische Notwendigkeit“
22.12.2024

Angesichts des wachsenden Drucks durch die Transformation hin zur Elektromobilität und steigender Kosten in der Branche sprechen Markus...

DWN
Panorama
Panorama Vollgas in die Hölle: Arzt gab sich als Islamkritiker und Musk-Fan - wirr, widersprüchlich!
21.12.2024

Er galt bei den Behörden nicht als Islamist, präsentierte sich als scharfer Kritiker des Islams. Er kämpfte für Frauenrechte und...