Schlechter Kundenservice, IT-Probleme, schleppende Auszahlungen von Versicherungen: Bei der Finanzaufsicht Bafin sind im vergangenen Jahr so viele Beschwerden von Verbrauchern über Banken, Versicherer und Wertpapierdienstleister eingegangen wie noch nie seitdem die Behörde die Zahlen veröffentlicht. Die Zahl der Beschwerden erhöhte sich zum Vorjahr deutlich um 62 Prozent auf über 38.000 Fälle.
Das IT-Debakel der Postbank
Besonders groß war der Unmut von Bankkunden, wobei die Postbank herausstach. „Ein wesentlicher Teil der Beschwerden über Störungen im Privatkundenservice bei den Banken ging auf ein Finanzinstitut zurück“, erläuterte Christian Bock, Leiter der Bafin-Verbraucherschutzabteilung. Im Zuge einer IT-Umstellung hatten Tausende Postbank-Kunden mit technischen Schwierigkeiten zu kämpfen.
Die Postbank ist seit 2010 eine Tochtergesellschaft der Deutschen Bank. Ende letzten Jahres wurden die IT-Systeme der beiden Unternehmen fusioniert, insgesamt 19 Millionen Kunden – 12 Millionen bei der Postbank – waren davon betroffen. Infolgedessen gab es derart viele technische Probleme und Beschwerden von Postbank-Kunden, dass seitdem ein Sonderbeauftragter für die Bafin den Fortschritt überwacht. Die IT-Umstellung hätte eigentlich im Juli 2023 abgeschlossen sein sollen. Doch Kundinnen und Kunden konnten zeitweise nicht auf ihre Konten zugreifen, der Service war kaum erreichbar. Bafin-Chef Mark Branson bezeichnete das Chaos bei der Postbank damals als „inakzeptabel“.
Die Deutsche Bank hat nach eigenen Angaben diese Probleme inzwischen abgearbeitet. „Wir haben zu Ende März wie zuletzt angekündigt den Rückstau bei den kundenkritischen Prozessen, die auch Gegenstand der Anordnungen der Bafin waren, bewältigt, und arbeiten weiter an Verbesserungen“, sagte ein Bank-Sprecher. „Auch neu eingehende Anliegen unserer Kundinnen und Kunden in diesen Prozessen werden grundsätzlich in den erwarteten Servicezeiten bearbeitet.“
Beschwerden von Bankkunden um 87 Prozent gestiegen
Insgesamt stieg die Zahl der Beschwerden von Bankkunden bei der Finanzaufsicht um fast 87 Prozent auf 27 536 Fälle. Seit 2018 zeigen die Zahlen hier kontinuierlich nach oben. Laut Bafin kam es im vergangenen Jahr vor allem zu Probleme im Zuge von Kontokündigungen, Störungen im Kundenservice und verspätet ausgestellten Steuerbescheinigungen.
Ein weiteres Konfliktthema sind unzulässige Gebühren – etwa bei Bausparverträgen und Girokonten. Nach einer Entscheidung des Bundesgerichtshofs vom November 2022 dürfen Bausparkassen von ihren Kunden auch in der Sparphase keine pauschale Gebühr wie ein Jahresentgelt verlangen. Erst jüngst klagte der Bundesverband der Verbraucherzentralen (vzbv) in einer Sammelklage erfolgreich gegen die Berliner Sparkasse. Das Gericht stellte fest, dass das Einführen und Anheben von Girokonto-Gebühren nur mit Zustimmung der Kunden erlaubt ist. Schon 2021 hatte der Bundesgerichtshof (BGH) in ähnlichem Kontext gegen die Postbank geurteilt und dabei klargestellt, dass AGB-Änderungen durch Preiserhöhungs- und Vertragsänderungs-Klauseln nicht wirksam sind, wenn der Kunde nur den Änderungen nicht widerspricht. Es bedarf einer expliziten Zustimmung.
Neobanken: Support schwer oder gar nicht erreichbar
Es sind keineswegs nur die alteingesessenen Privatbanken, Sparkassen und genossenschaftlichen Institute von Beschwerden betroffen. Die Verbraucherzentralen berichteten etwa über vermehrte Akzeptanz-Probleme mit Debitkarten, bei denen sowohl klassische als auch reine Online-Banken wie N26 involviert sind.
Derweil gibt es bei vielen Neobanken regelmäßig Erfahrungsberichte über fragwürdige Support-Prozesse, die Kunden bei technischen Fehlern, Betrugsfällen oder automatischen Kontoschließungen schon mal im Regen stehen lassen. Eine Untersuchung des vzbv ergab, dass die Banking-Fintechs teilweise sehr schwer zu erreichen sind. Bei manchen Neobanken gibt es demnach noch nicht einmal eine telefonische Auskunft.
Über Versicherer und Wertpapierfirmen mehrten sich ebenfalls die Beschwerden. Bei Wertpapierdienstleistern stand in erster Linie der Kundenservice in der Kritik. Kunden klagten über lange Reaktionszeiten, unzureichende Antwortschreiben oder Schwierigkeiten im Zusammenhang mit Depotüberträgen. Die Zahl der Beschwerden stieg hier um insgesamt fast 18 Prozent auf 2835. Über Kapitalverwaltungsgesellschaften beschwerten sich Anleger in 182 Fällen und damit knapp doppelt so oft wie im Vorjahr.
Die Zahl der Beschwerden über Versicherungen stieg insgesamt um rund 20 Prozent auf 7680 Fälle. Versicherungskunden beklagten sich der Bafin zufolge vor allem über langsame Bearbeitung von Sachschäden und sehr langsame Auszahlungen von Versicherungsleistungen. Schaden- und Unfallversicherer seien zudem „auffällig oft schlecht telefonisch erreichbar“ gewesen, wie Christian Bock berichtet. Bei Lebensversicherern drehten sich die Beschwerden vorwiegend um die Höhe der Versicherungsleistung.
Bekanntheitsgrad der Bafin steigt
Die Bafin führt die rapide zunehmenden offiziellen Beschwerden auch auf die wachsende Bekanntheit der Finanzaufsicht zurück. „Inzwischen kennen uns viel mehr Verbraucherinnen und Verbraucher. Das liegt unter anderem daran, dass wir über unsere Maßnahmen transparent berichten“, erläutert Bock im Bafin-Journal. „Wir haben aber auch einige hohe Bußgelder verhängt und die Bestellung von Sonderbeauftragten bekanntgemacht.“ Zudem hätten die Aktivitäten der Bafin in den sozialen Medien zur Sichtbarkeit beigetragen.
„Mehr Verbraucherinnen und Verbraucher denken also: Wenn ich mich über meine Bank, den Versicherer oder mein Wertpapierdienstleistungsunternehmen beschweren will, kann ich das bei der Bafin tun“, sagte Bock. Einzelne Streitfälle dürfe und könne die Finanzaufsicht allerdings nicht verbindlich entscheiden. „Hier sind ordentliche Gerichte die richtigen Ansprechpartner, auch an Ombudsleute und Schlichtungsstellen kann man sich wenden.“