Finanzen

Financial Times: Trotz Sanktionen zahlen europäische Banken hohe Steuern an Russland

Lesezeit: 2 min
30.04.2024 01:33  Aktualisiert: 30.04.2024 01:33
Trotz EU-Sanktionen zahlen europäische Banken wie Raiffeisen und Deutsche Bank hohe Steuern an Russland – politische und wirtschaftliche Implikationen.
Financial Times: Trotz Sanktionen zahlen europäische Banken hohe Steuern an Russland
Die Deutsche Bank hat ihre Steuerzahlungen in Russland trotz EU-Sanktionen fortgesetzt (Foto: dpa).
Foto: Nicolas Maeterlinck

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Die sieben größten Banken aus der Europäische Union (EU), die in Russland tätig sind, zahlen hohe Steuern an den russischen Staat. Das geht aus einem Bericht der „Financial Times“ hervor.

Trotz strenger EU-Sanktionen gegen Russland und zunehmender geopolitischer Spannungen haben diese Banken – Raiffeisen Bank International, UniCredit, ING, Commerzbank, Deutsche Bank, Intesa Sanpaolo und OTP – im Jahr 2023 etwa 800 Millionen Euro an Steuern entrichtet.

Dies entspricht dem Vierfachen der Summe, die vor dem Beginn des Krieges gegen die Ukraine im Jahr 2021 bezahlt wurde. In der Zeitspanne lagen die Steuerzahlungen noch bei 200 Millionen Euro. Gleichzeitig verzeichneten die Banken im Jahr 2023 gemeinsam einen Gewinn von über drei Milliarden Euro. Trotzdem konnten sie einen Teil dieser Summe wegen der Regelungen während der Kriegszeit aus Russland nicht abziehen.

Hintergrund der steigenden Steuerzahlungen

Die aktuelle Entwicklung wirft Fragen zu internationalen Reaktionen auf Russlands militärische Aktionen in der Ukraine auf. Seit 2022 haben die USA und die EU mehrere Pakete von Wirtschaftssanktionen gegen Russland beschlossen und umgesetzt. Diese verfolgen unter anderem das Ziel, den Staatshaushalt von Russland zu schwächen und die Kriegsfähigkeit des Landes zu untergraben. Sie sollen auch Russlands Zugang zu internationalen Finanzmärkten und Technologien beschränken.

Die Tatsache, dass führende europäische Banken ihre Steuerzahlungen in Russland vervierfacht haben, könnte somit als konträr zu den politischen Zielen dieser Sanktionen gesehen werden.

Reaktionen auf die aktuelle Situation

Die sieben größten europäischen Banken spielen eine wichtige Rolle im Finanzsektor Russlands. Sie bieten wesentliche Finanzdienstleistungen für Unternehmen und Privatpersonen an.

Die gestiegenen Steuerzahlungen sorgen für Kontroversen. Die Raiffeisen Bank International (RBI) hat bereits mehrfach angekündigt, seine Operationen in Russland einzuschränken. Trotzdem hat RBI, laut der Europäischen Zentralbank und dem US-Finanzministerium, den Rückzug bisher nicht abgeschlossen.

„Es liegt nicht nur im Interesse der RBI, in Russland zu bleiben. Die russische Zentralbank wird alles tun, um sie nicht gehen zu lassen, da es wenige nicht sanktionierte Banken gibt, durch die Russland Swift-Zahlungen empfangen und senden kann“, sagte ein hochrangiger russischer Bankenvertreter der Financial Times.

Kritik an fortgesetzten Geschäften

Kritiker der Fortsetzung von Tätigkeiten der europäischen Banken in Russland argumentieren, dass ihre Zahlungen den Sanktionen entgegenwirken und dem russischen Staat zusätzliche Einnahmen verschaffen. Diese könnten aus ihrer Sicht dann für die militärischen Operationen in der Ukraine verwendet werden.

Die Banken hingegen verteidigen ihre Geschäftstätigkeiten mit dem Hinweis auf die Notwendigkeit, ihre Angestellten in Russland zu schützen und vertragliche Verpflichtungen zu erfüllen.

Zukünftige Entwicklung

Die zukünftige Entwicklung der Beziehungen zwischen europäischen Banken und Russland bleibt zunächst ungewiss. Die Banken stehen vor der Herausforderung, ihre Geschäftsinteressen mit den politischen Erwartungen ihrer Heimatländer und der internationalen Gemeinschaft in Einklang zu bringen. Trotzdem könnten weitere Sanktionen oder eine Verschärfung der bestehenden Strafmaßnahmen die Lage weiter komplizieren.

Die deutliche Zunahme der Steuerzahlungen europäischer Banken in Russland wirft gleichzeitig wichtige Fragen bezüglich der Effektivität der internationalen Sanktionen auf.

Zum Autor:

Farhad Salmanian arbeitet bei den DWN als Online-Redakteur. Er widmet sich den Ressorts Politik und Wirtschaft Deutschlands sowie der EU. Er war bereits unter anderem für die Sender BBC und Radio Free Europe tätig und bringt mehrsprachige Rundfunkexpertise sowie vertiefte Kenntnisse in Analyse, Medienbeobachtung und Recherche mit.


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