Überprüfen Sie unbedingt alle Freiberufler, denn Auftraggeber tragen das Risiko der Scheinselbständigkeit. Wenn Ihre Honorarkräfte tatsächlich als Scheinselbstständige gelten, könnte dies Ihr Budget gefährden.
Sich selbständig machen: Welche Steuern und Beiträge?
Für Selbstständige - sei es als Einzelunternehmer oder als Teil einer Personengesellschaft in Deutschland - spielen insbesondere die Einkommensteuer, Gewerbesteuer und Umsatzsteuer eine maßgebliche Rolle. Die Höhe dieser Steuern wird durch unterschiedliche Freibeträge, Steuersätze sowie gegebenenfalls gemeindespezifische Hebesätze festgelegt.
Kapitalgesellschaften unterliegen darüber hinaus der Körperschaftsteuer und der Kapitalertragsteuer. Dabei wird die Einkommensteuer für Kapitalgesellschaften durch die Körperschaftsteuer ersetzt.
Für Selbstständige ist der Abschluss einer Kranken- und Pflegeversicherung obligatorisch. Dabei besteht die Möglichkeit, sich entweder privat zu versichern oder ein freiwilliges Mitglied einer gesetzlichen Krankenkasse zu werden. Ein Vorteil der gesetzlichen Krankenkasse für Selbstständige besteht darin, dass Familienmitglieder kostenfrei mitversichert werden können.
Gleichzeitig sind nicht alle Selbstständigen zur Versicherung in der gesetzlichen Rentenversicherung verpflichtet. Nach Angaben der DRV unterliegen insbesondere folgende Gruppen der Pflichtversicherung:
- Handwerker und Hausgewerbetreibende
- Lehrer, Hebammen, Erzieher und Beschäftigte im Pflegebereich
- Künstler und Publizisten
- Selbstständige mit einem Auftraggeber
- Seelotsen sowie Küstenschiffer und Fischer.
Künstler haben eine spezielle Option: Sie können ihre Beiträge für die Pflege-, Kranken- und Rentenversicherung an die Künstlersozialkasse (KSK) entrichten. Die KSK ist selbst keine Versicherungseinrichtung, aber sie übernimmt die Koordination der Beitragsabführung für ihre Versicherten an eine Krankenversicherung ihrer Wahl sowie an die gesetzliche Renten- und Pflegeversicherung.
Scheinselbstständigkeit: Kriterien gemäß der DRV
Scheinselbstständig sind Personen, die offiziell als selbstständige Auftragnehmer auftreten, aber in Wirklichkeit als abhängig Beschäftigte gelten. Arbeitgeber müssen prüfen, ob ein Auftragnehmer wirklich selbstständig ist. Wenn es da Unsicherheiten gibt, kann man das besondere Anfrageverfahren bei der DRV gemäß §7a Abs. 1 S. 1 SGB IV in Anspruch nehmen.
Wenn es Streit darüber gibt, ob jemand selbstständig ist oder nicht, muss DRV den Fall klären und entscheiden, wo der Fokus der Tätigkeit liegt (§7 Abs. 1 SGB IV).
Je mehr dieser Kriterien auf den Auftragnehmer zutreffen, desto wahrscheinlicher ist es, dass er als Scheinselbstständiger eingestuft wird:
- Er muss den Anweisungen des Auftraggebers folgen.
- Es gibt festgelegte Arbeitszeiten.
- Er muss regelmäßig detaillierte Berichte an den Auftraggeber übermitteln.
- Er führt seine Arbeit in den Räumlichkeiten des Auftraggebers oder an von diesem festgelegten Orten durch.
- Er verwendet spezifische Hard- und Software, insbesondere wenn dies dem Auftraggeber Kontrollmöglichkeiten verschafft.
Tatsächlich selbstständig ist der Auftragnehmer dann, wenn er das unternehmerische Risiko vollständig trägt und seine Arbeitszeiten frei gestalten kann. Der Erfolg seiner Arbeit hängt dabei von seinem persönlichen und finanziellen Einsatz ab, und nicht von externen Faktoren.
Statusfeststellungsverfahren: Was ist das?
Die Clearingstelle der DRV entscheidet seit April 2022 im optionalen Statusfeststellungsverfahren nur noch über den Erwerbsstatus (Arbeitnehmer oder Selbstständiger), nicht mehr über die Sozialversicherungspflicht.
Es gibt auch neue Möglichkeiten wie Prognoseentscheidungen und Antragsrechte für Dritte. Diese Änderungen gelten vorläufig bis Juni 2027.
Beteiligte können das Verfahren allein beantragen, auch wenn sie sich nicht einig sind. Das Verfahren betrifft sowohl laufende als auch bereits beendete Verträge. Es entfällt, wenn bereits ein ähnliches Verfahren bei einer anderen Stelle läuft, außer wenn es um die Rentenversicherungspflicht geht.
Während des Statusfeststellungsverfahrens muss die DRV gründlich jeden einzelnen Fall prüfen, um zu entscheiden, ob es sich um Selbstständigkeit oder eine feste Anstellung handelt. Jedoch werden Selbstständige häufiger als normale Angestellte eingestuft. Eine ausreichende Anzahl der negativen Bescheide von der DRV kann das Gefühl vermitteln, dass nicht jeder Fall ausreichend einzeln überprüft wird. Trotz dieser negativen Rückmeldungen gibt es für Unternehmer einen Grund zur Zuversicht. Man kann die Entscheidung der DRV anfechten. Rechtsanwältin und Fachanwältin für Arbeitsrecht, Dr. Meike Kuckuk, hat den DWN mitgeteilt, dass sie und ihre Mandanten in solchen Fällen oft vor Gericht erfolgreich sind.
Selbständigkeit: Neuerungen
Vor fast einem Jahr, im Mai 2023, wurde ein Dokument vom GKV-Spitzenverband, der DRV und der Bundesagentur für Arbeit veröffentlicht. Das ist weitgehend unbeachtet von Unternehmen geblieben. Das Dokument betrifft alle selbstständigen Personen, die in der Bildungsbranche lehren oder unterrichten. Ein wichtiger Punkt darin ist die Einschränkung der Weisungsfreiheit und die Betonung der Eingliederung in die Arbeitsorganisation für diese Selbstständigen. Es wird restriktiver ausgelegt, wobei das Unternehmerrisiko durch Faktoren wie eigene Arbeitsmittel und Räumlichkeiten hervorgehoben wird.
Diese Kriterien sind auch für andere selbstständige Tätigkeiten bedeutsam und erinnern an Entwicklungen im Pool-Ärzte-Urteil (Urteil des 12. Senats des Bundessozialgerichts vom 24. Oktober, Aktenzeichen B 12 R 9/21 R). Auch hier hat die inhaltliche Weisungsfreiheit der Ärzte eine untergeordnete Rolle gespielt, während die Eingliederung in die organisatorischen Abläufe betont wurde. In diesem Fall hat der Arzt selbst die Einordnung als Angestellter bevorzugt. Jedoch hatte die DRV ihn als selbstständig eingestuft. Das BSG hat entschieden, dass der Arzt in die organisatorischen Abläufe der Kassenzahnärztlichen Vereinigung eingebunden war.
Die Rechtsanwältin und Fachanwältin für Arbeitsrecht, Dr. Meike Kuckuk, hat den Deutschen Wirtschaftsnachrichten bestätigt, dass Selbstständige nicht nur in der Bildungsbranche, sondern auch in anderen Bereichen verstärkt überprüft werden. Besonders belastend ist diese Entwicklung für Künstler, da sie von Natur aus viel Freiheit benötigen, aber durch die neuen Kriterien stark eingeschränkt werden. Sie sind praktisch dazu gezwungen, wie Angestellte zu arbeiten, da Unternehmen aufgrund der rechtlichen Konsequenzen das Interesse verlieren, mit ihnen zusammenzuarbeiten. Angestellte Künstler können nicht mehr frei entscheiden, wo und für wen sie arbeiten möchten, und haben somit keine Möglichkeit, Arbeitgeber und Projekte häufiger zu wechseln.
Freiberufler-Überprüfung: Mittel zur Auffüllung der Sozialversicherungskasse
Wenn jemand den Schritt in die Selbstständigkeit plant, ist es naheliegend, zuerst nach Informationen über die zu zahlenden Steuern zu suchen. Suchbegriffe wie "Steuern für Selbstständige", "Steuer Freiberufler" und "Selbstständig: welche Steuern" sind dabei sehr verbreitet. Doch oft wird übersehen, dass neben den Steuern auch die Beiträge zur Sozialversicherung eine entscheidende Rolle spielen.
In den nächsten 12 Jahren gehen viele Babyboomer in Rente. Das bedeutet, dass es weniger Menschen geben wird, die in die Renten- und Krankenversicherung einzahlen, während gleichzeitig mehr Menschen Leistungen beziehen. Es scheint so, als ob Selbstständige die Hauptlast tragen sollen, wenn es darum geht, finanzielle Lücken zu schließen.
Dieser Ansatz hat eine gewisse Logik: Arbeitnehmer in Festanstellung zahlen Sozialversicherungsbeiträge, wobei die Hälfte vom Arbeitgeber und die andere Hälfte vom Arbeitnehmer übernommen wird. Minijobber haben die Wahl, ob sie Rentenversicherungsbeiträge zahlen möchten. Allerdings ist der Beitrag von 538 Euro pro Jahr vergleichsweise niedrig. Bei einem monatlichen Einkommen von 538 Euro beträgt der Eigenbeitrag des Minijobbers nur 19,37 Euro im Monat bzw. 232,44 Euro pro Jahr. Einige Festangestellte zahlen diese Summe an Beiträgen bereits monatlich.
Selbstständigkeit: Ist es riskant, einziger Arbeitgeber zu sein?
Im Oktober 2023 hat der Verband der Gründer und Selbstständigen Deutschland e.V. die Frage erörtert, ob eine Person als scheinbar selbstständig angesehen wird, wenn sie nur einen Auftraggeber hat. Er hat jedoch keine eindeutige Antwort gegeben.
Der Verband betont den Unterschied zwischen Scheinselbstständigkeit und arbeitnehmerähnlicher Selbstständigkeit. Letzteres bezieht sich auf Freiberufler, die nur für einen Auftraggeber tätig sind. Diese Art der Selbstständigkeit weist jedoch ähnliche Merkmale wie eine normale Beschäftigung auf. Personen, die langfristig für einen Auftraggeber arbeiten, könnten Anweisungen erhalten oder in die betrieblichen Abläufe integriert sein. Daher ist es schwierig zu unterscheiden, wann von Scheinselbständigkeit die Rede ist. Diese Entscheidung obliegt allein der Deutschen Rentenversicherung (DRV) während ihrer Prüfung.
Es ist jedoch für einen Auftraggeber sicherer, nicht der einzige Arbeitgeber zu sein. Nun sind Unternehmer gefordert, überzeugende Nachweise dafür zu erbringen, dass Honorarkräfte unter anderen Bedingungen arbeiten als fest angestellte Mitarbeiter.
Scheinselbständigkeit-Risiko: DHL arbeitet nicht mehr mit Freelancer
Selbst große Unternehmen machen sich Sorgen und beenden Verträge mit freiberuflichen Mitarbeitern, wie DHL. Sie möchten vermeiden, dass diese als Scheinselbstständige gelten, was rechtliche Probleme mit sich bringen kann. DHL hat sogar die Zusammenarbeit mit Freiberuflern mitten in laufenden Projekten abgebrochen.
Ein Freiberufler, dem DHL gekündigt hat, hat nachgefragt, warum. Als Antwort hat er einen Link zur Website der DRV mit Kriterien für Selbstständigkeit bekommen. Zu diesen gehört zum Beispiel, dass man nicht weisungsgebunden sein darf und nicht in den Betrieb eingegliedert sein darf. Der Freiberufler denkt, dass diese Kriterien nicht auf ihn zutreffen. Er entscheidet selbst, wann und wo er arbeitet, meistens von zu Hause aus, und keine Vorgaben zu seiner Arbeit bekommt. Aber das hat ihm nicht geholfen, den Vertrag mit DHL zu behalten.
Ähnliches ist auch bei Vodafone passiert. Das Unternehmen hat vor einigen Jahren allen Geschäftspartnern per E-Mail den Einsatz von Freelancern untersagt. Vermittler berichten von vielen solcher Fälle.
Scheinselbstständigkeit auf Digitalplattformen: zusätzlicher Druck seitens der EU
Nicht nur Deutschland, sondern auch die Europäische Union im Allgemeinen ergreift Maßnahmen, um gegen Scheinselbstständigkeit vorzugehen. Die EU plante die Einführung eines Gesetzes zur Bekämpfung von Scheinselbstständigkeit auf digitalen Plattformen, jedoch scheiterte diese Idee zunächst.
Obwohl deutsche Plattformunternehmen ihre Mitarbeiter nun häufiger anstellen, haben laut der EU-Kommission europaweit nur wenige Plattformarbeitende einen Arbeitsvertrag. Etwa fünf Millionen Menschen könnten nach EU-Recht eigentlich als Angestellte betrachtet werden und somit Anspruch auf den örtlichen Mindestlohn, Lohnfortzahlung im Krankheitsfall, bezahlten Urlaub oder Mutterschutz haben.
Da Beschäftigte oft Aufträge von Algorithmen erhalten, anstatt von physischen Vorgesetzten, haben viele Arbeiter Schwierigkeiten, ihren Status korrekt durchzusetzen. Die EU-Kommission plante, dies mit ihrer Richtlinie zur Plattformarbeit zu ändern, was weltweit neu gewesen wäre.
Der Rat konnte sich nicht auf das Gesetz einigen. Belgien, als Ratspräsidentschaft, denkt nun über die nächsten Schritte nach. Das Gesetz sollte es einfacher machen, den Status von Arbeitnehmern zu ändern. Ein wichtiger Punkt war, dass Plattformen beweisen müssten, dass ihre Arbeitnehmer selbstständig sind. Außerdem sollten Regeln für das algorithmische Management eingeführt werden. Das bedeutet, dass Menschen eingreifen müssen, wenn ein Plattformarbeiter von einem Dienst gesperrt wird. Automatische Sperrungen durch Algorithmen wären dann nicht mehr erlaubt.
Selbstständigkeit: Schutzmaßnahmen für die Zusammenarbeit
Die derzeitigen Entwicklungen machen die Zusammenarbeit mit Selbstständigen für Unternehmen zunehmend komplex. Selbst große Konzerne wie DHL bevorzugen es mittlerweile, Verträge in der Mitte von Projekten zu kündigen, um rechtliche Risiken zu vermeiden. Angesichts dieser Herausforderungen ist es ratsam, alternative Kooperationsmodelle zu erwägen. Falls jedoch die Entscheidung besteht, mit Freiberuflern zusammenzuarbeiten, beachten Sie folgende Schritte:
1. Überprüfen Sie die Sozialversicherungsbeiträge: Stellen Sie sicher, dass alle erforderlichen Beiträge, einschließlich Pflege-, Renten- und Krankenversicherung, ordnungsgemäß bezahlt sind. Eine sorgfältige Überprüfung ist wichtig, da Sozialversicherungsprüfungen darauf abzielen, ausstehende Beiträge einzufordern.
2. Klären Sie die Auftragslage: Überlegen Sie, ob Ihr Unternehmen bereit ist, der alleinige Auftraggeber für die Freelancer zu sein, und erkundigen Sie sich direkt bei den Freelancern nach ihrer aktuellen Auftragslage, um zusätzliche Risiken zu vermeiden.
3. Berücksichtigen Sie die weiteren Faktoren: Prüfen Sie, ob Ihr Unternehmen als Hauptarbeitgeber der Freelancer gilt und ob diese einen Großteil ihres Einkommens von Ihrem Unternehmen beziehen.
4. Durchführen Sie Statusfeststellungsverfahren: Erwägen Sie, ein Verfahren zur Klärung des Beschäftigungsstatus bei der Clearingstelle der Deutschen Rentenversicherung (DRV) durchführen zu lassen. Eine positive Bestätigung seitens der DRV kann eine rechtliche Absicherung bieten.
5. Erstellen Sie ein Bestätigungsdokument: Erstellen Sie ein Dokument, in dem die Freelancer bestätigen, dass keine Scheinselbstständigkeit vorliegt. Obwohl dieses Dokument keine Garantie gegenüber der DRV bietet, kann es im Streitfall zusätzliche Unterstützung ermöglichen.