Nachdem 2019 das Klimaschutzprogramm für 2030 beschlossen wurde, bekam auch die Kreditanstalt für Wiederaufbau (KfW) einen neuen Fokus. Sie wurde zur Förderbank zur Unterstützung der Transformation von Wirtschaftssektoren und dem Finanzmarkt für eine treibhausgasneutrale Zukunft. Ihr Kerngeschäft war von nun an so definiert, systematisch in die strukturellen Chancen der Transformation zu investieren, indem sie insbesondere transformative Technologien fördert.
Neue Ziele wie der „SDG-Beitrag“(nachhaltige Entwicklungsziele) und die „Paris-Kompatibilität" der Finanzierungen wurden verankert. Durch Leitlinien soll bewirkt werden, dass Finanzierungen im Einklang mit den Zielen des Pariser Klimaabkommens und der 1,5°C-Grenze stehen. Zur Überprüfung ihrer Zielerreichung implementierte die Bank 2020 ein „Impactmanagement“, um die Wirkungen der (mit)finanzierten Vorhaben messen und steuern zu können. Nationale und multilaterale große Banken wie die KfW spielen bei der Klima- und Entwicklungsfinanzierung eine wichtige Rolle. Aufgrund ihres Mandats sind sie zudem in der Pflicht, durch besonders günstige Kredite und der Bereitstellung von Risikokapital Transformationsprojekte zu ermöglichen.
Insbesondere im globalen Süden erfordert es für die Transformation zu Treibhausneutralität noch erhebliche Investitionen und Anstrengungen. Doch viele private Kapitalgeber meiden diese Länder, da sie die Investitionsrisiken nicht richtig einschätzen können. Gleichzeitig aber müssten gerade private Investoren laut Studien 90 Prozent der globalen Investitionen in die Transformation investieren.
Die neue Studie der Stiftung Klimaneutralität attestiert der KfW „erheblichen Spielraum“, insbesondere den Ländern des Globalen Südens günstigere Finanzierungsangebote zu unterbreiten. Denn die Bank erwirtschaftet seit Jahren, so die Verfasser der Studie, konstant hohe Reingewinne von deutlich über einer Milliarde Euro jährlich. Bisher übersteigen die Zinsüberschüsse deutlich den Förderaufwand. Das verschaffe ihr eigentlich einen höheren Spielraum, um noch mehr günstigere Finanzierungs- oder Risikoübernahmeangebote zu machen. Eine höhere Finanzierung seitens der KfW z.B. von inländischen Förderprogrammen hätte den weiteren Vorteil damit die Bundeshaushaltsmittel zu entlasten, die ansonsten dafür herangezogen werden würden.
Fehlende Transparenz und Schlupflöcher
Die Kritikpunkte, die die Experten für die KfW festhalten, sind aber noch weitere. So werfen sie der Bank vor, weiterhin internationale Projekte zu fördern, die nicht kompatibel mit den Pariser Klimazielen sind. Besonders kritisch: die Leitlinien für den Stromerzeugungssektor. So lassen sie neben erneuerbaren auch fossile „Brückentechnologien“ wie Erdgas zu. Zwar nur vorübergehend und mit dem Verweis, dass ein Auslaufen der Neuförderungen fossiler Kraftwerke zum 01.01.2025 geplant sei, doch sie behalten sich ein Schlupfloch vor.
Denn die KfW-Bankengruppe behalte sich die Möglichkeit vor, eigene Kriterien für 1.5 Grad-kompatible Erdgas-Kraftwerke im Stromsektor zu definieren, die nicht denen in der Sektor-Richtlinie entsprechen müssen und die nicht öffentlich bekannt sind. Möglicherweise müssen diese auch nicht veröffentlicht werden und es könnten so weiterhin Erdgas-Kraftwerke über die KfW finanziert werden. Die Studienersteller sehen in der Umgehung der eigenen Sektor-Leitlinien ein großes Potential, die Reputation der KfW auch international massiv zu beschädigen.
Die Bank definiert als ihr strategisches Primärziel „die Transformation von Wirtschaft und Gesellschaft zur Verbesserung der ökonomischen, ökologischen und sozialen Lebensbedingungen“. Diesen Zielen wird sie in einigen Bereichen nicht gerecht. Erst im Oktober 2023 hob die Bank die KfW-Studienkredite auf 9,01 Prozent an, womit sie doppelt so hoch waren wie Immobilienkredite. Im Wirecard-Bilanzskandal geriet die KfW in die Kritik, da die Ipex Bank, eine Tochter der staatlichen KfW, an Wirecard einen riskanten Kredit über 100 Millionen Euro vergeben hatte, ohne sich vor Verlusten aus dem Kredit zu schützen.
Auch mit den zuvor genannten Schlupflöchern wird das Image der Bank nicht besser. Hier wird eine konsequente Vorgehensweise gefordert. Keine fossilen Energieprojekte mehr zu finanzieren und noch bestehende Finanzierungen in diesem Bereich schnellstmöglich zu beenden, das wäre die einzige richtige Vorgehensweise. Denn es kann nicht sein, dass einerseits die Exploration, Förderung und der Transport von Erdgas auf der Ausschlussliste der KfW Bank gelistet ist, die keine Finanzierung erlaubt und andererseits die Konsequenz durch entsprechende Formulierungen ausgehöhlt wird.
Stärkere Hebel zur Mobilisierung privaten Kapitals nötig
Ohne die Mobilisierung sehr viel mehr privaten Kapitals sei die Transformation nicht zu stemmen, so die Autoren. Doch wie bereits erwähnt, scheuen private Investoren die Risiken im Süden. Daher müsse die KfW ihre Hebelinstrumente wie Garantien finanziell besser ausstatten und stärker nutzen, um private Investitionen anzureizen und die Finanzierungslücke zu schließen. „Leider agiert die KfW viel zu defensiv und nicht wie eine vorbildliche Transformationsbank“, kritisiert Regine Günther, Direktorin der Stiftung Klimaneutralität.
Es wäre die Aufgabe von Entwicklungsbanken selbst stärker ins Risiko zu gehen, um solche Lücken zu schließen und absehbar zunehmende Klimarisiken dadurch abzufedern. Allerdings hat die Bank in den vergangenen Jahren aus Gründen der Kostenersparnis ihre Sektor-Teams verkleinert und Beratungsleistungen für Dritte zurückgefahren. So sind 40 Prozent aller international eingesetzten Mittel zur entwicklungsbezogenen Mobilisierung von Privatkapital Garantien der Bank. Sie sind mit Abstand das wichtigste Hebelinstrument. Doch die Bank setzt diese Hebelinstrumente kaum ein, zeigt die Studie. Insbesondere in Ländern mit schwach entwickelten Kapitalmärkten oder hohen Investitionsrisiken müsste mehr Unterstützung von der KfW Bank erfolgen, denn sie schaffen erst die Voraussetzungen für private Investitionen.
Die Experten sehen hierin das Risiko, dass detaillierte Risikoanalysen nur noch für größere Partnerländer erstellt werden und die Finanzierung von transformativen Projekten in risikobehafteten Ländern bspw. aus dem globalen Süden zurückgefahren oder eingestellt werden. Gute Beratung ist aber unabdingbar, auch in kleineren Staaten. Sie fordern daher einen massiven Ausbau der entsprechenden Kapazitäten zur Umsetzung eines verbesserten ESG- und Klimarisikomanagements.
Diskrepanz zwischen Anspruch und Wirklichkeit
Alles in allem gibt es eine Diskrepanz zwischen Anspruch und Wirklichkeit bei den Bemühungen der KfW, sich zu einer Transformationsbank zu wandeln. Es fehle auch an Transparenz bei der Bank. So lassen die von der KfW veröffentlichten Daten nicht zu, klar und abgrenzbare Anteile der Fördermittel in die Transformationsfinanzierung der Entwicklungs- und Schwellenländer erkennen. Die Berichterstattung der IPEX-Bank und der DEG, beides Töchterunternehmen, seien dabei wesentlicher weniger transparent als die der KfW Entwicklungsbank. Es war zudem nicht möglich belastbar zu quantifizieren, wieviel die KfW Bankengruppe international in Zahlen in die Transformation investiert. Doch die Experten fordern mehr Risikobereitschaft von der Bank, dazu gehöre die Mobilisierung von mindestens einer Billion Euro für transformative Investitionen in 2024-2033.