Immobilien

IG Bau startet bundesweiten Streik in Niedersachsen

Lesezeit: 2 min
13.05.2024 08:08  Aktualisiert: 13.05.2024 09:14
Nach der geplatzten Tarif-Schlichtung im Baugewerbe ruft die Gewerkschaft IG Bau ab Montag zum Streik auf. Als Erstes trifft es Niedersachsen. Auch private Häuslebauer könnten das Nachsehen haben.

Mehr zum Thema:  
Benachrichtigung über neue Artikel:  

Auf dem Bau wird ab Montag zum ersten Mal seit 17 Jahren gestreikt. In der festgefahrenen Tarifrunde startet die Industriegewerkschaft Bauen-Agrar-Umwelt (IG BAU) ihren angekündigten Ausstand. Den Auftakt macht am Montag Niedersachsen. Einen Tag später werde der Arbeitskampf auf weitere Regionen ausgeweitet, sagte ein Sprecher. Gestreikt werde aber nicht flächendeckend, sondern „punktuell“ im gesamten Bundesgebiet.

„Jetzt wird gestreikt, und das massiv“, sagte IG-BAU-Chef Robert Feiger. „Wir werden die Betriebe und Baustellen lahmlegen, weil es die Bauunternehmen nicht anders wollen. Jetzt haben es die Arbeitgeber in der Hand, ob die Häuser und Wohnungen fristgerecht fertig werden, ob der Stau aufgrund von Autobahnbaustellen noch länger wird.“ Wann und wo genau es zu Arbeitsniederlegungen kommen soll, ließ die Gewerkschaft zunächst offen. Laut Arbeitgeberverband könnte es neben Straßenbau und Großbaustellen auch private Bauherren und Einfamilienhäuser treffen.

Bausektor hofft auf schnelle Einigung

„Die Streiks werden zu Bauverzögerungen führen und damit wirtschaftlichen Schaden anrichten“, sagte Uwe Nostitz, Verhandlungsführer der Arbeitgeber und Vizepräsident des Zentralverbands des Deutschen Baugewerbes (ZDB). „Gerade jetzt, in konjunkturell schwierigen Zeiten, insbesondere im Wohnungsbau, kommen Streikmaßnahmen zur Unzeit.“ Es müsse nun schnell eine Verhandlungslösung gefunden werden.

Der Baugewerbe-Verband Niedersachsen erklärte, die Mitgliedsfirmen seien auf den Arbeitskampf vorbereitet. „Sicherlich wird es zu streikbedingten Behinderungen kommen, wir hoffen und appellieren jedoch an die streikenden Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, dass diese das rechte Augenmaß beachten“, sagte eine Sprecherin. Prognosen über mögliche Beeinträchtigung ließen sich aber nur schwer treffen. „Wir gehen davon aus, dass es nur zu einer kurzfristigen streikbedingten Verzögerung auf den Baustellen kommen wird.“

Schlichtung brachte keine Lösung

Hintergrund ist die Anfang Mai geplatzte Tarifschlichtung im Bauhauptgewerbe mit 930.000 Beschäftigten. Nach drei erfolglosen Verhandlungsrunden hatte der Schlichter Rainer Schlegel am 19. April zweistufige Lohnerhöhungen vorgeschlagen. Zunächst sollten die Einkommen zum Mai pauschal um 250 Euro steigen und elf Monate später noch einmal 4,15 Prozent im Westen und 4,95 Prozent im Osten. Während die IG BAU den Kompromissvorschlag annahm, lehnten die Arbeitgeberverbände ihn Anfang Mai ab.

Für den Start des bundesweiten Ausstands habe man Niedersachsen ausgewählt, weil die dortigen Arbeitgeber zusammen mit einigen anderen Regionen die Umsetzung des Schlichterspruchs verhindert hätten, so die Gewerkschaft. Eine zentrale Kundgebung soll heute am Montag in Osnabrück stattfinden.

An den Schlichterspruch fühle man sich nun nicht mehr gebunden, sagte IG-BAU-Chef Feiger. Gestreikt werde wieder für die ursprüngliche Forderung von 500 Euro mehr im Monat. „Die Ablehnung des Schlichterspruchs wird den Bauunternehmen noch auf die Füße fallen, denn jetzt kann es nur teurer werden“, warnte Feiger.

Auch innerhalb der Arbeitgeberverbände gab es Kritik am Scheitern der Schlichtung. Laut Bauindustrieverband Hamburg Schleswig-Holstein nahmen die Verbände der Bauindustrie den Schlichterspruch in allen Bundesländern an. Gescheitert sei er an den Verbänden des Baugewerbes. In der Tarifrunde bilden Bauindustrie und Baugewerbe eine Tarifgemeinschaft.

Mittlerweile wollen die Arbeitgeber die Löhne der Beschäftigten freiwillig anheben. Der Hauptverband der Deutschen Bauindustrie (HDB) sowie der ZDB schlugen vor, im Westen fünf Prozent und im Osten sechs Prozent draufzulegen. Der Vorschlag liegt über ihrem Angebot in den Tarifverhandlungen.

Erster bundesweiter Bau-Streik seit 2002

Zuletzt war es 2007 auf dem Bau zum Ausstand gekommen, damals regional begrenzt auf Schleswig-Holstein und Niedersachsen. Einen bundesweiten Streik gab es auf dem Bau zuletzt 2002.

Das Bauhauptgewerbe ist einer der größten Arbeitgeber in Deutschland und mit einem Umsatz von rund 162 Milliarden Euro 2023 laut ZDB eine wichtige Säule für die deutsche Wirtschaft. Im Immobilienboom hatte die Branche jahrelang die Konjunktur beflügelt, nun ist sie wegen der Krise im Wohnungsbau zum Sorgenkind geworden.


Mehr zum Thema:  

DWN
Finanzen
Finanzen Boom-Segment aktive ETFs: BlackRock startet fünf neue Fonds
07.09.2024

Blackrocks ETF-Tochter iShares erweitert ihr Angebot in Europa um fünf neue aktive ETFs. Ziel der Fonds ist es, Anlegern kostengünstige...

DWN
Weltwirtschaft
Weltwirtschaft Flexible Arbeitszeiten: Sind Vollzeitjobs ein Auslaufmodell?
07.09.2024

Eine repräsentative Befragung der Bertelsmann Stiftung zeigt, dass nur noch eine Minderheit eine Stelle mit festen Arbeitszeiten...

DWN
Finanzen
Finanzen Derivate Erklärung: So funktionieren Zertifikate, CFDs und Optionsscheine
07.09.2024

Derivate wie Futures, Optionen, Zertifikate, Optionsscheine, Swaps und CFDs sind heftig umstritten. Einige sehen darin notwendige...

DWN
Technologie
Technologie Wasserstoffprojekt in Namibia könnte KZ-Gedenkstätte gefährden
07.09.2024

Deutschland unterstützt ein Großprojekt zur Herstellung von grünem Wasserstoff in Lüderitz. An diesem Ort befand sich einst das erste...

DWN
Immobilien
Immobilien Tag des offenen Denkmals: 7 ungewöhnliche Monumente in Deutschland
07.09.2024

Ob Schloss Neuschwanstein oder Siegessäule: Viele Denkmäler in Deutschland sind international bekannt. Hier werfen wir einen Blick auf...

DWN
Technologie
Technologie Stromerzeugung aus Windkraft: Die Dynamik nimmt ab
07.09.2024

Im vergangenen Jahr war Windkraft erstmals die Hauptquelle der hiesigen Stromerzeugung, weit vor Kohle. Doch in diesem Jahr ist eine...

DWN
Politik
Politik Trump-Erfolg im Schweigegeld-Prozess: Urteil erst nach US-Wahl
07.09.2024

Im New Yorker Prozess wegen Schweigegeldzahlungen von Ex-Präsident Donald Trump wird das Strafmaß erst nach der Präsidentschaftswahl...

DWN
Panorama
Panorama Studie: Ungesunde Ernährung bereits bei Kleinkindern weit verbreitet
07.09.2024

Laut einer aktuellen Studie ernähren sich bereits Kleinkinder zu süß und ungesund. Wie das Max Rubner-Institut (MRI) in Karlsruhe, ein...