„Zu Götz aufs Rittergut“ in Schnellroda pilgern. Das ist in rechtsextremen Kreise die Parole, wenn mal wieder beim Vordenker der Neuen Rechten, Götz Kubitschek, großer Treff ist in Sachsen-Anhalt. Dann kommt auch Martin Sellner von den Identitären stracks angestiefelt - wenn der Grenzschutz ihn ins and lässt.
Derartige einschlägige Treffs gibt es bundesweit - und sie stehen unter Beobachtung. Früher gehörten vor allem vermögende Politiker wie Franz Schönhuber von den Republikanern oder der Zeitungsverleger Frey aus München, der zu Lebzeiten größten Unterstützer der Deutschen Volkspartei (DVP) war, zu den Geldgebern solcher Refugien. Im niedersächsischen Delmenhorst versuchten Gefolgsleute lange, ein leerstehendes Hotel am Stadtpark zu erwerben um darin einen Schulungsort einzurichten. Vielfach sind derlei Vorhaben von engagierten Bürgern verhindert worden. Doch mit der Verbreitung nationalistischer Gedanken, hat sich das Phänomen rechter Pilgerstätten in allen Bundesländern verbreitet. Zynisch werden seit Jahrzehnten angeblich „national befreite Zonen“ auf de Lande eingerichtet - mit dem Effekt, dass sogar das State Department Reisewarnungen aussprach für diese ruralen Gegenden.
Zeltlager in Brandenburg, Nazidorf in Mecklenburg
Heute sind es keine Einzelfälle mehr. Die rechten Zirkel haben sich bundesweit aufgestellt und Grundbesitz zugelegt. Für Schlagzeilen sorgte lange Zeit vor allem das als „Nazidorf verschriene Örtchen Jamel“ bei Gägelow in Mecklenburg. Im Brandenburgischen werden vielerorts Zeltlager und Sportübungen abgehalten. Aber auch bei Treffen im Westen etwa der „Heimattreuen Deutschen Jugend“ in Fromhausen bei Detmold. Unvergessen: Die Fotos des langjährigen AfD-Vorsitzenden in Brandenburg, Andreas Kalbitz, in Lederhosen und mit seiner stilechten Himmler-Brille - sie haben sich viral verbreitet. Seither wird genauer von den Behörden hingeschaut, wo sich was anbahnt.
Dass die Zahl der bekanntermaßen von Rechtsextremisten genutzten Immobilien in Deutschland steigt, wurde nun vom Bundesinnenministerium den Abgeordneten der Partei Die Linke offiziell bestätigt. Deren parlamentarische Gruppe hatte eine entsprechende Anfrage im Deutschen Bundestag gestellt hatte. Insgesamt „einschlägig genutzte“ 225 Objekte waren den Behörden mit Stand 28. Februar bekannt, wie das Innenministerium mitteilte. Ein gutes Jahr zuvor, am 7. Februar 2023, waren es noch 210 Objekte.
Dabei geht es, wohlgemerkt, nicht etwa Privatwohnungen. „Bei der Erfassung fanden nur solche Immobilien Berücksichtigung, bei denen Rechtsextremisten über eine uneingeschränkte grundsätzliche Zugriffsmöglichkeit verfügen, etwa in Form von Eigentum, Miete, Pacht (d. h. Eigentums- oder Besitzverhältnis) oder durch ein Kenn- und Vertrauensverhältnis zum Objektverantwortlichen. Weitere Erfassungskriterien sind die politisch ziel- und zweckgerichtete sowie die wiederkehrende Nutzung durch Rechtsextremisten.“
Häufung der Objekte vor allem im Osten
Insbesondere im Osten gibt es eine Häufung - mit 37 Objekten in Sachsen, 36 in Sachsen-Anhalt, 24 in Thüringen und je 21 in Mecklenburg-Vorpommern und Brandenburg. Zwei Immobilien, so heißt es, wurden im Rahmen eines Verbots einer rechtsextremistischen Vereinigung 2023 vorerst beschlagnahmt.
Die Zahl tatsächlich von Rechtsextremen genutzten Immobilien dürfte noch höher liegen, weil das Ministerium nicht in allen Fällen nähere Angaben machen möchte, etwa um Hinweisgeber aus der Szene zu schützen. „Zu weiteren 125 Immobilien liegen den Verfassungsschutzbehörden geheimhaltungsbedürftige Informationen vor“, schrieb das Ministerium in seiner Auskunft. Auch hier steigt die Zahl: Im Vorjahr waren es 112 Immobilien.