Man hört und sieht nichts von ihm: Joachim Stamp (FDP), Sonder-Bevollmächtigter der Bundesregierung für Migrationsabkommen, will möglichst mit praktikablen Lösungen aufwarten. Das sei ihm zugebilligt. Doch das Thema Abschiebungen duldet keinen Aufschub mehr. Das ist die deutliche Erkenntnis der Europawahl vom vergangenen Sonntag.
Auch bei den Grünen ist zumindest dem Realo-Flügel längst klar geworden, dass das Thema Asylanträge und Flüchtlinge das Gemeinwesen in Deutschland zu sprengen droht. Die lange Zeit gefeierte Willkommenskultur hat sich förmlich in Luft aufgelöst. Egal, wohin man schaut, es geht bestenfalls noch um Verwaltung und Bewältigung von Problemen.
Die Zahlen des UNHCR erschüttern - nicht nur weltweit, sondern auch für Deutschland
Die Zahlen des Flüchtlingshilfswerks UNHCR beziffern für 2023 die Hauptgruppen der Zuwanderung in Deutschland mit 1,1 Millionen Ukrainern, 706.000 Syrern, 255.000 Afghanen und 147.000 Irakern. Längst rausgefallen aus der Statistik sind die eingebürgerten Flüchtlinge. Mehr als eine Million Syrer und 400.000 Afghanen leben nach Angaben des Statischen Bundesamts als Schutzsuchende und Familiennachzügler im Lande. Und es ist kein Licht am Ende des Tunnels zu erkennen. Das frustriert.
Die Aussichten sind düster: Das UNHCR sieht nun bereits seit zwölf Jahren einen ungebrochenen Flüchtlingstreck weltweit - 120 Millionen Flüchtlinge nennt das Hilfswerk als erschreckende Gesamtzahl.
Und überall machen sich Regierungen die selben Gedanken, wie sie das Problem bewältigen könnten. Auch Deutschland! Aber zumeist nur bei Sonntagsreden, wie jüngst nach dem Tod eines von einem Flüchtling ermordeten Polizisten in Mannheim. Da regte sich sogar unser Kanzler mal richtig auf und forderte null Toleranz: Das Verbrechen sei „Ausdruck einer menschenfeindlichen Ideologie, eines radikalen Islamismus. Dafür gibt es nur einen Begriff: Terror. Terror sagen wir den Kampf an“, so Scholz in einer Art Herzog'schen Ruckrede.
Und die Konsequenz? Nancy Faeser (SPD), seine Ministerin fürs Grobe, soll die juristischen Möglichkeiten prüfen, wie die Sicherheitsbehörden im Land derartige Verbrecher abschieben können. Wieder mal nur kurz die Pausetaste gedrückt und direkt wieder losgelassen.
Der Furor nach Mannheim scheint schon wieder verflogen
Noch nicht mal über straffällige Asylsuchende und Gefährder gibt es Einigkeit in der Regierung. Die Grünen lamentieren unbeirrt, dass Verbrecher ins Gefängnis gehören, nicht abgeschoben. Selbst der verständliche Furor nach Mannheim ist bereits wieder verflogen. Natürlich sollen Kriegsflüchtlinge Schutz finden, wer das infrage stellt, befindet sich außerhalb unserer Grundwerteordnung. Gerade weil es bei Kriminellen und Gefährder vergleichsweise nur um die wenigen faulen Äpfel im Korn geht, ist es umso wichtiger, diese auszusortieren. Unmenschlich wäre es nicht zu tun, während sich die Unbescholtenen an Recht und Ordnung halten.
Weiter im Trott also? Dabei sind die Kommunen völlig überfordert. Überall warten Bürgermeister und Landräte auf sinnvolle Lösungen und klare Ansagen aus Berlin. Doch es passiert einfach nichts. Die Verantwortlichen drehen sich im Kreis – das neue Gesellschaftsspiel heißt: Bedenken vortragen! Verhindern! Infrage stellen, Gutachten beauftragen - Sankt Nimmerlein liegt irgendwann, irgendwo in der ganz fernen Zukunft.
Organisierte Verantwortungslosigkeit, so empfinden es die zunehmend renitenten Bürger. Die Wahlergebnisse werden sich erst dann bessern, wenn der Staat das Problem angreift und löst. Das kann man in unseren Nachbarländern Dänemark bewundern, wo ausgerechnet die sozialdemokratische Staatschefin einen kompromisslosen Kurs fährt und die Asylsuchenden nur noch mit Sachleistungen alimentiert – und diese deshalb nun das Weite suchen. Wohin?
Dreimal dürfen Sie raten! Dann halt über die Grenze nach Deutschland, wo zwar die Bezahlkarte im Bundestag beschlossen wurde, aber immer noch nicht eingeführt wurde. In Berlin wird sie 2025 angestrebt! Und bei Ihnen im Ort? Haben Sie die Karte schon mal im Supermarkt in der Schlange gesehen?
Über den Hub im freundlichen Usbekistan, mit Linienflug nach Kabul
Dabei zeigt der Blick in die europäischen Nachbarländer: Es geht auch anders, wenn man denn Probleme wirklich lösen will. Sogar in Schweden, dem früheren Wohlfahrtsstaat, mit dem sich lange Zeit Deutschland gern gemessen hat. In Stockholm werden straffällige Afghanen neuerdings abgeschoben, ohne lange über die Rechtslage zu philosophieren. Mit etwas Kreativität und gutem Willen!
Die Bedenken unserer Außenministerin sind den Schweden auch nicht unbekannt. Die Behörden in Stockholm haben eigentlich das gleiche Problem: Und doch wird abgeschoben, ohne die Regierung der Taliban erst oder überhaupt anerkennen zu müssen. Dann notfalls auch mit einem Trick! Die Maschinen von Schweden gehen nach Usbekistan, erst von dort aus geht es mit Linienflug weiter nach Kabul. Ohne große Probleme. Die schwedischen Behörden sprechen in solchen Fällen von freiwilliger Ausreise. Usbekistan ist ein freundliches, uns wohl gesonnenes Land. Sie erinnern sich bestimmt: Die Bundeswehr hat es im Afghanistan-Konflikt als Hub für Nachschub und Transporte aller Art genutzt.
Zugegeben, es waren wohl erst neun Fälle, bei denen das von den Schweden so gemacht wurde. Aber der Anfang ist gemacht, und dies sendet ein Signal an die Bürger: Wir kümmern uns! Denn auch Schweden kämpft mit den üblichen rechtsstaatlichen Leitplanken: Die Beamten müssen, genauso wie bei uns, die jeweiligen Kandidaten erst ausfindig machen, sicherstellen, dass sie ihre Ausweisdokumente dabei haben, dass sie gesund sind, um sie schließlich in den Flieger in ihr Heimatland zu setzen. Aber die Polizisten schaffen es trotzdem – das Ergebnis zählt, auch wenn die Grauzone der Regeln ausgeleuchtet wird.
Wien drängt auf europaweite Regeln bei Abschiebungen
Es geht, wohlgemerkt, zumeist um Straftäter und Flüchtlinge, die ihren Schutzstatus verloren haben. Verkürzte Verfahren müssen politisch beschlossen und eingeführt werden. Darauf hat sich ja selbst die EU bei ihrem Asylgesetz und der Einführung von Zwischenlagern an den Außengrenzen verständigen können.
Die Debatte ist längst nicht beendet. Derzeit macht sich jetzt Österreich auf den Weg, den Druck zu erhöhen. Wien drängt auf europaweite, gültige Lösungen bei Abschiebungen. Zu Recht, denn Wasser ist flüssig und bahnt sich seinen Weg. Von Schweden und Dänemark erst nach Deutschland und dann nach Österreich. Anders als in Deutschland sind die Flüchtlingszahlen im Norden Europas seit 2016 spürbar zurückgegangen. Die Pull-Faktoren wurden dort kategorisch gekappt. Wenn wir in Deutschland nicht mitziehen, ändert sich nichts. Die gerechte Verteilung auf alle Schultern der Union ist eine Chimäre – und aus Sicht der Bürger gescheitert.
Mutige Entscheidungen sind unbequem. „Nicht einfach, aber notwendig“, nennt es Innenminister Gerhard Karner von der österreichischen ÖVP. Er hofft auf Berlin! Die Deutschen sollen als starker Partner vorangehen. Doch hier wird leider alles erst möglichst klein und fein gemahlen, bis jeglicher Pfeffer seine Schärfe verliert.